Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
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Aus dem Erfordernis der ausschl Abhängigkeit vom Willen des Schuldners folgt ferner, dass diese im Zeitpunkt der Zwangsmittelfestsetzung (Celle MDR 98, 923, 924) noch durchführbar sein muss und nicht objektiv oder subjektiv unmöglich sein darf (BGH MDR 09, 468 Rz 13). Der Unmöglichkeitseinwand richtet sich nicht gegen den Titel als solchen (beachte § 767 I), sondern nur gegen dessen Vollstreckbarkeit (BayVGH 22.7.16 – 8 C 14.2114 Rz 9; LAG Hessen ArbAktuell 16, 582 Rz 23 ff). Die Unmöglichkeit ist vom Beklagten darzulegen und zu beweisen (Frankf NJW-RR 16, 960 Rz 13; Brandbg FamRZ 19, 1267 Rz 10; LAG Hessen 14.1.21 – 10 Ta 357/20 Rz 24). Pauschaler Vortrag genügt nicht (LAG Hessen 14.1.21 – 10 Ta 357/20 Rz 25 [wegen Corona-Pandemie sei keine Beschäftigung möglich]; BGH NJW 21, 160 Rz 45). Wenn Unmöglichkeit feststeht oder auch nur zw ist, darf keine staatliche Zwangsmaßnahme verhängt werden, so dass der Schuldner den Unmöglichkeitseinwand im Verfahren nach § 888 geltend machen kann (ganz hM; München MDR 08, 291; Rostock OLG-NL 06, 161, 163; Celle MDR 98, 923, 924; Hamm NJW-RR 88, 1087, 1088; OVG SachsAnh 6.3.15 – 3 O 19/15; Celle MMR 13, 320, 321: Schuldner muss die Tatsachen, aus denen sich die Unmöglichkeit ergibt, substantiiert und nachprüfbar darlegen). Dies gilt jedenfalls bei dauernder (objektiver oder subjektiver) Unmöglichkeit (BayVGH 22.7.16 – 8 C 14.2114 Rz 9; Koblenz MD 17, 1325). Die Corona-Pandemie führt grds nicht zur vorübergehenden Unmöglichkeit der Wahrnehmung eines Termins zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses (Frankf NJW-RR 20, 1072 [OLG Frankfurt am Main 09.07.2020 - 10 W 21/20]). Bei der Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels sind an den Unmöglichkeitseinwand erhöhte Anforderungen zu stellen, da ein Arbeitgeber durch eine zweite Kündigung die Vollstreckung umgehen könnte (LAG Hessen 30.12.20 – 8 Ta 342/20 Rz 42). Das Vertretenmüssen ist grds irrelevant (BGH NJW 09, 2308, 2309 [BGH 18.12.2008 - I ZB 68/08] Rz 20; Hamm NJW-RR 88, 1087, 1088; vgl aber zur subjektiven Unmöglichkeit bei vertretbaren Handlungen die Kommentierung des § 887 und zur Unterscheidung von Hinderungsgründen nach Sphären beim Beschäftigungsanspruch LAG Hessen ArbAktuell 16, 582 Rz 31f). Der Unmöglichkeitsbegriff darf nicht ohne weiteres mit dem des § 275 BGB gleichgesetzt werden, insbesondere bei wirtschaftlicher Unmöglichkeit (§ 275 II BGB) bedarf es einer differenzierenden Betrachtung (vgl nur LAG Hessen 6.7.2016 – 10 Ta 266/16 Rz 27 ff). Im Fall vorübergehender Unmöglichkeit ist die Zwangsvollstreckung ebenfalls unabhängig vom Verschulden für den entspr Zeitraum (einstw) unzulässig. Für die Geltendmachung von Unzumutbarkeit hingegen (im Gegensatz zu Unmöglichkeit) ist § 767 einschlägig (Bremen DGVZ 20, 146). Wenn der Schuldner der Mitwirkung eines Dritten bedarf (insb Notar zur Errichtung eines Nachlassverzeichnisses), so muss der Schuldner alles tatsächlich und rechtlich in seiner Macht Stehende tun, um die Mitwirkung oder Zustimmung des Dritten zu erlangen; hat er dies dargelegt, ist die unvertretbare Handlung nicht unmittelbar erzwingbar (Kobl DNotZ 14, 780 [OLG Koblenz 18.03.2014 - 2 W 495/13]; Zweibr 22.7.15 – 3 W 59/15; Nürnbg NJOZ 10, 1613; Kobl ZEV 20, 697 Rz 6). Im Falle des untätigen Notars muss der Schuldner etwa im Wege der Dienstaufsicht oder im Zivilrechtsweg ein hinreichendes Nachlassverzeichnis zu erzwingen versuchen oder einen anderen Notar mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragen (Kobl ZEV 20, 697 Rz 6).