Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) 1Ist der Schuldner auf Grund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt, so wird die Versicherung vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht abgegeben, in dessen Bezirk der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat, sonst vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk das Prozessgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat. 2Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.
(2) Erscheint der Schuldner in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmten Termin nicht oder verweigert er die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so verfährt das Vollstreckungsgericht nach § 888.
A. Normzweck und systematische Einordnung.
Rn 1
§ 889 ordnet ein besonderes Verfahren der Zwangsvollstreckung an. Es betrifft Offenbarungsversicherungen nach materiellem Recht, die von prozessrechtlichen eidesstattlichen Versicherungen zu unterscheiden sind. Wenn sich der Schuldner einer eidesstattlichen Versicherung freiwillig zur Abgabe bereit erklärt, ist nach §§ 410 Nr 1, 411 I, 413 FamFG das Gericht der fG zuständig. Ansonsten kann der Gläubiger den Auskunfts- oder Rechnungslegungsanspruch und zugleich den Anspruch auf eidesstattliche Versicherung im Wege der Stufenklage nach § 254 verfolgen und nach § 889 vollstrecken. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass sich die Parteien nach Erlass des Vollstreckungstitels noch auf das FamFG-Verfahren einigen (ganz hM; offen: Frankf FamRZ 04, 129).
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung.
Rn 2
Es müssen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sein. Der Gläubiger hat einen Titel vorzuweisen, der den Schuldner zur Abgabe der Offenbarungsversicherung verpflichtet. Als solcher kommt wegen des Wortlautes von Abs 1 S 1 (›verurteilt‹) nur ein Urt in Betracht (str; so auch Musielak/Lackmann Rz 2); ein Prozessvergleich genügt hingegen nicht (so aber aA, s B/L/H/A/G/Schmidt Rz 3; MüKoZPO/Gruber Rz 3; Zö/Seibel Rz 1; Wieczorek/Schütze/Rensen Rz 5). Ausreichend ist bereits ein vorläufig vollstreckbares Urt nach §§ 708 ff (vgl BGH NJW-RR 05, 221 [BGH 19.05.2004 - IXa ZB 181/03]), nicht jedoch eine eV nach §§ 935 ff (aA Wieczorek/Schütze/Rensen Rz 4). Auf die materiell-rechtliche Richtigkeit dieses Titels kommt es hier nicht an, der Schuldner wird mit derartigen Einwänden nicht gehört (Karlsr FamRZ 15, 1405 Rz 10 f; Stuttg WRP 15, 1263 Rz 13 f; vgl BGH FamRZ 12, 533 Rz 22); eine Ausnahme bildet die Aufhebbarkeit wegen mangelnder Bestimmtheit iSv § 253 II Nr 2 (Stuttg WRP 15, 1263 [OLG Stuttgart 07.04.2015 - 2 W 2/15] Rz 13f).
II. Verurteilung des Schuldners zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach bürgerlichem Recht.
Rn 3
Der Schuldner muss aufgrund der Vorschriften des BGB zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt worden sein. Materielle Ansprüche auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung finden sich etwa in §§ 259 II, 260 II, 2006 I, 2028 II, 2057 S 2 BGB. Abzugrenzen sind sie von prozessrechtlichen Offenbarungsversicherungen nach §§ 802c III, 836 III 2, 883 II 1 (Ddorf MDR 94, 306 [OLG Düsseldorf 12.07.1993 - 3 W 253/93]).
C. Verfahren und Durchführung der Vollstreckung.
I. Zuständigkeit.
Rn 4
§ 889 regelt die sachliche (nach § 802 ausschl) Zuständigkeit des AGs als Vollstreckungsgericht nach § 764, auch bei arbeitsgerichtlichen (§ 62 II 1 ArbGG) Titeln (Wieczorek/Schütze/Rensen Rz 9). Die Zuständigkeit des Prozessgerichts betrifft sowohl die Terminsbestimmung und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als auch deren Vollstreckung. IRd funktionellen Zuständigkeit ist der Rechtspfleger für die Terminsbestimmung und die eidesstattliche Versicherung zuständig (§ 20 I Nr 17 RPflG), für das Verfahren nach §§ 889 II, 888 hingegen (also die Vollstreckung) ausschl der Richter (unstr; wegen § 4 II Nr 2a RPflG). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in erster Linie nach §§ 13, 17, also dem (Wohn-)Sitz. Sonst entscheidet der Aufenthaltsort, äußerstenfalls ist das AG im Bezirk des Prozessgerichtes des ersten Rechtszuges zuständig, Abs 1 S 1.
II. Terminsbestimmung.
Rn 5
Wenn der Schuldner die Offenbarungsversicherung nicht freiwillig abgibt, kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht einen Termin zu ihrer Abgabe beantragen (wegen § 78 III ohne Anwaltszwang). Dann wird der Schuldner ordnungsgemäß vom Rechtspfleger gem §§ 214 ff vAw geladen (§ 329 II 2; Anwalt und Gläubiger sind zu benachrichtigen). Die Terminsbestimmung selbst stellt noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung dar (hM; Ddorf MDR 94, 306 [OLG Düsseldorf 12.07.1993 - 3 W 253/93]), sondern steht der Aufforderung zur freiwilligen Erfüllung gleich. Deswegen müssen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vom Gläubiger noch nicht im Antrag nachgewiesen werden, sondern erst bei Vorgehen nach Abs 2 (MüKoZPO/Gruber Rz 7).
III. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (Abs 1).
Rn 6
Bei der Abgabe der Offenbarungsversicherung gelten nach Abs 1 S 2 die §§ 478–480, 483 entspr. Insb sind Belehrung und Eidesleistung in Person erforderlich. Die Abgabe erfolgt nur im Falle seiner Prozessunfähigkeit durch den gesetzlichen Vertreter des Schuldners, dann aber auch, wenn dieser nicht im Titel benannt ist (St/J/Bartels Rz 12). Der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung richtet sich nac...