Gesetzestext
(1) Der Pflichtteilsanspruch ist der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist.
(2) Das Gleiche gilt für den nach § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes sowie für den Anspruch eines Ehegatten oder Lebenspartners auf den Ausgleich des Zugewinns.
A. Normzweck.
Rn 1
Materiell-rechtlich sind der Anspruch auf Zugewinnausgleich gem § 1378 III BGB, § 6 LPartG, der Herausgabeanspruch des verarmten Schenkers nach § 528 I BGB sowie der Pflichtteilsanspruch aus § 2317 II BGB trotz ihrer persönlichen Natur übertragbar und daher gem § 851 grds pfändbar. Aufgrund der besonderen Bindungen zwischen den Beteiligten soll aber der Anspruchsinhaber allein bestimmen, ob er den Anspruch geltend macht (BGHZ 123, 183, 186). Seine Entscheidungsfreiheit wird durch § 852 geschützt. Im Gegensatz zu § 851 sind deswegen die Ansprüche grds unpfändbar. Der Schutz entfällt, wenn der Anspruch vertraglich anerkannt oder rechtshängig geworden ist (BGHZ 154, 64, 71; 169, 320 Rz 25), aber auch bei einer Pfändung als aufschiebend bedingter Anspruch (Rn 7).
B. Voraussetzungen.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Unter den sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift fällt nach Abs 1 der Pflichtteilsanspruch aus § 2317 II BGB (vgl insg Ponzer Rpfleger 19, 673) sowie gem Abs 2 der Herausgabeanspruch des verarmten Schenkers nach § 528 I BGB und der Anspruch des Ehegatten oder Lebenspartners auf Zugewinnausgleich gem § 1378 III BGB, § 6 LPartG. Dies gilt auch, wenn der Unterhaltsberechtigte den Anspruch aus § 528 I BGB pfänden will. Selbst wenn dieser Anspruch unterhaltsrechtlich bei der Leistungsfähigkeit des Schuldners berücksichtigt wird, stellt die vollstreckungsrechtlich gesicherte Entscheidungsfreiheit des Schuldners ein anderes Schutzgut dar (allgemein Rn 3; aA Zeranski S 95 ff). Vor Eintritt des Erbfalls ist der Pflichtteilsanspruch nicht pfändbar (LG Trier JurBüro 18, 607).
Rn 3
Erfasst werden ebenfalls der Pflichtteilsanspruch des ausgeschlossenen Abkömmlings gem § 1511 BGB (St/J/Würdinger § 852 Rz 1), der Zusatzpflichtteil aus den §§ 2305–2307 BGB sowie der Pflichtteilergänzungsanspruch gem den §§ 2325 ff BGB (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 852 Rz 1). Auf den Vermächtnisanspruch oder anderen Erwerb von Todes wegen ist § 852 unanwendbar (Zö/Herget § 852 Rz 2). Die Beschränkungen gelten auch für bevorrechtigt pfändende Gläubiger nach § 850d (Celle OLGR 04, 414) bzw § 850f II. Pflichtteilsansprüche entstehen erst mit dem Erbfall. Zuvor besteht auch keine pfändbare Anwartschaft (Musielak/Voit/Flockenhaus § 852 Rz 2). Der Zugewinnausgleichsanspruch ist nach § 1378 III 1 BGB erst mit Beendigung des Güterstands übertragbar, zuvor also nach § 851 unpfändbar (Jena ZVI 12, 423f). Eine Analogie zu dieser Regelung soll für den Schadensersatzanspruch eines Mandanten gegen seinen Rechtsanwalt möglich sein (Kobl JurBüro 15, 497, fraglich).
II. Geltendmachung.
Rn 4
Die Pfändbarkeit kann durch ein vertragliches Anerkenntnis begründet werden. Es genügt ein formfreies (PWW/Buck-Heeb § 781 Rz 9) deklaratorisches Anerkenntnis zwischen dem Vollstreckungsschuldner als Berechtigten und dem Verpflichteten (Ddorf NJW-FER 99, 246, 247). Durch das Anerkenntnis wird das Schuldverhältnis als solches oder es werden einzelne Punkte dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entzogen und endgültig festgelegt. Dafür kommt nicht schon jede Einigung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem in Betracht, denn es bedarf regelmäßig eines entspr Anlasses, um den Schluss auf ein derartiges Rechtsgeschäft zu rechtfertigen (vgl BGH NJW 01, 2096, 2099 [BGH 03.04.2001 - XI ZR 120/00]; aA Gottwald/Mock § 852 Rz 4). Unzureichend ist eine Einigung zwischen Erben und Vollstreckungsgläubiger. Tritt der Berechtigte den Anspruch ab, entfällt die besondere Bindung. Demzufolge ist der Anspruch beim neuen Gläubiger unabhängig davon pfändbar, ob der Drittschuldner den Anspruch bestreitet (MüKoZPO/Smid § 852 Rz 3).
Rn 5
Auch bei einem rechtshängigen Anspruch entfällt der Pfändungsschutz. Eine Klage wird mit Einreichung und Zustellung rechtshängig, §§ 261 I, 253 I. Die Rechtshängigkeit eines im Prozessverlauf erhobenen Anspruchs tritt mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung oder Zustellung eines Schriftsatzes ein, § 261 II. Bloße Anhängigkeit genügt nicht (Wieczorek/Schütze/Lüke § 852 Rz 4). Die Rückwirkung aus § 167 ist unanwendbar. Es genügt eine Feststellungsklage (MüKoZPO/Smid § 852 Rz 4; aA St/J/Würdinger § 852 Rz 3) oder eine Teilklage. Ausreichend ist auch die Anmeldung zur Insolvenztabelle. Ein Prozesskostenhilfeantrag, ein Arrest oder eine einstw Verfügung sind unzureichend (Stöber/Rellermeyer Rz A.387). Im Mahnverfahren begründet noch nicht der Mahnantrag, sondern erst die Zustellung des Mahnbescheids die Rechtshängigkeit, § 696 III.
Rn 6
Überwiegend wird verlangt, dass die Forderung bei der Pfändung noch rechtshängig sein muss. Eine vorherige Rücknahme begründet danach erneut den Pfändungsschutz, weil sich der Gläubiger sonst gegen den Will...