Rn 3
Die Vorschrift und die zu ihr entwickelten Grundsätze der Erledigung des Rechtsstreits gelten zunächst für alle kontradiktorischen Verfahren der ZPO, die der Dispositionsmaxime unterliegen und mit einer selbstständigen Entscheidung über eine Hauptsache und die Kosten enden. Darunter fallen neben dem Urteilsverfahren folgende Verfahren: Arrest und einstweilige Verfügungen (Köln CR 19, 656 [OLG Köln 18.07.2019 - 15 W 21/19]), das Zwangsversteigerungsverfahren, soweit es sich um ein kontradiktorisches Verfahren handelt und nicht § 788 vorgeht (BGHZ 170, 378 = NJW 07, 2993; DGVZ 19, 79), der Zwischenstreit (zB nach § 71 – Oldbg VersR 66, 1173), das Beschwerdeverfahren betr Richterablehnung (Rostock NJW-RR 07, 429; Celle BauR 11, 721; Kobl Beschl v 21.6.19 – 4 W 136/19, juris), das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (München Beschl v 7.9.17 – 34 Sch 8/17 – juris), das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nach § 537 (Frankf NJW-Spezial 18, 284) und das Zwangsvollstreckungsverfahren, soweit nicht die speziellere Vorschrift des § 788 vorgeht, insb Erinnerungen nach § 766 (LG Frankenthal Rpfleger 84, 361), Pfändungsverfahren (LG Fulda Rpfleger 93, 172 [LG Fulda 07.09.1992 - 3 T 148/92]), Verfahren nach § 794a (BGH NJW-RR 09, 422; LG Waldshut Tiengen WuM 93, 621), Verfahren nach § 765a (BGH WuM 10, 250), das auf Aufhebung des Haftbefehls nach § 802g gerichtete Beschwerdeverfahren (BGH NJW-RR 19, 317) und die Verfahren nach §§ 887, 888, 890 (BGH WuM 05, 139; Karlsr FamRZ 10, 1839; BayObLG NJW-RR 97, 489; München MDR 91, 357 und Beschl v 14.2.17 – 13W 108/17 – juris; aA Braunschw JurBüro 99, 46 für § 887). Das Verfahren zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis kann mangels Vorliegens eines kontradiktorischen Verfahrens nicht mit der Kostenfolge des § 91a für erledigt erklärt werden (LG Stuttgart DGVZ 20, 98). Eine differenzierte Betrachtungsweise gilt für das Mahnverfahren (Rn 79). Im selbstständigen Beweisverfahren findet § 91a keine Anwendung (Rn 80). Das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff kann selbst nicht für erledigt erklärt werden, da dort keine Kostengrundentscheidung ergeht. Eine Erledigungserklärung kommt aber im Beschwerdeverfahren in Betracht (BGH NJW 09, 234 [BGH 17.09.2008 - IV ZB 17/08]; KG KGR 09, 592; Rn 66 ff). Die Grundsätze zur Erledigung gelten in allen Rechtszügen, wobei streng zwischen Erledigung der Hauptsache und des Rechtsmittels zu trennen ist (vgl Rn 68). Nicht anwendbar ist § 91a im Vorabverfahren über den Rechtsweg (BGH NJW-RR 01, 1007 [BGH 11.01.2001 - V ZB 40/99]). Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels kommt eine Erledigung der Hauptsache allenfalls in Betracht, wenn sich das erledigende Ereignis erst im Beschwerderechtszug verwirklicht (BGH NJW-RR 10, 571). Auch im PKH-Verfahren ist für eine Erledigungserklärung kein Raum, sofern die Klage nicht rechtshängig geworden ist (BGH FamRZ 09, 1663). Das gilt auch dann, wenn die Klage zugleich mit dem PKH-Antrag eingereicht wurde und noch vor ihrer Zustellung für erledigt erklärt wird (Karlsr FamRZ 97, 220; Brandbg MDR 00, 1393; Hamm FamRZ 00, 1514). Zur Anwendbarkeit im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren vgl KG KGR Berlin 05, 885; München 30.3.11 – 34 AR 201/10 – juris.
Rn 4
§ 91a gilt auch in Verfahren, in denen die ZPO entspr anzuwenden ist, wie etwa das Patentnichtigkeitsverfahren (BGH GRUR 84, 339 [BGH 22.12.1983 - X ZR 45/82]), das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren (sowohl vor dem deutschen Patentamt als auch vor dem Bundespatentgericht – BGHZ 135, 61 = NJW 97, 3241), das Patent-Rechtsbeschwerdeverfahren (BGH NJW-RR 94, 381; BPatG Beschl v 23.1.18 – 35 W (pat) 406/15, juris; zur Erledigung im Einspruchsverfahren vgl Hövelmann GRUR 07, 283) und das Kartellverwaltungsstreitverfahren (BGH NJW-RR 06, 1341 [BGH 31.05.2006 - KVR 1/05]; WRP 08, 252 [BGH 19.06.2007 - KVR 23/98]; aA München GRUR 87, 316 [BayObLG 02.03.1987 - Kart. 4/84]; zum Vergabeverfahren s München ZfBR 19, 402 [BGH 11.12.2018 - KZR 26/17]). Zum Prüfungsmaßstab bei einseitiger Erledigungserklärung vgl BGH NJW-RR 87, 1272 [BGH 29.10.1985 - KVR 1/84]; Rn 48. Entspr Anwendung findet § 91a auch in den Verwaltungsstreitverfahren nach der BRAO und der BNotO (BGH MDR 09, 896; BGHZ 50, 197 und BGH DNotZ 67, 330).
Rn 5
In der freiwilligen Gerichtsbarkeit und dem Verfahren nach dem FamFG (zur Erledigung dort s. Rn 77) findet § 91a auch in sog echten Streitverfahren keine Anwendung. Soweit eine Kostenentscheidung ergeht, richtet diese sich nach § 83 II iVm § 81 FamFG (Schulte-Bunert/Weinreich/Brinkmann § 22 Rz 18). Etwas anderes gilt für Ehesachen und Familienstreitsachen, in denen § 91a über § 113 I FamFG entspr Anwendung findet. Dem § 91a vorgehende Sonderregelungen enthalten insoweit die §§ 131, 132, 150 (vgl Rn 32), §§ 181, 183 und § 243 FamFG (Brandbg FamRZ 14, 173; Frankf FamRZ 18, 1929; Hamm NJW-RR 19, 69; München FuR 19, 549; vgl auch Rn 81).
Rn 6
Aufgrund dessen kontradiktorischen Charakters findet § 91a auch im Insolv...