Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Rn 12
Der Schuldner darf die erforderliche Handlung trotz objektiver Möglichkeit der Erfüllung, Aufforderung und ausreichend Zeit seit Eintritt der Vollstreckbarkeit nicht vorgenommen haben. Das Gleiche gilt, wenn sie nur tw oder unbrauchbar (Köln NJW-RR 96, 100, 101 [OLG Köln 03.05.1995 - 3 W 10/95]) vorgenommen wurde. Bei Dauerverpflichtungen liegt in der Verweigerung der weiteren Erfüllung eine Nichtvornahme. Die Nichterfüllung hat der Gläubiger schlüssig zu behaupten, nicht jedoch zu beweisen (MüKoZPO/Gruber Rz 18; diff Schuschke InVo 05, 396, 397f).
1. Erfüllungseinwand.
Rn 13
Es ist umstr, ob der Schuldner iRd nach § 891 S 2 erforderlichen Anhörung den Erfüllungseinwand erheben kann. Mit dem BGH ist davon auszugehen, dass wegen des Wortlautes von § 887, seines Sinns und Zwecks und aus prozessökonomischen Gründen (Vermeidung der Vollstreckungsabwehrklage) das Vollstreckungsgericht im Verfahren nach § 887 prüfen muss, ob erfüllt wurde (BGH NJW-RR 11, 470, 471 [BGH 20.01.2011 - I ZB 67/09]; BGH NJW 05, 367, 369 [BGH 05.11.2004 - IXa ZB 32/04] mwN und Anm Kannowski/Distler NJW 05, 865; ebenso VG Freiburg 30.4.15 – 3 K 1896/13 Rz 21; AG Hannover 22.8.19 – 410 C 527/19 Rz 8). Die Beweislast trägt der Schuldner (Karlsr NJW-RR 02, 429; Karlsr MDR 01, 1191; ausf Schuschke InVo 05, 396 ff). Er muss den Einwand erheben (etwa, indem der Schuldner/Arbeitgeber erklärt, das von ihm aufgrund einer arbeitsgerichtlichen Verurteilung zu erteilende Arbeitszeugnis liege bei ihm zur Abholung bereit – LAG Schleswig-Holstein 28.1.21 – 1 Ta 118/20 LS 2). Auch nach dieser Ansicht kann der Einwand des Annahmeverzugs nur im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden (AG Brandenburg 1.4.15 – 34 C 195/11).
Rn 14
Nach der Gegenansicht bleibt dem Schuldner nur die Vollstreckungsabwehrklage, § 767 (etwa RGZ 21, 377, 379; München MDR 00, 907; Bambg Rpfleger 83, 79; KG InVo 02, 435). Daneben gibt es zwei vermittelnde Ansichten. Danach ist der Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren jedenfalls zu berücksichtigen, wenn die Tatsachen unstr, offenkundig oder liquide beweisbar sind (Rostock InVo 04, 122, 123 [OLG Rostock 21.03.2003 - 4 W 7/03]; München NJW-RR 02, 1034, 1035 mwN). Das Gleiche soll gelten, wenn eine vom Schuldner unstr vorgenommene Handlung dem Vollstreckungstitel genügt (statt vieler Hamm InVo 01, 343, 344 [OLG Hamm 14.09.2000 - 28 W 37/00]). Sonst wird der Schuldner auf § 767 verwiesen.
2. Unmöglichkeitseinwand.
Rn 15
Der Schuldner kann sich nach Ansicht des BGH im Verfahren nach § 887 allerdings nicht darauf berufen, dass ihn die Vornahme der Handlung unzumutbar belaste oder sie nicht zum Erfolg führen könne (BGH NJW-RR 06, 202, 203 [BGH 07.04.2005 - I ZB 2/05]; Ddorf 25.11.19 – 2 W 15/19; Bremen, 26.3.20 – 3 W 7/20). Dieser materiell-rechtliche Einwand bleibe der Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten (so auch Ddorf MDR 91, 260 zum Einwand des nachträglichen Unvermögens; Hamm DB 84, 1824; aA zum Unmöglichkeitseinwand: Zweibr NJW-RR 98, 1767, 1768 [OLG Zweibrücken 17.03.1998 - 3 W 53/98]). Im Fall des Unmöglichkeitseinwandes sollte indessen differenziert werden: Ist die Handlungsvornahme objektiv unmöglich, liefe die Zwangsvollstreckung nach § 887 ins Leere, so dass keine staatliche Zwangsmaßnahme gegen den Schuldner verhängt werden darf (Ddorf NJW-RR 01, 48; vgl zum Parallelproblem iRd § 888 Hamm FamRZ 97, 1094, 1095; sowie Hamm NJW-RR 88, 1087, 1088; B/L/H/A/G/Schmidt Rz 16a begründet mit fehlendem Rechtschutzbedürfnis; anders argumentiert St/J/Bartels Rz 23). Die subjektive Unmöglichkeit kann hingegen iRd § 887 nicht berücksichtigt werden, da der Anspruch vollstreckbar bleibt. Der Schuldner muss Vollstreckungsabwehrklage erheben (so im Erg auch Ddorf InVo 02, 32, 33 f [OLG Düsseldorf 26.01.2001 - 9 W 79/00]; Ddorf MDR 91, 260, 261).