Rn 79
Die Vorschrift des Abs 4 ist durch das JuMoG v 2.7.04 eingefügt worden. Eine entsprechende Verfahrensweise war bis dato bereits herrschende Praxis. Die Vorschrift dient letztlich der Entlastung der Gerichte. Sie stellt klar, dass zu den Kosten des Rechtsstreits iSd. Abs 1 auch solche Kosten gehören, die eine Partei der anderen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat (Ddorf AGS 11, 409 = JurBüro 10, 649 = MDR 11, 189 [OLG Düsseldorf 09.08.2010 - I-24 W 53/10]).
Hat der nach der vorläufigen Festsetzung erstattungspflichtige Kostenschuldner die festgesetzten Kosten bereits gezahlt, kann er diese zurückverlangen, soweit sie nach der neuen Kostentscheidung nicht (mehr) geschuldet sind. Dieser Rückzahlungsanspruch kann im vereinfachten Verfahren nach den §§ 103 ff festgesetzt werden.
Parallel dazu besteht die Möglichkeit, gezahlte Kosten nach § 717 II 2 in den laufenden Rechtsstreit einzuführen. Dann wird der Rückerstattungsanspruch in der Hauptsache mit tituliert. Er erhöht allerdings nicht den Wert des Verfahrens, da es sich um eine Nebenforderung iSd § 4 ZPO, § 3 I GKG handelt.
Bedeutung hat diese Rückfestsetzung, wenn aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils eine Kostenfestsetzung erfolgt ist und das Urteil im weiteren Verlauf des Verfahrens (etwa im Nachverfahren oder im Verfahren nach Einspruch o.Ä.) oder in höherer Instanz (Berufung oder Revision) einschließlich der Kostenentscheidung abgeändert oder aufgehoben wird, sodass die frühere Kostenfestsetzung unzutreffend geworden ist. Gleiches gilt, wenn die Parteien im weiteren Verlauf des Verfahrens einen Vergleich mit einer abweichenden Kostenregelung geschlossen haben. Anlass zur Rückfestsetzung kann auch ein gerichtlicher Gesamtvergleich in einem anderen Verfahren sein, wenn dort auch die Kosten des betreffenden Verfahrens mit geregelt worden sind (München JurBüro 05, 598 = NJW-RR 06, 72).
Die Möglichkeit der Rückfestsetzung kommt auch dann in Betracht, wenn sich die Kostengrundentscheidung nicht ändert, sich aber aus anderen Gründen ein Rückforderungsanspruch ergibt. Das kann der Fall sein, wenn zunächst unberechtigterweise zu hohe Kosten festgesetzt worden sind und diese dann auf Erinnerung oder Beschwerde abgesetzt werden. Ist zu diesem Zeitpunkt bereits gezahlt, ergibt sich ein Rückforderungsanspruch, der dann wiederum nach § 104 iVm § 91 IV rückfestgesetzt werden kann.
Gleiches gilt, wenn der Streitwert herabgesetzt wird. Dann besteht sogar die Möglichkeit auch noch nach einer rechtskräftigen Kostenfestsetzung innerhalb eines Monats (§ 107) die Kosten neu festsetzen zu lassen und hiernach dann die Rückfestsetzung zu betreiben (s dazu § 107 Rn 4).
Bis zur Einführung des Abs 4 hatte die Rspr eine Rückfestsetzung überwiegend in entsprechender Anwendung des § 717 II zugelassen und war somit zu gleichen Ergebnissen gekommen. Auf diese ältere Rspr kann allerdings nur eingeschränkt zurückgegriffen werden.
Die Möglichkeit der Rückfestsetzung besteht unabhängig vom Zeitpunkt der Anhängigkeit oder Beendigung des Verfahrens. Einer Kostenrückfestsetzung steht auch nicht entgegen, dass sie vor dem Inkrafttreten des Justizmodernisierungsgesetzes am 1.9.04 abgelehnt worden ist (BGH NJW-RR 05, 79 = RVGreport 04, 475).
Eine Rückfestsetzung kommt nur hinsichtlich der Kosten in Betracht, nicht hinsichtlich sonstiger gezahlter Beträge. Zinsen, die auf den später wirkungslos gewordenen ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlt worden sind, können dagegen ebenfalls rückfestgesetzt werden (Zweibr JurBüro 04, 657).
Die Partei, die Rückfestsetzung beantragt, muss Kosten iSd Abs 1 an den Gegner gezahlt haben. Unerheblich ist, welche Kosten sie hätte zahlen müssen. Eine Rückfestsetzung kommt nur hinsichtlich der tatsächlich gezahlten Kosten in Betracht. Ebenso ist es für den Rückfestsetzungsanspruch unerheblich, ob die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt ist oder nicht (München JurBüro 05, 598 = NJW-RR 06, 72). Nicht erforderlich ist, dass die Kosten, die gezahlt worden sind, festgesetzt waren, auch wenn dies der Regelfall sein wird. Zwingend ist dies aber nicht.
Eine Rückfestsetzung kommt auch gegen einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt in Betracht, der seine Gebühren aufgrund eines obsiegenden Urteils erster Instanz im eigenen Namen gem. § 126 beigetrieben hat, wenn im höheren Rechtszug eine abweichende Kostenentscheidung ergeht (BGH AGS 13, 67; Hambg AGS 12, 79 = JurBüro 12, 146 = FamRZ 12, 736 = NJW-Spezial 12, 92 = RVGreport 12, 117; München AGS 13, 37) oder im Nachhinein gezahlte Kosten abgesetzt werden.
Die Rückfestsetzung erfolgt nur auf Antrag nach § 103 I.
Nach Inkrafttreten des Abs 4 könnte man daran denken, dass hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs Glaubhaftmachung ausreicht (§ 104 III). Das würde allerdings dem Grundsatz widersprechen, dass eine materiell-rechtliche Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht durchzuführen ist. Daher sind gezahlte Beträge nur dann zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig sind...