Rn 4
Der persönliche Anwendungsbereich von § 851c ist nicht auf Selbständige bzw ehemals Selbständige beschränkt. Die Regelung gilt für alle natürlichen Personen unabhängig von ihrer erwerbswirtschaftlichen Stellung, die einen Altersversicherungsvertrag nach Abs 1 oder 2 geschlossen haben (Wollmann S 37). Sie erfasst Selbständige, wie Freiberufler, Landwirte und andere Unternehmer, nichtselbständig Erwerbstätige, dh Arbeitnehmer und Beamte einschl der Berufssoldaten (Dietzel S 28; aA LG Bonn ZVI 09, 214 [LG Bonn 03.04.2009 - 6 T 101/08]), und nicht erwerbswirtschaftlich Tätige, wie Hausfrauen oder -männer, Studierende, Arbeitslose, Rentner, aber auch Häftlinge. Unerheblich ist, ob andere Formen der Altersversorgung vollstreckungsrechtlich geschützt sind. Beim Schutz nicht selbständig Tätiger überschneidet sich ihr Anwendungsbereich nach § 850 III b. Nach der mit § 851c verfolgten Zielsetzung, den Pfändungsschutz zu erweitern, geht deswegen die weiterreichende Regelung vor (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 851c Rz 1). Unerheblich ist, ob der Schuldner noch eine andere Altersversorgung besitzt und ob er zur Existenzsicherung auf die Altersversorgung nach § 851c angewiesen ist. Bei Häftlingen ist zu unterscheiden. Werden die Ansprüche während der Untersuchungs- oder Strafhaft fällig, gelten die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur Pfändbarkeit des Eigengelds (BGH NJW 04, 3714, 3715 [BGH 16.07.2004 - IXa ZB 287/03]; § 850 Rn 24). Für die erst später fällig werdenden Ansprüche und den Schutz des Kapitalsockels gilt § 851c.
Rn 5
Abs 1 stellt die Ansprüche auf Rentenleistungen aus bestimmten privaten Alters- und Berufsunfähigkeitsvorsorgeverträgen dem Arbeitseinkommen gleich. Dafür müssen die Voraussetzungen von Abs 1 Nr 1 bis 4 im Zeitpunkt der Pfändung kumulativ vorliegen (BGH NZI 12, 76 [BGH 01.12.2011 - IX ZR 79/11] Rz 11). Maßgebend ist, ob auch unter Berücksichtigung der vertraglichen Regelungen in ihrer konkreten Ausgestaltung im Zeitpunkt der Pfändung sichergestellt ist, dass die Altersvorsorgefunktion der vertraglichen Leistungen gewährleistet ist (BGH WM 11, 128 Rz 19). Unerheblich ist, ob die Wirkungen erst später eintreten (BGH WM 11, 128 Rz 22). Unschädlich ist, wenn ein Kapitalwahlrecht oder ein Bezugsrecht einer nicht geschützten Person bestanden, beide aber erloschen sind (BGH WM 11, 128 [BGH 25.11.2010 - VII ZB 5/08] Rz 20f). Es gilt deswegen der Pfändungsschutz nach § 850c. Den Kontopfändungsschutz erstreckt § 850k ausdrücklich auf Einkünfte der in § 851c bezeichneten Art. Für Bargeld fehlt allerdings in § 811 Nr 8 eine vergleichbare Regelung. Nach dieser Vorschrift ist für Personen mit wiederkehrenden Einkünften nach den §§ 850 bis 850b ein Geldbetrag in Höhe des nicht der Pfändung unterworfenen Teils der Einkünfte unpfändbar. Einkünfte nach § 851c sind dabei, anders als in § 850k, nicht erwähnt. Dennoch ist davon auszugehen, dass auch Bargeld aus diesen Vorsorgeverträgen geschützt sein soll (Stöber NJW 07, 1242, 1245). In einer teleologischen Extension ist der umgekehrte Verweisungsgedanke aus § 851c auf das Arbeitseinkommen und damit auf § 811 anzunehmen. Im Bereich von § 851c ist § 851 iVm § 97 EStG unanwendbar. Auf die private Basisrente nach § 10 I Nr 2 lit b) EStG ist § 851c unanwendbar. Während § 10 I Nr 2b EStG eine Kapitalisierung im Todesfall ausschließt, wird in § 851c I Nr 4 gerade darauf abgestellt. Die private Basisrente wird aber ebenso wie die steuerlich geförderte Altersrente durch § 851d geschützt (§ 851d Rn 2).
Rn 6
Abs 2 erweitert den Schutz auf den Kapitalstock und damit das Vorsorgevermögen des Schuldners. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Rentenanwartschaft als Stammrecht wegen des Umlageverfahrens und der Regelung in § 54 IV SGB I unpfändbar (BGH NJW 03, 1457, 1458 [BGH 21.11.2002 - IX ZB 85/02]). Bei privaten Versicherungsverträgen kann dagegen grds der noch von einer Kündigung des Versicherungsvertrags, § 168 I VVG, abhängige Anspruch auf den Rückkaufswert (= Rentenanwartschaft), § 169 I VVG, zusammen mit dem ordentlichen Kündigungsrecht gepfändet werden (BGHZ 45, 162, 167; Prölss/Martin/Kollhosser § 13 ALB 86 Rz 63). In gestaffelten Freibeträgen entzieht Abs 2 das Vorsorgevermögen bis zu einer Obergrenze der Pfändung.