Rn 25
§ 91a ist Ausfluss der Dispositionsmaxime. Mit den übereinstimmenden Erledigungserklärungen entfällt die Rechtshängigkeit des Klagebegehrens bis auf die Kostenfrage (BGHZ 106, 359 = NJW 89, 2885). Eine Fortsetzung des Verfahrens scheidet aus. Weder können neue Sachanträge gestellt werden (BayObLG JurBüro 96, 97), noch ist eine Klagerücknahme möglich (Bambg NJW-RR 97, 1365). Das Gericht ist an die Erklärungen gebunden, dh es hat nicht zu prüfen, ob tatsächlich Erledigung eingetreten ist (BGHZ 21, 298 = NJW 56, 301; BGHZ 83, 12 = NJW 82, 1598; Brandbg WuM 09, 472; Dresd MDR 18, 1215). Erledigungsgrund ist nicht das außerprozessuale Ereignis, sondern die übereinstimmende, das Gericht bindende Erledigungserklärung beider Parteien selbst (Hölzer JurBüro 91, 2). Eine Entscheidung ergeht nur noch über die bis dahin entstandenen Kosten des Rechtsstreits. Soweit das Gericht in der Kostenentscheidung erwähnt, die Hauptsache sei erledigt, bindet das weder das Gericht noch die Parteien (St/J/Muthorst Rz 23). Bereits ergangene, aber noch nicht rechtskräftige Entscheidungen werden analog § 269 III 1 Hs 2 wirkungslos (Hamm MDR 85, 591). Im Urkundsprozess macht die übereinstimmende Erledigungserklärung im Nachverfahren das (formell rechtskräftige) Vorbehaltsurteil wirkungslos (Frankf OLGR 96, 69). Auf Antrag muss die Wirkungslosigkeit analog § 269 IV durch Beschl festgestellt werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür besteht aber nur, wenn aus der Entscheidung Zwangsvollstreckungsmaßnahmen möglich sind (BGH Beschl v 14.12.16 – IV ZR 423/12 – juris). Eine beschlossene Vorlage ist nicht mehr auszuführen; die Erledigungserklärung nach Vorlage erledigt auch das Vorlageverfahren (BayObLG NJW-RR 87, 1301; 92, 341 [LG Aachen 04.10.1991 - 5 S 206/91]). Die Zwangsvollstreckung ist entspr §§ 775 Nr 1, 776 einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben (Frankf OLGR 00, 320). Ein auf der Grundlage des wirkungslos gewordenen Vollstreckungstitels ergangener Ordnungsmittelbeschluss ist aufzuheben, selbst wenn er rechtskräftig geworden ist (KG NJW-RR 99, 790 [KG Berlin 31.07.1998 - 5 W 4012/98]). Die Wirkungslosigkeit eines erstinstanzlichen Urteils infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen in der Rechtsmittelinstanz stellt keine Aufhebung iSd § 717 II dar (BGH NJW 88, 1268). Eine erneute Klage bleibt zulässig (BGH NJW 91, 2280 [BGH 28.05.1991 - IX ZR 181/90]; Köln NJW-RR 94, 917 [OLG Köln 19.01.1994 - 13 U 171/93]). Die ne bis in idem Sperre greift nicht, da keine rechtskräftige Entscheidung zur Hauptsache vorliegt. Soweit die Gegenauffassung sich auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens stützt (R/S/G § 130 Rz 20), überzeugt dies nicht, da eine neue Klage nach allgemeiner Ansicht selbst nach Klagerücknahme möglich ist (zutr Musielak/Flockenhaus Rz 19).
Rn 26
Wird die Hauptsache übereinstimmend und uneingeschränkt für erledigt erklärt, hat dies zur Folge, dass ein im Verfahren erlassener, noch nicht rechtskräftig gewordener Unterlassungstitel ohne weiteres entfällt. Der Titel kann danach auch dann keine Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen mehr sein, wenn die Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Unterlassungsgebot zuvor begangen worden ist. Ein Gläubiger kann jedoch seine Erledigungserklärung auf die Zeit nach dem erledigenden Ereignis beschränken und die Erledigung ex-nunc erklären, wenn ein bereits erstrittener Unterlassungstitel weiterhin als Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen wegen Zuwiderhandlungen, die vor dem erledigenden Ereignis begangen worden sind, aufrechterhalten bleiben soll (BGHZ 156, 335 = NJW 04, 506). Umstr ist, ob es sich dabei um eine vollständige (so Braunschw NJW-RR 96, 380; Musielak/Flockenhaus Rz 50) oder nur tw (so Köln WRP 14, 1093 [OLG Köln 11.03.2014 - 6 W 217/13]; MüKoZPO/Schulz Rz 101; Zö/Althammer Rz 53: ›horizontale Teilerledigung‹) Erledigung handelt. In der Regel wird davon auszugehen sein, dass eine Erledigterklärung nur für die Zukunft gelten und einen bereits erwirkten Unterlassungstitel als Grundlage für die Vollstreckung wegen zurückliegender Zuwiderhandlungen nicht in Frage stellen soll (BGH MDR 16, 411; München WRP 15, 102 [OLG München 13.10.2014 - 29 W 1474/14]; aA Frankf Beschl v 9.12.13 – 11 W 30/13 – juris). In diesem Fall richtet sich die Kostenentscheidung allein nach § 91a ZPO (Frankf WRP 17, 1247).