Gesetzestext

 

In dringenden Fällen kann der Vorsitzende über die in diesem Abschnitt erwähnten Gesuche, sofern deren Erledigung eine mündliche Verhandlung nicht erfordert, anstatt des Gerichts entscheiden.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift, die für Arrest- sowie Verfügungsverfahren gilt, dient der Verfahrensbeschleunigung und soll für bestimmte Ausnahmefälle eine Zeitverzögerung durch die Einberufung des Kollegialgerichts vermeiden (MüKoZPO/Drescher Rz 1).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

§ 944 ist nur anwendbar bei Kammerzuständigkeit (§ 348 I 2), nicht wenn der originäre Einzelrichter zuständig ist. (Zö/Vollkommer Rz 1). Ein dringender Fall iSd § 944 erfordert eine gesteigerte Dringlichkeit. Sie ist zu unterscheiden von der allgemeinen Dringlichkeit, die schon der Verfügungsgrund als solcher erfordert und der besonderen Dringlichkeit gem § 937 II Hs 1, die das Gericht zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ermächtigt. Dringlichkeit iSd § 944 liegt daher nur vor, wenn das Zusammentreten des Kollegialgerichts zu einer erheblichen Verzögerung führen würde und hierdurch der Zweck des einstweiligen Rechtschutzes gefährdet wäre (Karlsr NJW-RR 87, 1206 [OLG Karlsruhe 15.04.1987 - 6 W 30/87]; Zö/Vollkommer Rz 1; Musielak/Voit/Huber Rz 1). § 944 ist in erster Linie für die Kammer für Handelssachen (§§ 94, 105 I GVG, hierzu Schlesw OLGR 03, 278) sowie das Landwirtschaftsgericht (§ 2 LwVG) von praktischer Bedeutung. § 944 gilt auch im personalvertretungsrechtlichen Verfahren (OVG SachsAnh NZA-RR 12, 168 [OVG Sachsen-Anhalt 14.09.2011 - 5 M 14/11]).

Der Vorsitzende ist auch berechtigt, iRe Dringlichkeitsentscheidung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzulehnen (Karlsr NJW-RR 87, 1206 [OLG Karlsruhe 15.04.1987 - 6 W 30/87]; Hambg OLGR 1996, 92; LG Zweibrücken NJW-RR 86, 151; MüKoZPO/Drescher Rz 4; St/J/Grunsky Rz 4; Wieczorek/Schütze/Thümmel Rz 5; aA Zö/Vollkommer Rz 1).

C. Rechtsbehelfe.

 

Rn 3

Die Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Vorsitzenden sind dieselben wie bei der Entscheidung durch das Gericht (Zö/Vollkommer Rz 3). Als Beschwerdegericht (§ 567 I Nr 2) entscheidet der vollbesetzte Senat (§ 122 GVG), ein Fall des § 568 S 1 liegt nicht vor (KG ZIP 10, 2047, 2048; vgl BGHZ 156, 320 = NJW 04, 856 zu KfH-Vorsitzenden-Entscheidung; Zö/Vollkommer Rz 1).

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