Rn 1

Die Vorschrift des § 95 regelt einen Fall der Kostentrennung und damit eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Danach können bestimmte ausscheidbare Kosten unabhängig vom Obsiegen oder Unterliegen vorab einer Partei auferlegt werden. Zur Tenorierung s.u. Rn 11 f.

Die Bedeutung dieser Vorschrift ist gering, da bei der Versäumung eines Termins idR der Erlass eines Versäumnisurteils in Betracht kommt und bei einer Fristversäumung die Anwendung von Verspätungsrecht. Darüber hinaus ist § 95 nur eine Auffangvorschrift und wird bei den in der Praxis häufigsten Fällen einer Termins- oder Fristversäumung durch die Sondervorschriften der §§ 344 und 238 IV verdrängt.

Die Vorschrift des § 95 soll eine Verzögerung oder Verschleppung des Rechtsstreits verhindern, indem sie ein solches Verhalten im Nachhinein kostenrechtlich sanktioniert.

Von der Möglichkeit des § 95, einen Teil der Kosten des Rechtsstreits einer Partei oder einem Beteiligtem vorab aufzuerlegen, ist die Möglichkeit zu unterscheiden, nach § 38 GKG dem Kl oder dem Beklagten eine sog ›Verzögerungsgebühr‹ aufzuerlegen. Die Vorschrift des § 95 betrifft nur die Mehrkosten des Rechtsstreits, die durch Säumnis oder Verschulden einer Partei entstanden sind. Die Vorschrift des § 38 GKG hat dagegen mit den Kosten des Rechtsstreits nichts zu tun, sondern schafft eine gesonderte zusätzliche Gebühr, die einer Partei auferlegt werden kann, wenn sie den Rechtsstreit schuldhaft verzögert. Die Vorschrift des § 38 GKG hat also Strafcharakter, während die Vorschrift des § 95 die ›Veranlasserhaftung‹ für entstandene Kosten betrifft. Im Gegensatz zur Kostenfolge des § 95 ist die Verhängung einer Verzögerungsgebühr auch nicht zwingend, sondern steht im Ermessen des Gerichts. Beide Maßnahmen sind voneinander unabhängig und können sogar nebeneinander ausgesprochen werden.

Eine analoge Anwendung des § 95 über seinen Wortlaut hinaus auf Fälle, in denen ein Kl nicht bereit ist, im schriftlichen Vorverfahren einen aus Sicht des Gerichts unschlüssigen Teil seiner Klageforderung zurückzunehmen, um damit einen Haupttermin entbehrlich zu machen, ist unzulässig und verfassungswidrig (BVerfG AGS 11, 203 [BVerfG 08.11.2010 - 1 BvR 1595/10]).

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