Rn 23
Verfahren über einen Antrag auf Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung sind gem § 17 Nr 4b RVG ggü dem Hauptsacheverfahren eine besondere Angelegenheit iSd § 15 RVG. Mehrere durch gesonderte Anträge eingeleitete Arrest- oder einstweilige Verfügungsverfahren gelten jeweils als besondere Angelegenheiten. Mehrere Angelegenheiten liegen auch dann vor, wenn ein Arrest- oder Verfügungsantrag wiederholt wird, etwa weil ein früheres Gesuch zurückgewiesen worden ist oder weil die zeitliche Befristung einer einstweiligen Verfügung oder die Vollziehungsfrist abgelaufen war (Hambg JurBüro 91, 1084).
Rn 24
Verfahren über die Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes sind zwar ebenfalls ggü der Hauptsache eine gesonderte Angelegenheit (§ 17 Nr 4d RVG). Gegenüber dem zugrunde liegenden Anordnungsverfahren sind sie jedoch nicht gesondert abzurechnen; es liegt insoweit vielmehr nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr 5 RVG). Auch mehrere Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung bilden mit dem ursprünglichen Anordnungsverfahren dieselbe Angelegenheit (Ddorf AGS 18, 117 = NJW-Spezial 18, 221 [OLG Düsseldorf 24.10.2017 - I-10 W 421/17]). Eine Ausnahme gilt, wenn zwischen Beendigung des Anordnungsverfahrens und Auftrag zum Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind. In diesem Fall bildet das Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren eine neue Angelegenheit (Hamm AGS 15, 166 [OLG Hamm 23.10.2012 - 25 W 245/12]).
Rn 25
Im erstinstanzlichen Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren erhält der Anwalt die Gebühren nach den Nr 3100 ff VV RVG. Dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Arrest- oder Verfügungsverfahren vor dem Berufungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 943) stattfindet (Vorbem 3.2 II 1 VV RVG). Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr gem Nr 1008 VV RVG um 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0. Die Terminsgebühr (Nr 3104 VV RVG) entsteht unter den gleichen Voraussetzungen wie im Erkenntnisverfahren (Vorbem 3 III VV RVG). Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen (Anm zu § 253) Bezug genommen werden. Möglich ist auch die ermäßigte Terminsgebühr nach Nr 3105 VV RVG.
Während das Arrestverfahren ein Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung ist (§ 922 I 1), ist die mündliche Verhandlung in einstweiligen Verfügungsverfahren grds vorgeschrieben. Daher ist hier – im Gegensatz zum Arrestverfahren – eine Terminsgebühr nach Anm I Nr 1 zu Nr 3104 VV RVG möglich. Sie entsteht sowohl bei Erlass eines Anerkenntnisurteils im schriftlichen Verfahren (Zweibrücken AGS 15, 16 = RVGreport 15, 20) als auch im Falle eines schriftlichen Vergleichs (BGH JurBüro 20, 413; Ddorf AGS 17, 559 = NJW-Spezial 17, 763 = RVGreport 18, 19; Oldenburg NJW 17, 1250 = AGS 17, 176 = NJW-Spezial 17, 252; aA München AGS 05, 486 = AnwBl 06, 147). Wird die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen oder wird der Antrag auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, löst dies keine Terminsgebühr nach Anm I Nr 1 zu Nr 3104 VV RVG aus, da über die Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 922 I).
Nach Widerspruch muss auch im Arrestverfahren mündlich verhandelt werden, so dass in dieser Phase Anm I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG anwendbar ist.
Wird die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen oder wird der Antrag auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, löst dies keine Terminsgebühr nach Anm I Nr 1 zu Nr 3104 VV RVG aus, da über die Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 922 I). Dagegen löst der die Terminsgebühr aus.
Maßgeblich für die Terminsgebühr ist auch hier nur der Wert, über den verhandelt oder erörtert wird. Ist zB gegen eine einstweilige Verfügung lediglich wegen eines Teils Widerspruch eingelegt worden oder nur wegen der Kosten, so gilt für die Verhandlung ein reduzierter Wert.
Auch die Einigungsgebühr nach Nr 1000 ff VV RVG kann in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren anfallen. Es gelten hier grds keine Besonderheiten.
Rn 26
Wird der Anwalt vom potentiellen Antragsgegner beauftragt, eine Schutzschrift einzureichen, so zählt diese Tätigkeit für ihn bereits zum Arrest- oder Verfügungsverfahren. Der Anwalt verdient damit bereits die Verfahrensgebühr nach Teil 3 VV RVG, da er den Auftrag hat, im Verfahren tätig zu werden. Mit Einreichung der Schutzschrift wird auch bereits die volle 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr 3100 VV RVG ausgelöst und nicht etwa nur die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr 3100, 3101 Nr 1 VV RVG. Mangels Anhängigkeit kann der Anwalt zwar noch keinen Sachantrag stellen; andererseits enthält die Schutzschrift bereits Sachvortrag, so dass kein Fall der Nr 3101 Nr 1 VV RVG vorliegt (BGH JurBüro 08, 428 = AGS 08, 274; bestätigt in RVGreport 09, 265; Hambg AGS 07, 448; Ddorf AGS 06, 489 = JurBür...