Rn 10
Nach Abs 1 S 1 hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gemeint ist hier nur diejenige Partei, die vollständig unterliegt. Bei einem teilweisen Unterliegen gilt § 92, wobei auch hier die Möglichkeit besteht, dem nicht vollständigen Unterliegenden dennoch die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen (§ 92 II).
In Ausnahmefällen können oder müssen trotz Unterliegens nicht dem Unterliegenden, sondern dem Obsiegenden die Kosten auferlegt werden (§§ 93, 93b). Eine weitere Ausnahme regelt § 97 II. Danach sind die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels dem obsiegenden Rechtsmittelführer aufzuerlegen, wenn aufgrund neuen Vorbringens obsiegt, dass er bereits in der Vorinstanz hätte vorbringen können.
Kein Unterliegen iSd § 91 ist gegeben bei Rücknahme einer Klage oder eines Mahnantrags. Es gilt dann § 269 III. Gleiches gilt bei Rücknahme einer Berufung oder Revision; es gelten dann die §§ 516 III, 565, die auch für die Rücknahme anderer Rechtsmittel analog angewandt werden.
Ungeachtet des vollständigen Unterliegens einer Partei bleibt es dem Gericht vorbehalten, bestimmte Kosten auszutrennen und diese vorab der obsiegenden Partei aufzuerlegen:
- § 94 Mehrkosten bei übergegangenem Anspruch,
- § 95 Säumniskosten,
- § 96 Kosten erfolgloser Angriffs- und Verteidigungsmittel,
- § 344 Mehrkosten eines Versäumnisurteils,
- § 281 III Mehrkosten vor dem unzuständigen Gericht,
- § 238 IV Mehrkosten einer Wiedereinsetzung.
Ergänzend ist § 100 zu beachten, wenn die unterlegene Partei aus mehreren Streitgenossen besteht.
Nicht anwendbar ist § 91 auf einen Nebenintervenienten, da er nicht Partei ist. Selbst wenn er der unterlegenen Partei beitritt, können ihm insoweit keine Kosten auferlegt werden.
Ob eine Partei vollständig unterlegen ist, richtet sich nach den Anträgen, nicht nach dem Ergebnis. Wird einer Partei alles das zugesprochen, was sie beantragt hat, kann sie dennoch tw unterlegen sein, etwa wenn sie ihr Ziel nur mit einem Hilfsantrag erreicht hat oder aufgrund einer Hilfsaufrechnung.
Beispiel:
Eingeklagt werden 5.000 EUR. Der Beklagte verteidigt sich damit, dass die Forderung nicht bestehe, hilfsweise rechnet er mit einer Gegenforderung auf. Die Klage wird abgewiesen, weil
a) |
die Klageforderung nicht besteht |
b) |
zwar die Klageforderung besteht, aber die Hilfsaufrechnung greift |
Im Fall a) ist der Kl vollständig unterlegen, so dass nach § 91 zu entscheiden ist.
Im Fall b) ist der Kl nur tw unterlegen, so dass nach § 92 zu entscheiden ist.
Wegen Einzelzeiten zu teilweisem Unterliegen s die Einzelfälle bei § 92 Rn 15 ff.
Eine Partei ist auch dann tw unterlegen, wenn sie auch nur in einem Nebenpunkt nicht vollständig durchdringt, etwa, wenn ihr Zinsantrag oder ihr Antrag auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten ganz oder teilweise abgewiesen wird, ein Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs oder Feststellung, dass die Forderung aus unerlaubter Handlung resultiert.
Unerheblich ist auch, ob sich der abgewiesene Antrag im Streitwert niederschlägt.
Beispiel:
Eingeklagt werden wiederkehrende Leistungen für die Dauer von fünf Jahren. Das Gericht spricht dem Kläger die Leistungen nur für die Dauer von vier Jahren zu.
Der Streitwert bemisst sich nach § 9. Bewertet werden nur die Leistungen für dreieinhalb Jahre. Hätte sich der Kläger also auf die zugesprochenen vier Jahre beschränkt, wäre der Streitwert derselbe gewesen. Ungeachtet dessen ist der Kläger mit seinem Antrag zu einem Fünftel abgewiesen worden.