Gesetzestext
1Die §§ 850k und 850l sowie die Regelungen dieses Abschnitts gelten auch bei einer Pfändung von Kontoguthaben wegen Forderungen, die im Wege der Verwaltungsvollstreckung nach Bundesrecht beigetrieben werden. 2Mit Ausnahme der Fälle des § 850k Absatz 4 Satz 1, des § 904 Absatz 5 und des § 907 tritt die Vollstreckungsbehörde an die Stelle des Vollstreckungsgerichts.
A. Normzweck und Systematik.
Rn 1
§ 910 regelt die Geltung des Kontopfändungsschutzes bei der Verwaltungsvollstreckung. Dabei besitzt die Vorschrift va eine klarstellende Funktion. Einerseits werden dadurch für die betroffenen Verwaltungen ihre Aufgaben und ihre Befugnisse im Gefüge des Kontopfändungsschutzes verdeutlicht. Dadurch wird die Pflicht der Vollstreckungsbehörden betont, den Kontopfändungsschutz zu beachten. Andererseits wird für den Schuldner Transparenz über seine Rechtsstellung geschaffen.
Rn 2
§ 910 S 1 betont die Bindung der Vollstreckungsbehörden an den Kontopfändungsschutz bei einer Vollstreckung nach Bundesrecht. S 2 normiert die Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörden. Danach tritt die Vollstreckungsbehörde prinzipiell an die Stelle des Vollstreckungsgerichts, ausgenommen in den dort bestimmten Konstellationen. Soweit die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Festsetzung der Unpfändbarkeit nach § 907 angeordnet ist, beruht die Norm auf § 309 III 1 AO.
B. Anwendbarkeit bei der Verwaltungsvollstreckung, S 1.
Rn 3
Bei einer Verwaltungsvollstreckung nach Bundesrecht ist die Vollstreckungsbehörde an die Regelungen der §§ 850k, 850l, 899 ff gebunden. Die Beschränkung auf eine bundesrechtlich erfolgende Zwangsvollstreckung erfolgt lediglich aus kompetenziellen Gründen. In der Sache ist es weiterhin geboten, auch bei einer Verwaltungsvollstreckung nach Landesrecht den Kontopfändungsschutz im Ergebnis gleichermaßen zu gewähren (BTDrs 19/19850, 46).
C. Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörden, S 2.
Rn 4
Im Regelfall hat die Verwaltungsbehörde die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts zu erfüllen, § 910 S 2. Diese Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörden besteht unabhängig von der Qualifikation der beizutreibenden Forderung als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich (BTDrs 19/19850, 46). Die Kompetenzregelung dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung. Zuständig ist die Verwaltungsbehörde für die Bestimmung einer abweichenden Frist nach § 900 I 2. Außerdem ist die Verwaltungsbehörde für die Festsetzung der Erhöhungsbeträge nach § 905 und die Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags nach § 906 zuständig. Begründet wird dies mit den erforderlichen einzelfallbezogenen Fragestellungen. Allerdings handelt es sich teilweise um komplexere vollstreckungsrechtliche Probleme, welche die Vollstreckungsbehörden oftmals nicht ohne Weiteres lösen können.
Rn 5
Von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörden für die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts bestimmt § 910 S 2 mehrere Ausnahmen. Eine vollstreckungsgerichtliche Zuständigkeit besteht weiterhin für die Entscheidung nach § 850k IV 1 über die Führung des vom Gläubiger bezeichneten Zahlungskontos als Pfändungsschutzkonto. Da mehrere Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den betroffenen Schuldner betreiben können, wird hierdurch die Einheitlichkeit des Vollstreckungsschutzes gewährleistet und den Interessen der betroffenen Gläubiger angemessen Rechnung getragen. Auch für die Festsetzung der Höhe des pfändungsfreien Betrags bei der Nachzahlung laufender Geldleistungen von mehr als 500 EUR gem § 904 V bleibt das Vollstreckungsgericht zuständig. Begründet ist dies mit den nicht unerheblichen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die sich bei einer Nachzahlung aus der Rückrechnung ergeben können. Ebenso bleibt es bei der Kompetenz des Vollstreckungsgerichts für die Festsetzung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf einem Pfändungsschutzkonto nach § 907.