Gesetzestext
(1) 1Der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist der Pfändung unterworfen. 2Der Anteil eines Gesellschafters an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen ist der Pfändung nicht unterworfen.
(2) Die gleichen Vorschriften gelten für den Anteil eines Miterben an dem Nachlass und an den einzelnen Nachlassgegenständen.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 859 eröffnet die Zwangsvollstreckung in Gesamthandsanteile, die nach den allgemeinen Grundsätzen ausgeschlossen wäre. Ein Gesamthänder kann über seinen Anteil am Gesamthandsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen, so § 719 I BGB für die GbR. Entspr gilt für den Erbanteil, § 2033 II BGB. Nach § 851 I wäre deswegen eine Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil nicht zulässig. Demgegenüber ermöglicht § 859 selbst dann die Vollstreckung zugunsten der Gläubiger des Gesellschafters, wenn der Gesellschaftsvertrag die Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils nicht vorsieht (Wieczorek/Schütze/Lüke § 858 Rz 2).
Rn 2
Nach Abs 1 S 1 ist der Anteil eines Gesellschafters an einer GbR pfändbar. Der Anteil des Gesellschafters an den einzelnen zur Gesellschaft gehörenden Gegenständen ist dagegen nicht pfändbar. Diese Grundsätze gelten gem den §§ 105 III, 161 II HGB entspr für die Personenhandelsgesellschaften der OHG und KG sowie für gleichgestellte Gesellschaften, wie die EWIV oder die Partnerschaftsgesellschaft. Abs 2 erstreckt die Vorschriften auf den Miterbenanteil und den Anteil des Miterben an einzelnen Nachlassgegenständen.
B. Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil an einer GbR (Abs 1).
I. Gegenstand.
Rn 3
Gepfändet wird gem § 859 I 1 insb nach Ansicht der Rspr der Gesellschaftsanteil als Wertrecht, das die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Vermögensrechte repräsentiert (BGHZ 97, 392, 394; St/J/Würdinger § 859 Rz 3). Überzeugender erscheint es demgegenüber, von einer Pfändung der Mitgliedschaft als solcher auszugehen, in welcher die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis zusammengefasst sind (MüKoBGB/Carsten Schäfer § 725 Rz 10). Die Pfändung des Gesellschaftsanteils ist auch zulässig, wenn gesellschaftsvertraglich die Anteilsübertragung von der Zustimmung der übrigen Gesellschafter abhängig gemacht wird (Stöber/Rellermeyer Rz E.119). Unerheblich ist, ob die Gesellschaft bereits aufgelöst ist. Dann erfasst die Pfändung den vereinbarten Abfindungsanspruch (BGH NJW 72, 259). Die Vollstreckung in den Geschäftsanteil eines Gesellschafters ist insb für seine persönlichen Gläubiger sinnvoll. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer GbR selbst ist nach § 736 ein gegen alle Gesellschafter ergangener Titel erforderlich.
II. Verfahren.
Rn 4
Die Pfändung erfordert einen Titel gegen den Gesellschafter. Sie erfolgt als Rechtspfändung gem den §§ 857, 829 und nicht als Forderungspfändung. Aus dem Pfändungsbeschluss muss ersichtlich werden, dass der Gesellschaftsanteil und nicht bloß Einzelansprüche gepfändet werden (Musielak/Voit/Flockenhaus § 859 Rz 3). Drittschuldner ist die Gesamthand (BGHZ 97, 392, 394f). Soweit die GbR unter einem unterscheidungskräftigen Namen im Rechtsverkehr auftritt, genügt dieser. Im Einzelfall kann auch eine unrichtige Angabe unerheblich sein (BGH WM 61, 348, 349f). Sonst sind die Namen der übrigen Gesellschafter und das zwischen ihnen bestehende Gesamthandsverhältnis anzugeben (Stöber/Rellermeyer Rz E.117).
Rn 5
Zuzustellen ist der Beschl dem Drittschuldner, also der Gesamthand, vertreten durch ihren Geschäftsführer (BGHZ 97, 392, 395). Wird die Gesellschaft von mehreren Geschäftsführern vertreten, genügt die Zustellung an einen, § 170 III. Die Zustellung an die anderen Gesellschafter bewirkt eine wirksame Pfändung und ist empfehlenswert, um Zweifelsfragen zu vermeiden (Gottwald/Mock § 859 Rz 6).
III. Wirkung.
Rn 6
Infolge der Pfändung werden die aus der Mitgliedschaft folgenden Vermögensrechte verstrickt. Neben dem Abfindungsanspruch, dh dem Anspruch auf den anteiligen Liquidationserlös (BGH NJW 72, 259), gehören dazu die periodischen Gewinnansprüche, die Ansprüche auf Aufwendungsersatz sowie die Ausgleichsansprüche aufgrund von Leistungen des Gesellschafters im Gesellschaftsinteresse (MüKoBGB/Carsten Schäfer § 725 Rz 11). Diese Rechte können auch isoliert gepfändet werden. Da in den Gesellschaftsanteil und nicht in den einzelnen Gegenstand vollstreckt wird (BGHZ 116, 222, 224), sind die Gesellschafter nicht in ihrer Verfügungsmacht über einzelne Gegenstände beschränkt. Deswegen kann die Pfändung auch nicht berichtigend im Grundbuch eines Gesellschaftsgrundstücks eingetragen werden (Zweibr JurBüro 1982, 1427 f; Hamm Rpfleger 87, 196f [OLG Hamm 22.12.1986 - 15 W 425/86]).
Rn 7
Um den Auseinandersetzungsanspruch geltend zu machen, muss der Gläubiger die Auflösung der Gesellschaft verlangen können. Deswegen ist der Gläubiger nach § 725 I BGB mit der Pfändung zur fristlosen Kündigung der Gesellschaft berechtigt (Ddorf Rpfleger 04, 418 [LG Hamburg 05.02.2004 - 321 T 89/03]), sofern der Titel im Zeitpunkt der Kündi...