Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) 1Das Schuldnerverzeichnis wird für jedes Land von einem zentralen Vollstreckungsgericht geführt. 2Der Inhalt des Schuldnerverzeichnisses kann über eine zentrale und länderübergreifende Abfrage im Internet eingesehen werden. 3Die Länder können Einzug und Verteilung der Gebühren sowie weitere Abwicklungsaufgaben im Zusammenhang mit der Abfrage nach Satz 2 auf die zuständige Stelle eines Landes übertragen.
(2) 1Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung, welches Gericht die Aufgaben des zentralen Vollstreckungsgerichts nach Absatz 1 wahrzunehmen hat. 2§ 802k Abs. 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. 3Die Führung des Schuldnerverzeichnisses stellt eine Angelegenheit der Justizverwaltung dar.
(3) 1Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten zu Form und Übermittlung der Eintragungsanordnungen nach § 882b Abs. 1 und der Entscheidungen nach § 882d Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes und § 284 Abs. 10 Satz 2 der Abgabenordnung oder gleichwertigen Regelungen im Sinne von § 882b Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 dieses Gesetzes sowie zum Inhalt des Schuldnerverzeichnisses und zur Ausgestaltung der Einsicht insbesondere durch ein automatisiertes Abrufverfahren zu regeln. 2Die Rechtsverordnung hat geeignete Regelungen zur Sicherung des Datenschutzes und der Datensicherheit vorzusehen. 3Insbesondere ist sicherzustellen, dass die Daten
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bei der elektronischen Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht nach Absatz 1 sowie bei der Weitergabe an eine andere Stelle nach Absatz 2 Satz 2 gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt sind, |
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unversehrt und vollständig wiedergegeben werden, |
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jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können und |
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nur von registrierten Nutzern nach Angabe des Verwendungszwecks abgerufen werden können, jeder Abrufvorgang protokolliert wird und Nutzer im Fall des missbräuchlichen Datenabrufs oder einer missbräuchlichen Datenverarbeitung von der Einsichtnahme ausgeschlossen werden können. |
4Die Daten der Nutzer dürfen nur für die in Satz 3 Nr. 4 genannten Zwecke verarbeitet werden.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 882h bestimmt die Zuständigkeit des zentralen Vollstreckungsgerichts und sieht eine Zentralisierung und Automatisierung der Schuldnerverzeichnisse vor. Sie soll einen Ausgleich zwischen Schuldnerschutz und Gläubigerinteressen erreichen (vgl Hergenröder DZWIR 17, 351). Abs 3 ermächtigt das BMJ, Einzelheiten zu Form und Übermittlung der Eintragungsanordnungen durch Rechtsverordnung zu regeln. Dem hat das Ministerium mit Erlass der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung (iKg am 1.1.13) Rechnung getragen. Die Norm ist durch das G v 20.11.19 zur Umsetzung der RL (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die VO (EU) 2016/679 vom 20.11.19 (BGBl I 19, 1724) mWz 26.11.19 sprachlich geringfügig angepasst worden; in Abs 3 S 3 Nr 4 wurde ›Datenverwendung‹ durch ›Datenverarbeitung‹ und in Abs 3 S 4 ›verwendet‹ durch ›verarbeitet‹ ersetzt (s die Begr in BTDrs 19/4671 v 1.10.18, S 23).
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Zuständigkeit (Abs 1 S 1, Abs 2).
Rn 2
Entgegen der früheren Regelung führt nicht mehr jedes Vollstreckungsgericht ein eigenes, sondern landesweit ein zentrales Vollstreckungsgericht (BaWü: AG Karlsruhe; Bay: AG Hof; Berlin: AG Mitte; Bbg: AG Nauen; Bremen: AG Bremerhaven; HH: AG Hamburg; Hessen: AG Hünfeld; MV: AG Neubrandenburg; NDS: AG Goslar; NRW: AG Hagen; RPf: AG Kaiserslautern; Saarland: AG Saarbrücken; Sachsen: AG Zwickau; SachsAnh: AG Dessau-Roßlau; SchlH: AG Schleswig; Thü: AG Meiningen, vgl www.justiz.de/onlinedienste/vollstreckungsportal/index.php) ein Schuldnerverzeichnis, Abs 1. Es obliegt den Ländern gem Abs 2, das jeweilige zentrale Vollstreckungsgericht durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
II. Ausgestaltung (Abs 3).
Rn 3
Zwecks Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts sieht Abs 1 S 2 ein für jedermann unter den Voraussetzungen des § 882f einsehbares Internetportal vor, in dem zeitnah die Daten der einzelnen Schuldnerverzeichnisse der Länder aufgenommen werden. Das Portal ist seit dem 1.1.13 unter www.vollstreckungsportal.de verfügbar. Auf der Grundlage des Abs 1 S 3 haben die Länder einen Staatsvertrag, der Einzug, Verteilung und weitere Abwicklungsaufgaben regelt, geschlossen (Staatsvertrag über die Übertragung von Aufgaben nach §§ 802k Abs 1 S 2, 882h Abs 1 S 2 und 3 der ZPO und § 6 Abs 1 Schuldnerverzeichnisführungsverordnung und § 7 Abs 1 S 1 der Vermögensverzeichnisverordnung zur Errichtung und zum Betrieb eines gemeinsamen Vollstreckungsportals der Länder).
Rn 4
Angesichts unterschiedlicher Auffassungen in Rspr und Schrifttum hat der Gesetzgeber die Reform zum Anlass genommen, nunmehr in Abs 2 S 3 ausdrücklich festzustellen, dass die Führung des Schuldnerverzeichnisses eine Angelegenheit der Justizverwaltung ist und kein Akt der Gerichtsbarkeit. Das Schuldnerverzeichnis kann daher ohne besondere gesetzliche Regelung von der Geschäftsstelle geführt werden (BTDrs 16/10069, 42). Es dient nicht mehr dem Schutz des Vollstreckungsgläub...