Gesetzestext
(1) Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
(2) 1Als ein zureichender Arrestgrund ist es anzusehen, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. 2Eines Arrestgrundes bedarf es nicht, wenn der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff stattfindet.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm betrifft den Arrestgrund beim dinglichen Arrest und soll den Gläubiger vor gewichtigen Verschlechterungen seiner Vollstreckungsmöglichkeiten schützen. Allerdings werden hierbei nicht alle wesentlichen Verschlechterungen vom Normzweck erfasst. Die drohende Konkurrenz anderer vollstreckungswilliger Gläubiger fällt nicht unter § 917 (BGHZ 131, 95, 105 = NJW 96, 321; 171, 261 Rz 23 = NJW 07, 2485). Der Arrest setzt im Gegensatz zur einstweiligen Verfügung keine Eilbedürftigkeit voraus. Daher entfällt der Arrestgrund nicht allein deshalb, weil die Gläubigerseite in Kenntnis der Gefährdungssituation zugewartet hat (Bambg WM 13, 649, 653 [OLG Bamberg 12.11.2012 - 4 U 168/12]; MüKoZPO/Drescher Rz 3).
B. Arrestgrund nach Abs 1.
Rn 2
Die Besorgnis einer Vollstreckungsvereitelung oder wesentlichen Erschwernis kann auf Gefährdungshandlungen des Schuldners beruhen, aber auch durch Handlungen Dritter oder Naturereignisse verursacht sein. Es kommt nicht darauf an, ob der Schuldner unlautere Absichten verfolgt und eine Vereitelung oder Erschwerung der Zwangsvollstreckung erstrebt, oder auch nur darauf, dass er rechtswidrig oder schuldhaft handelt (BFH BB 78, 1203; Karlsr NJW 97, 1018; LAG Köln AA 11, 144). Maßgeblich ist allein, ob die Handlungen oder Vorkommnisse objektiv die Besorgnis der Gefährdung der späteren Zwangsvollstreckung rechtfertigen; Maßstab ist hierbei der objektive Standpunkt eines verständigen, gewissenhaft prüfenden Menschen (RGZ 67, 369; LAG Köln AA 11, 144 [LAG Köln 14.01.2010 - 7 SaGa 24/09]; Rostock NJW-RR 12, 222 [OLG Rostock 12.12.2011 - 3 W 193/11]; Dresd MDR 18, 699 [BGH 24.01.2018 - VII ZB 27/17]; Brandbg NJW-RR 20, 1139 [OLG Brandenburg 17.07.2020 - 13 WF 124/20]).
I. Gefährdungshandlungen des Schuldners.
Rn 3
Der drohende Einzug einer Forderung kann ebenso wie die Veräußerung eines Vermögensstücks (Schwerdtner NJW 70, 222, 224) als bloße Vermögensumschichtung für sich allein nicht als Arrestgrund gelten. Ein solcher ist erst zu bejahen, wenn zu besorgen ist, dass der Vermögensgegenstand dem Zugriff der Gesamtheit der Gläubiger entzogen wird (BGHZ 131, 95, 105 = NJW 96, 321). Dies ist der Fall bei einem Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen (Ddorf NJW-RR 94, 454; KG ZInsO 05, 1323), einer verdächtigen Veräußerung oder Belastung von Vermögensgegenständen ohne ausreichenden Gegenwert (Musielak/Voit/Huber Rz 3). Gleiches gilt für verschwenderische Lebensweise, Spielleidenschaft, Verschleuderung von Waren (Zö/Vollkommer Rz 5) sowie die Verschiebung von Gegenständen ins Ausland (Köln ZIP 88, 969).
Ein Arrestgrund folgt nicht bereits daraus, dass der Schuldner den Gläubiger durch eine gegen dessen Vermögen gerichtete Straftat geschädigt hat (Hamm ZEV 16, 280). Zur Annahme eines Arrestgrundes muss vielmehr hinzukommen, dass der Schuldner durch zusätzliche weitere Maßnahmen den Anspruch des Gläubigers gefährdet hat und deshalb konkret zu befürchten ist, dass die spätere Vollstreckung vereitelt oder erschwert wird (Ddorf NJW-RR 99, 1592; Frankf OLGR 01, 71, 72; Frankf StRR 11, 309; Bambg WM 13, 649, 652; Schlesw MDR 14, 1289, 1290). Dahingehende Anzeichen können sich bereits aus der Art und dem Umfang oder der Intensität der kriminellen Schädigungshandlungen sowie aus der Art und Weise ergeben, in der die Schuldnerseite die Verwertung der strafbar erlangten Vermögensgegenstände betrieben hat (Bambg WM 13, 649, 652; Hamm ZEV 16, 280 [OLG Hamm 22.12.2015 - 24 W 40/15] [Vollmachtmissbrauch eines Betreuers]). Zu den weiteren Indizien für ein nach wie vor bestehendes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers rechnen etwa Verdunklungshandlungen des Schuldners im Ermittlungs- oder Strafverfahren und gegebenenfalls auch eine von rechtsfeindlicher Gesinnung getragene Verteidigungsstrategie (Bambg WM 13, 649, 652; vgl auch München MDR 19, 1089, 1091 [BGH 22.02.2019 - V ZR 244/17]: Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Schuldner). Erst recht ist das Sicherungsbedürfnis berührt, wenn der personelle Hintergrund der ans Licht gekommenen Straftaten nur zu einem Teil aufgehellt werden konnte und schon aus diesem Grund zu besorgen ist, dass der Schuldner nach wie vor mit der Unterstützung noch nicht gefasster oder unbekannt gebliebener Tatgenossen auch bei seinen Bemühungen rechnen kann, sein noch vorhandenes Vermögen dem Gläubigerzugriff zu entziehen (Bambg WM 13, 649, 652 [OLG Bamberg 12.11.2012 - 4 U 168/12]). Zusätzliche Gefährdung kann auch bei aufwendigem Lebenstil unter Verschwendung von Gütern bei Kapitalanlagebetrug angenommen werden (Köln Beschl v 23.7.14 – 18 W 45/11).
II. Anderweitige Gefährdungstatbestände.
Rn 4
Naturereignisse wie Feuer, Sturm und Überschwemmung können au...