Gesetzestext
1Macht der Schuldner glaubhaft, dass er eine Bescheinigung im Sinne des § 903 Absatz 1 Satz 2, um deren Erteilung er
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zunächst bei einer in § 903 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Stelle, von der er eine Leistung bezieht, und nachfolgend |
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bei einer weiteren Stelle, die zur Erteilung der Bescheinigung berechtigt ist, |
nachgesucht hat, nicht in zumutbarer Weise von diesen Stellen erlangen konnte, hat das Vollstreckungsgericht in dem Beschluss auf Antrag die Erhöhungsbeträge nach § 902 festzusetzen und die Angaben nach § 903 Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen. 2Dabei hat das Vollstreckungsgericht den Schuldner auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrags nach § 907 Absatz 1 Satz 1 hinzuweisen, wenn nach dem Vorbringen des Schuldners unter Beachtung der von ihm vorgelegten Unterlagen die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein könnten. 3Der Beschluss des Vollstreckungsgerichts nach Satz 1 gilt als Bescheinigung im Sinne des § 903 Absatz 1 Satz 2.
A. Normzweck und Systematik.
Rn 1
Die Vorschrift ermöglicht die gerichtliche Festsetzung der Erhöhungsbeträge aus § 902. Damit trägt die Norm den bislang vielfach bestehenden Schwierigkeiten bei der Realisierung der zweiten Stufe des Kontopfändungsschutzes Rechnung. In der Vergangenheit haben nicht selten Kreditinstitute eine Bescheinigung über die Erhöhung des Pfändungsfreibetrags und zugleich die Vollstreckungsgerichte eine Entscheidung nach dem bisherigen § 850k V 4 abgelehnt. Für den Schuldner resultierte daraus teilweise eine kaum überwindbare Blockade. Dem begegnet die Novelle mit zwei Maßnahmen. Zunächst ist in § 903 ein formalisiertes Nachweisverfahren mit Vorgaben über den Inhalt der Bescheinigung, die Aussteller einschließlich einer beschränkten Bescheinigungspflicht sowie einem vom Kreditinstitut zu beachtenden Nachweiswert der Bescheinigung aufgestellt. Sollte das Kreditinstitut dennoch die Erhöhung ablehnen, ermöglicht § 905 eine gerichtliche Entscheidung. Ziel ist, einen für alle Beteiligten klar geregelten und damit verlässlichen Weg zur Entscheidung über die Erhöhungsbeträge zu eröffnen. Dadurch werden Rechtsunsicherheiten und Ungleichbehandlungen vermieden.
Rn 2
§ 905 S 1 konkretisiert die Entscheidungspflicht des Vollstreckungsgerichts. Die Regelung baut auf dem Grundgedanken des bisherigen § 850k V 4 auf, wonach bei einer fehlgeschlagenen Nachweisführung über eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrags nach § 850k aF der Schuldner eine vollstreckungsgerichtliche Entscheidung beantragen kann. Die Regelung geht aber weit darüber hinaus, weil sie die Voraussetzungen, das Verfahren und den Entscheidungsinhalt einer gerichtlichen Festsetzung konkretisiert und vorschreibt. S 2 stellt eine besondere vollstreckungsgerichtliche Hinweispflicht über einen möglichen Antrag nach § 907 I 1 auf. Schließlich werden in § 905 S 3 die Entscheidungswirkungen bestimmt.
B. Gerichtliche Entscheidung, S 1, 3.
Rn 3
§ 905 S 1 bestimmt die Voraussetzungen und Folgen einer vollstreckungsgerichtlichen Festsetzung der Erhöhungsbeträge. Damit gestaltet die Norm das Grundkonzept des gerichtlichen Festsetzungsverfahrens aus. Ziel der sehr detaillierten Vorgaben ist, eine verlässliche Grundlage für die gerichtliche Entscheidung zu bestimmen. Dabei gelten die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen, soweit sie nicht durch § 905 S 1 modifiziert werden.
Rn 4
Die Norm begründet mehrere besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen. Voraussetzung ist ein Festsetzungsantrag gegenüber dem Vollstreckungsgericht. Antragsberechtigt ist der Schuldner. Bei einem gepfändeten Konto wird vom Schuldner gesprochen, §§ 850k II, 850l I, III, 899, 903 I. Allerdings wird in § 905 S 1 nicht auf ein gepfändetes Konto verwiesen. Dieser Unterschied ist zu beachten. Ein gepfändetes Konto ist nicht erforderlich, doch ist nur ein Schuldner antragsberechtigt. Damit muss eine Leistungspflicht des Kontoinhabers ggü einem Gläubiger feststehen. Dies verlangt eine titulierte Geldforderung. Nicht erforderlich ist, dass bereits das Vollstreckungsverfahren eingeleitet worden und damit eine Pfändung erfolgt ist.
Rn 5
Als weiteres Erfordernis wird ein doppeltes Fehlschlagen der Bemühungen um eine Bescheinigung über die Erhöhungsbeträge verlangt. Hierbei handelt es sich eine gesetzliche Konkretisierung des Rechtsschutzbedürfnisses. Unter den gesetzlichen Voraussetzungen darf das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden. Ausdrücklich verneinen die Materialien einen Ermessensspielraum des Vollstreckungsgerichts für das Tätigwerden (BTDrs 19/19850, 42). Das Rechtsschutzbedürfnis kann daher nur dann verneint werden, wenn positive Umstände vorliegen, die es entfallen lassen.
Rn 6
Bezieht der Schuldner Leistungen von einer der in § 903 I 2 Nr 1 genannten Stelle, so hat er nach § 905 S 1 Nr 1 in einem ersten Schritt zunächst bei dieser Stelle um eine Bescheinigung nachzusuchen. Bei diesen Stellen handelt es sich um die Familienkassen, einen Sozialleistungsträger oder eine mit der Gewährung von Geldleistungen nach § 902 S 1 befassten Einrichtung. Diese Last des Schuldners korrespondiert mit de...