Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Rn 32
Die Vollstreckung der Ordnungsmittel richtet sich nach den Vorschriften des JBeitrG, § 1 I Nr 3 JBeitrG. Sie erfolgt vAw und wird vom Prozessgericht als Vollstreckungsbehörde iSd § 2 JBeitrG veranlasst. Hält sich der Schuldner im europäischen Ausland auf und besteht keine Zugriffsmöglichkeit auf inländisches Vermögen, erfolgt die Vollstreckung des Ordnungsgeldfestsetzungsbeschlusses nach der EuVTVO, wenn der Gläubiger den Beschl als Europäischen Vollstreckungstitel hat bestätigen lassen (BGH NJW 10, 1883 ff; diese Rspr bestätigt EuGH NJW 11, 3568, 3569 [EuGH 18.10.2011 - Rs. C-406/09] mit ähnlicher Begr allerdings unter Bezugnahme auf Art 1 I 1 EuGVVO, wonach eine Ordnungsgeldvollstreckung eines privatrechtlichen Anspruchs eine Zivil- bzw Handelssache iSv Art 1 I 1 EuGVVO darstelle; Heggen Rpfleger 10, 526 f [BGH 25.03.2010 - I ZB 116/08]; aA Vorinstanz zum BGH München Rpfleger 09, 396 f; ebenfalls aA m ausf Begr Stoffregen WRP 10, 839 ff). Der Festsetzungsbeschluss ist aufgrund von § 794 I Nr 3 iVm §§ 793, 128 IV, 891 S 1 sofort, also noch vor Eintritt der Rechtskraft, vollstreckbar (BGHZ 161, 60, 65; aM Stoffregen WRP 10, 839 f, der jedoch § 3 I Einforderungs- und Beitreibungsanordnung verkennt). Die erforderlichen Vollstreckungshandlungen werden durch den Rechtspfleger des Prozessgerichts (nicht der Staatsanwaltschaft, vgl BayObLG InVo 02, 244 f [BayObLG 07.02.2002 - 2 Z BR 11/02]; Köln OLGZ 89, 475f) vorgenommen, sofern sich der Richter die Vollstreckung nicht ganz oder zT vorbehalten hat, vgl § 31 III RPflG. Dies gilt aufgrund von § 4 II Nr 2a RPflG auch für die Vollstreckung der Ordnungshaft. Der Rechtspfleger kann mit der Inhaftierung des Vollstreckungsschuldners in entspr Anwendung des § 802g II 1 den GV beauftragen (Musielak/Lackmann Rz 15; HK-ZPO/Kießling Rz 34: bzgl der Regelung vor der Reform zum 1.1.13).
Rn 33
Beigetriebenes Ordnungsgeld fließt in die Staatskasse. Da die Vollstreckung der Ordnungshaft nicht nach den Vorschriften der StVollstrO erfolgt, sind ihre Kosten nicht vom Staat, sondern vom Vollstreckungsgläubiger zu tragen (MüKoZPO/Gruber Rz 39; vgl München NJW-RR 88, 1407 [OLG München 26.05.1988 - 22 AR 37/88]; str, nach aA erfolgt die Vollstreckung nach der Strafvollstreckungsordnung v 1.8.11, BAnz Nr 112a S 1; St/J/Bartels Rz 45, Fn 253). Sie stellen jedoch notwendige Vollstreckungskosten iSd § 788 I dar. Die Gegenauffassung, nach welcher die Ordnungshaft wie eine Kriminalstrafe iSd § 1 II StVollStrO zu vollstrecken ist, verkennt, dass bei den Ordnungsmitteln trotz ihres repressiven Charakters der Vollstreckungszweck im Vordergrund steht (MüKoZPO/Gruber Rz 39).
Rn 34
Eine Vollstreckung der Ordnungsmittel scheidet aus, wenn der Gläubiger seinen Ordnungsmittelantrag vor Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses zurücknimmt oder nach Art 9 EGStGB Verjährung eingetreten ist. Letzteres ist vAw zu überprüfen (BayObLG WuM 95, 443 [LG Frankfurt am Main 09.05.1995 - 2/11 S 471/94]). Art 9 EGStGB regelt die Verjährung abschließend (vgl BGH WM 19, 210 [BGH 18.12.2018 - I ZB 72/17]). Die zweijährige Verfolgungsverjährung nach Art 9 I EGStGB beginnt mit Beendigung der Zuwiderhandlung. Sie wird durch die Einl eines Ordnungsmittelverfahrens nicht unterbrochen (Celle MD 12, 287; BayObLG WuM 95, 443, 444) und endet mit der Festsetzung des Ordnungsmittels, auch wenn der Beschl noch nicht rechtskräftig ist (BGHZ 161, 60, 64). Nach diesem Zeitpunkt kann daher nur noch Vollstreckungsverjährung iSd Art 9 II EGStGB eintreten. Diese beträgt ebenfalls zwei Jahre und beginnt mit der Vollstreckbarkeit des Ordnungsmittels, also mit Zustellung des Ordnungsmittelbeschlusses an den Schuldner (Nürnbg NJW-RR 99, 723, 725). Zum Ruhen der Verjährung vgl Art 9 I 4, II 4 EGStGB.
Rn 35
Die Vollstreckung eines Ordnungsgeldbeschlusses ist rückgängig zu machen, wenn der Vollstreckungstitel mit Wirkung ex tunc entfällt. Da dies nicht automatisch den rechtskräftigen Ordnungsgeldbeschluss aufhebt, hat das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ihn analog §§ 775 Nr 1, 776 aufzuheben (BGH NJW-RR 88, 1530; KG NJW-RR 00, 1523 [KG Berlin 02.07.1999 - 5 W 2664/99]). Danach kann der Schuldner die Erstattung des geleisteten Betrages auf Anordnung des Prozessgerichts von der Staatskasse verlangen (Hamm WRP 02, 472 [OLG Köln 15.02.2002 - 6 U 180/01]).