Rn 19
Über die Ansprüche aus dem Vertrag darf nach Nr 2 nicht verfügt werden. So soll eine zweckentfremdete Verwendung des Vorsorgekapitals verhindert werden. Abtretung, Verpfändung und ordentliche Kündigung des Vertrags müssen unwiderruflich ausgeschlossen sein (Braunschw ZIP 20, 36). Eine trotz vereinbarten Verbots erfolgte Abtretung ist iRv § 399 Alt 2 BGB unwirksam und eine Aufrechnung nach § 394 BGB (nach Dietzel S 54, gem § 400 BGB). Das Kapital der Altersvorsorge kann insoweit nicht mehr als Kreditsicherungsmittel verwendet werden. Unzulässig ist aber auch der Einsatz des Vorsorgevermögens zu Investitions- und Konsumtionszwecken, selbst wenn als Nebenwirkung eine Altersvorsorge erreicht wird. Bei Abschluss eines anderen Altersvorsorgevertrags ist die Umwandlung durch den bisherigen Vertragspartner bzw die Abtretung an einen anderen Anbieter zulässig, wenn der Schuldner eine wirtschaftlich gleichwertige Gegenleistung erhält (vgl BGHZ 4, 153, 156; 13, 360, 361). Maßgebender Beurteilungszeitpunkt ist die Pfändung (Busch VuR 11, 371, 373). Zulässig bleibt auch die Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung, da der Versorgungszweck des eingesetzten Kapitals bestehen bleibt (Dietzel S 55f).
Rn 20
Die Formulierung ›nicht verfügt werden darf‹ beschreibt ein vertragliches Verbot und nicht nur einen faktischen Zustand. Der Pfändungsschutz besteht nicht, wenn in einem Vertrag ohne Verfügungsverbot tatsächlich noch nicht verfügt worden ist. Eine entspr vertragliche Regelung begründet aber nur ein rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot. Eine verbotswidrige Verfügung ist dennoch wirksam (PWW/Ahrens § 137 Rz 4), lässt aber den Pfändungsschutz entfallen (aA Dietzel S 43f). Dies gilt bspw bei einer außerordentlichen Kündigung (Rn 24).
Rn 21
Flankiert wird das Verfügungsverbot durch die Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts in Versicherungsverträgen gem § 168 III 2 VVG. Allerdings führt der Wortlaut von § 168 III 2 VVG zu einem gesetzlichen Zirkelschluss, wenn das ordentliche Kündigungsrecht bei einem Altersvorsorgevertrag ausgeschlossen ist, soweit die Ansprüche nach § 851c nicht gepfändet werden dürfen. Zu verlangen ist ein vertraglich ausgeschlossenes Kündigungsrecht (Braunschw ZInsO 19, 2527, 2530). Infolgedessen kann in diesem Umfang der Rückkaufswert der Versicherung weder vom Schuldner noch vom Gläubiger realisiert werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt davon unberührt.
Rn 22
Dabei ist die Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts mit der Obergrenze aus § 851c II harmonisiert. Die ordentliche Kündigung durch den Versicherungsnehmer kann nach § 168 III 2 VVG nur bis zur Höhe der in § 851c II genannten Freibeträge ausgeschlossen werden, arg ›soweit‹. Eine weitergehende Einschränkung ist wegen § 171 VVG unwirksam (Dietzel S 47f). Auf die überschießenden Beträge können Schuldner und Gläubiger zugreifen. Infolgedessen wird der Vertrag in einen pfändungsgeschützten und einen nicht geschützten Teil aufgespalten. Durch die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung, § 165 VVG, kann der Schuldner einen solchen Zugriff verhindern. Fraglich ist, ob auch Abtretung und Verpfändung nur ausgeschlossen sein müssen, soweit sie sich auf den unpfändbaren Teil beziehen (Stöber NJW 07, 1242, 1244). Insoweit fehlt zwar eine gesetzliche Regelung, doch spricht der Schutzzweck von § 851c für eine Zulässigkeit entspr Teilabtretungen.
Rn 23
Bei Sparverträgen mit Laufzeitvereinbarung ist das ordentliche Kündigungsrecht grds für die gesamte Vertragsdauer ausgeschlossen. Übersteigt das Vorsorgekapital die in Abs 2 genannten Freibeträge, könnte dadurch evtl ein größerer Teil des Vermögens dem Pfändungszugriff entzogen werden. Eine Zwangsvollstreckung in den überschießenden Kapitalbetrag ist deswegen zulässig.
Rn 24
Trotz des Verfügungsverbots ist ein außerordentliches Kündigungsrecht des Vorsorgenden aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen, vgl § 314 I BGB. Sonst könnte der Vertragspartner risikolos selbst schwere Vertragsverstöße begehen (aA Wollmann S 73). Für den Vorsorgenden besteht aber kein wichtiger Kündigungsgrund, wenn er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und Leistungen nach dem SGB II bzw SGB XII in Anspruch nehmen muss. Der Leistungsträger darf die Leistungen nicht verweigern, weil das vorhandene Vorsorgevermögen iRv § 851c II unpfändbar und damit nach den §§ 12 I SGB II, 90 I SGB XII nicht verwertbar ist (Wollmann Private Altersvorsorge und Gläubigerschutz, S 86).