Rn 30
Solange keine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ergangen ist, sind die Bezüge insgesamt unpfändbar (St/J/Würdinger § 850b Rz 2). Sind sie dennoch gepfändet, werden sie zwar verstrickt, aber es wird kein Pfändungspfandrecht begründet (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850b Rz 7; aA Wieczorek/Schütze/Lüke § 850b Rz 13). Als Konsequenz tritt die Anfechtbarkeit und damit keine Nichtigkeit ein (St/J/Würdinger § 850b Rz 33; offengelassen von BGH NZI 18, 705 = NJW 18, 2732 [BGH 25.01.2018 - IX ZR 104/17] m Anm Gössl; aA LG Hamburg MDR 84, 1035 [LG Hamburg 12.12.1983 - 9 T 150/83]; Stöber/Rellermeyer Rz C.230). Erlässt das Vollstreckungsgericht einen Pfändungsbeschluss, werden die Bezüge nach den für das Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet, Abs 2. Die Billigkeitsentscheidung betrifft die Frage, ob die Bezüge gepfändet werden. Wie weit die Pfändung reicht, bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften (St/J/Würdinger § 850b Rz 5). Die Pfändbarkeit gilt nur zugunsten des Gläubigers, der die Pfändung erwirkt hat (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850b Rz 1). Mit Zahlung auf ein Konto des Schuldners entfällt der Schutz aus § 850b, doch ist bei einem Pfändungsschutzkonto dem Schuldner durch eine von ihm zu beantragende vollstreckungsgerichtliche Entscheidung nach § 850k IV 1 die Unpfändbarkeit zu bewilligen.
Rn 31
Vor einer Pfändung sind die in § 850b I genannten Bezüge der Aufrechnung entzogen, § 394 BGB (RG DR Ausgabe A 43, 942, 943; BGHZ 31, 210, 217; Karlsr FamRZ 84, 1090, 1091; St/J/Würdinger § 850b Rz 34). Zur Entscheidung über die Pfändung ist allein das Prozessgericht unter den in Abs 2, 3 bestimmten Voraussetzungen berufen. Wegen der Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsgericht kann das Prozessgericht die Aufrechnung nicht zulassen. Die sonst mit der Aufrechnung ermöglichte selbständige Forderungsdurchsetzung ist weitgehend eingeschränkt, weil der Gläubiger einen Titel sowie einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss benötigt (LG Hamburg MDR 84, 1035 [LG Hamburg 12.12.1983 - 9 T 150/83]). Die Pfändung ermöglicht nur dem Pfändungsgläubiger, nicht aber einem Dritten die Aufrechnung (Karlsr FamRZ 84, 1090, 1091, zur Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch gegen den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss). Rechnet der Gläubiger vor der Pfändung auf, bleibt die Aufrechnung auch nach der gerichtlichen Entscheidung unwirksam (MüKoBGB/Schlüter § 394 Rz 4). Ein Sozialversicherungsträger, auf den der Anspruch des Geschädigten übergegangen ist, § 116 SGB X, fällt jedoch nicht in den Schutzbereich der Norm. Er kann sich deswegen nicht auf das Pfändungsverbot berufen (BGHZ 35, 317, 327; aA Ddorf FamRZ 06, 1532, 1533).
Rn 32
Ohne Pfändung durch das Vollstreckungsgericht können die Forderungen auf Bezüge iSv § 850b I grds nicht abgetreten werden, § 400 BGB (St/J/Würdinger § 850b Rz 34). Nach dem Schutzzweck hindert das Pfändungsverbot eine Abtretung aber dann nicht, wenn ein Dritter einen Barbetrag in gleicher Höhe gewährt hat (Vorschuss) und die Forderung an ihn abgetreten wird (BGHZ 4, 153, 155; 13, 360, 361). Bei Unterhaltsrenten gem Nr 2 ist der durch § 850b begründete Schutz nicht mehr erforderlich, wenn ein anderer geleistet und die Forderung im Wege der Legalzession auf ihn übergegangen ist. Die Verkehrsfähigkeit der Forderung ist danach nicht mehr beeinträchtigt (BGH NJW 82, 515, 516 [BGH 24.09.1981 - IX ZR 80/80]). Ein Pfandrecht kann an ihnen nach § 1274 II BGB nicht bestellt werden (RGZ 106, 205). Zu Einziehungsermächtigungen und Zurückbehaltungsrecht vgl § 850 Rn 37.