Gesetzestext

 

(1) Werden laufende Geldleistungen zu einem späteren Zeitpunkt als dem Monat, auf den sich die Leistungen beziehen, ausbezahlt, so werden sie von der Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto nicht erfasst, wenn es sich um Geldleistungen gemäß § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder c oder Nummer 4 bis 6 handelt.

(2) Laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch, die nicht in Absatz 1 genannt sind, sowie Arbeitseinkommen nach § 850 Absatz 2 und 3 werden von der Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto nicht erfasst, wenn der nachgezahlte Betrag 500 Euro nicht übersteigt.

(3) 1Laufende Geldleistungen nach Absatz 2, bei denen der nachgezahlte Betrag 500 Euro übersteigt, werden von der Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto nicht erfasst, soweit der für den jeweiligen Monat nachgezahlte Betrag in dem Monat, auf den er sich bezieht, nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte. 2Wird die Nachzahlung pauschal und für einen Bewilligungszeitraum gewährt, der länger als ein Monat ist, ist die Nachzahlungssumme zu gleichen Teilen auf die Zahl der betroffenen Monate aufzuteilen.

(4) Für Nachzahlungen von Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 903 Absatz 1, 3 Satz 1 und Absatz 4 entsprechend.

(5) 1Für die Festsetzung der Höhe des pfändungsfreien Betrages in den Fällen des Absatzes 3 ist das Vollstreckungsgericht zuständig. 2Entscheidungen nach Satz 1 ergehen auf Antrag des Schuldners durch Beschluss. 3Der Beschluss nach Satz 2 gilt als Bescheinigung im Sinne des § 903 Absatz 1 Satz 2.

A. Normzweck und Systematik.

 

Rn 1

§ 904 betrifft den Pfändungsschutz für die Nachzahlung bestimmter Geldleistungen. Nicht selten werden besondere Geldleistungen ganz oder teilweise später ausgezahlt als für die Zeiträume, für die der Leistungsanspruch besteht. Obwohl bei einer termingerechten Zahlung kein pfändbares Guthaben entstanden wäre, können gerade bei einer zusammengefassten nachträglichen Auszahlung für mehrere Monate die Pfändungsfreigrenzen überschritten werden. Die Art der Auszahlung lässt dabei den Rechtsgrund der Leistung und damit auch ihren Charakter als laufende Geldleistung iSd Kontopfändungsschutzes unberührt. Die Nachzahlung stellt deswegen keine einmalige Leistung dar. Ziel der Novellierung ist, dem Schuldner einen adäquaten Kontopfändungsschutz zu eröffnen. Außerdem sollen das Verfahren vereinfacht und die Kreditinstitute vor aufwendigen Berechnungen geschützt werden.

 

Rn 2

Bislang fehlte eine eigenständige Regelung für den Kontopfändungsschutz. An der Quelle gilt allerdings insb der Pfändungsschutz aus § 850c für den Zeitraum, nicht in dem Zeitraum, in dem die Zahlungen erbracht werden. Wegen des zeitraumbezogenen Guthabensbegriffs konnte dieses Konzept nicht unmittelbar auf das Pfändungsschutzkonto übertragen werden, doch werden die Wertungen entsprechend herangezogen. Das Gesamtkonzept des Lohnpfändungsrechts ist prinzipiell auf das Pfändungsschutzkonto zu übertragen. Die Nachzahlung von Arbeitsentgelt und Sozialleistungen sind deswegen im bestehenden Recht auf die Zeiträume umzulegen, für die sie gezahlt werden (BGH NJW-RR 18, 570 [BGH 24.01.2018 - VII ZB 21/17] Rz 11; NZI 18, 493 [BGH 24.01.2018 - VII ZB 27/17] Rz 24). Allerdings sind dabei zahlreiche Einzelfragen noch ungeklärt gewesen.

 

Rn 3

§ 904 präzisiert nunmehr die Behandlung nachgezahlter Leistungen. Die Vorschrift bestimmt, inwieweit das Kreditinstitut bzw das Vollstreckungsgericht den Pfändungsschutz zu berücksichtigen haben. Durch mehrere Pauschalierungen wird dabei die Handhabung vereinfacht. Abs 1 unterstellt nachgezahlte Geldleistungen aus § 902 S 1 Nr 1 lit b und lit c sowie Nr 4–6 vollständig dem Pfändungsschutz. Gem Abs 2 sind andere laufende Geldleistungen aus dem Sozialgesetzbuch sowie Arbeitseinkommen aus § 850 II, III bis zu einem Betrag von 500 EUR unpfändbar. Darüber hinausgehende Nachzahlungen können nach Maßgabe von Abs 3 pfändungsgeschützt werden. Abs 4 regelt die Nachweisführung gegenüber dem Kreditinstitut. Abs 5 betrifft die Festsetzung des pfändungsfreien Betrags durch das Vollstreckungsgericht.

B. Pfändungsschutz für Nachzahlungen.

 

Rn 4

Für die Nachzahlung laufender Geldleistungen sieht § 904 einen dreistufigen Pfändungsschutz vor. Auf der ersten Stufe sind bestimmte, einzeln aufgeführte Geldleistungen auch bei einer Nachzahlung in vollem Umfang unpfändbar. Auf der zweiten Stufe sind andere laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch und Arbeitseinkommen nach § 850 II, III bis zu einem Pauschalbetrag von 500 EUR unpfändbar. Das Kreditinstitut hat diesen Pfändungsschutz zu beachten, wenn eine Nachweisführung durch den Schuldner erfolgt ist. Auf der dritten Stufe sind über den Betrag von 500 EUR hinausgehende laufende Geldleistungen iSd der zweiten Stufe unpfändbar, soweit der für den jeweiligen Monat nachgezahlte Betrag in dem Monat, auf den er sich bezieht, nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte. Die Entscheidung hierüber trifft das Vollstreckungsgericht.

 

Rn 5

Auf der ersten Stufe erklärt § 904 Abs 1 nachgezahlte, also zu einem späteren Zeitpunk...

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