Gesetzestext

 

(1) Jeder Gläubiger, dem der Anspruch überwiesen wurde, ist berechtigt, gegen den Drittschuldner Klage auf Erfüllung der nach den Vorschriften der §§ 853 bis 855 diesem obliegenden Verpflichtungen zu erheben.

(2) Jeder Gläubiger, für den der Anspruch gepfändet ist, kann sich dem Kläger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse anschließen.

(3) Der Drittschuldner hat bei dem Prozessgericht zu beantragen, dass die Gläubiger, welche die Klage nicht erhoben und dem Kläger sich nicht angeschlossen haben, zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen werden.

(4) Die Entscheidung, die in dem Rechtsstreit über den in der Klage erhobenen Anspruch erlassen wird, ist für und gegen sämtliche Gläubiger wirksam.

(5) Der Drittschuldner kann sich gegenüber einem Gläubiger auf die ihm günstige Entscheidung nicht berufen, wenn der Gläubiger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 856 ergänzt die Rechte der Pfändungsgläubiger aus den §§ 853–855a. Jeder Gläubiger, dem der entspr Anspruch überwiesen und der deswegen berechtigt ist, Hinterlegung oder Herausgabe zu fordern, kann Klage gegen den Drittschuldner erheben. Dieses Klagerecht schützt die Gläubiger vor einer verzögerlichen Handhabung durch den Drittschuldner. § 856 gestaltet damit den Einziehungsprozess bei einer mehrfachen Pfändung und die Rechtskrafterstreckung einer dort ergangenen Entscheidung aus (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 856 Rz 1).

B. Verfahren.

 

Rn 2

Das Klagerecht steht jedem Gläubiger zu, dem der Anspruch aus den §§ 853–855a zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen ist, Abs 1 (Zö/Herget § 856 Rz 1). Der Gläubiger macht damit einen prozessualen Leistungsanspruch geltend (B/L/H/A/G/Nober § 856 Rz 3). Es kommt nicht darauf an, ob gerade dieser oder ob überhaupt ein Gläubiger ein Hinterlegungs- oder Herausgabeverlangen gestellt hat. Zuständig ist das Gericht, vor dem auch der Schuldner Klage erheben müsste. In dem besonders ausgestalteten Einziehungsprozess ist dem Schuldner nach § 841 der Streit zu verkünden. Ggf sind dem klagenden Gläubiger die Kosten nach § 93 aufzuerlegen. Unanwendbar ist § 856, wenn der Schuldner auf Hinterlegung oder einer der Gläubiger auf Zahlung klagt (St/J/Würdinger § 856 Rz 1).

 

Rn 3

Andere Gläubiger können sich nach Abs 2 dem Kläger als Streitgenossen anschließen und werden dann notwendige Streitgenossen aus prozessualen Gründen, § 62 I Alt 1 (R/S/G § 49 Rz 9). Anschließen können sich auch die Gläubiger, denen der Anspruch nicht überwiesen ist (Musielak/Voit/Flockenhaus § 856 Rz 3). Einem eigenen Rechtsstreit der übrigen Gläubiger steht die Rechtshängigkeit des Anspruchs entgegen (ThoPu/Seiler § 856 Rz 2; aA B/L/H/A/G/Nober § 856 Rz 4, fehlendes Rechtsschutzbedürfnis). Dem Schuldner, § 841, nicht aber den anderen Gläubigern, hat der Kläger den Streit zu verkünden (Stöber/Rellermeyer Rz B.470).

 

Rn 4

Haben sich nicht alle Gläubiger dem Kläger angeschlossen, muss der Drittschuldner – nicht der klagende Gläubiger – beim Prozessgericht eine Beiladung der anderen Gläubiger zum Termin zur mündlichen Verhandlung beantragen, Abs 3. Die Ladung geschieht vAw, §§ 214, 495. Dadurch wird den Gläubigern rechtliches Gehör gewährt. Der Drittschuldner soll die Gläubiger benennen, weil er durch die Pfändungen ihre Anschriften kennt. Ein nach der Pfändung eingetretener Anschriftenwechsel ist deswegen für den Drittschuldner unschädlich. Geladen werden die Gläubiger nur zur ersten mündlichen Verhandlung (Musielak/Voit/Flockenhaus § 856 Rz 4).

 

Rn 5

Einreden des Drittschuldners können sich gegen die Mehrfachpfändung oder die Befugnis des einzelnen Gläubigers richten. Sie können aber auch den Bestand des gepfändeten Anspruchs betreffen (Gottwald/Mock § 856 Rz 4). Deswegen ist die Klage als unbegründet abzuweisen, falls der Drittschuldner an den bestberechtigten Gläubiger geleistet hat.

 

Rn 6

Die Entscheidung über den mit der Klage erhobenen Anspruch erwächst für oder gegen sämtliche Gläubiger in Rechtskraft, Abs 4. Zugunsten der Gläubiger gilt diese Wirkung unabhängig davon, ob sie dem Rechtsstreit beigetreten sind oder zur mündlichen Verhandlung geladen wurden. Die Entscheidung wirkt aber nur zulasten der Gläubiger, die dem Rechtsstreit nach Abs 2 beigetreten oder zur mündlichen Verhandlung nach Abs 3 beigeladen sind, Abs 5. Auf den Schuldner erstreckt sich die Rechtskraft nicht (RGZ 83, 116, 118). Die nicht am Verfahren teilnehmenden Gläubiger können den Titel entspr § 727 auf sich umschreiben lassen (Saarbr NJW-RR 90, 1472).

C. Kosten/Gebühren.

 

Rn 7

Für den Rechtsstreit gelten die allgemeinen Kostenregeln der §§ 91 ff für einen erstinstanzlichen Rechtsstreit.

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