Rn 33
Unberücksichtigt bleiben dürfen nur gesetzlich Unterhaltsberechtigte mit eigenen Einkünften. Leistet der Schuldner keinen Unterhalt, ist § 850c IV weder direkt noch entspr anwendbar (BGH NJW 17, 3591 [BGH 28.09.2017 - VII ZB 14/16] Rz 6). Dieser Begriff der Einkünfte ist weiter als der des Arbeitseinkommens nach §§ 850 ff. Bereits der Wortlaut erfasst grds alle Einkunftsarten (BGH NZI 09, 443 [BGH 07.05.2009 - IX ZB 211/08] Rz 8), wenn auch gewisse Einschränkungen bestehen (Ahrens NZI 09, 423, 424; Rn 36). Trotz einer Annäherung an den Begriff der Einkünfte in § 850i sind die Bezeichnungen nicht deckungsgleich. Teils ist § 850c IV weiter, teils enger gefasst. Weiter ist der Begriff, weil eine eigenwirtschaftliche Betätigung im Rahmen von § 850c IV aufgrund der unterhaltsrechtlichen Orientierung nicht verlangt wird. Entscheidend ist, ob der Bedarf des Unterhaltsberechtigten anderweitig gedeckt ist. Enger ist der Ausdruck, weil es sich um laufende Einkünfte handeln muss, wenn auch nicht um gleichmäßige Einkünfte. Die typisierende Bestimmung stellt darauf ab, ob der Unterhaltsbedarf regelmäßig gedeckt ist. Eine Einmalzahlung (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850c Rz 11) genügt ebenso wenig, wie ein Ferienjob.
Rn 34
Einkünfte iSd § 850c IV sind Einkommen aus gegenwärtiger nicht selbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit einschl der Ausbildungsvergütungen (LG Osnabrück JurBüro 96, 271, abzgl berufsbedingter Aufwendungen; LG Chemnitz JurBüro 10, 550; LG Hildesheim JurBüro 19, 210; B/L/H/A/G/Nober § 850c Rz 11) und aus früherer Erwerbstätigkeit. Weiter gehören dazu laufende Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung bzw Kapitalvermögen. Wechselnde Einkunftshöhen können iRd Ermessens berücksichtigt werden.
Rn 35
Auch Unterhaltsleistungen stellen Einkünfte dar. Während der Betreuungsunterhalt nicht materielle Bedürfnisse betrifft, wie Versorgung, Erziehung, Haushaltsführung und persönliche Zuwendung, umfasst der Naturalunterhalt Leistungen, für deren Beschaffung der Unterhaltsberechtigte seinen Barunterhalt einsetzen müsste, etwa bei der Unterkunft oder der Ernährung (PWW/Soyka Vor §§ 1601 ff Rz 3f). Bei der Frage, welcher Lebensbedarf aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners zu bestreiten ist, muss grds zwischen Betreuungsunterhalt einerseits und Bar- sowie Naturalunterhalt andererseits unterschieden werden (BGH NZI 15, 561 Rz 8). Barunterhaltsleistungen, zB des anderen Ehegatten an die gemeinsamen Kinder, mindern den Unterhaltsbedarf und stellen deswegen eigene Einkünfte iSd § 850c IV dar (BGH NZI 09, 443 Rz 8; 15, 561 Rz 5; LG Berlin DGVZ 20, 232; AG Lübeck JurBüro 20, 104; Ahrens NZI 09, 423). Bezieht der Ehepartner so hohe Einkünfte, dass daraus der Unterhaltsbedarf eines Kindes vollständig gedeckt werden kann, soll das Kind bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens nicht berücksichtigt werden (AG Lüneburg JurBüro 20, 555). Dies überzeugt schon deswegen nicht, weil offenbleibt, ob Bar- oder Naturalunterhalt geleistet wird. Von dritter Seite bezogenes Geld reduziert den Bedarf des Unterhaltsberechtigten und entlastet den Schuldner. Naturalunterhalt des anderen Ehegatten, wie unentgeltliches Wohnen oder freie Kost, mindern die Unterhaltsverpflichtung des Schuldners. Naturalunterhalt kann nur ein Ehegatte mit eigenem Einkommen leisten. In diesem Fall kann der Unterhaltsfreibetrag bei ungefähr gleichrangigen Einkünften zwischen den Ehegatten halbiert werden (BGH NZI 15, 561 Rz 8, 11; LG Leipzig JurBüro 15, 269; LG Stralsund JurBüro 16, 491; AG Lübeck JurBüro 16, 102 LS; AG Wuppertal JurBüro 18, 160; zur Berechnung Rn 40), sonst entspr der Einkommensverhältnisse (AG Syke JurBüro 17, 204). Dies betrifft vor allem Fälle zusammenlebender Ehegatten, bei denen der andere Gatte über ein eigenes Einkommen verfügt. Der BGH nimmt an, in diesen Fällen werde der Familienunterhalt erhöht, aus welchem der Lebensbedarf gedeckt werde. Eine abweichende Verwendung kann jedoch vorgetragen werden (BGH NZI 15, 561 [BGH 16.04.2015 - IX ZB 41/14] Rz 11). Im familienrechtlichen Wechselmodell mit wöchentlicher Betreuung durch einen Elternteil können die vom anderen Elternteil erbrachten Unterhaltsleistungen nicht vollständig zur Hälfte angerechnet werden. Unterbringungskosten und wohl auch ein Teil der Ausstattungskosten werden dabei nicht eingespart. Erbringt der Schuldner an vier Wochentagen den Naturalunterhalt und ein getrennt lebender Partner diesen an drei Wochentagen, darf nicht das Kind zu 3/7, sondern nur zu einem kleineren Anteil unberücksichtigt bleiben (aA AG Achim JurBüro 17, 326). Bei annähernd gleichen Einkünften soll unerheblich sein, ob das Einkommen des anderen Unterhaltspflichtigen unterhalb der Pfändungsgrenze liegt (LG Leipzig JurBüro 15, 269). Ist die Höhe der Einkünfte des anderen Ehegatten unbekannt, aber die gemeinsame Steuerklasse 4 gewählt, soll von einer gleichmäßigen Unterhaltsleistung beider Gatten ausgegangen werden können (LG Düsseldorf JurBüro 17, 438). Auch Sozialleistungen ...