Prof. Dr. Christian Katzenmeier
a)
Rn 7
Zu Gutachten aus anderen gerichtlichen Verfahren s § 411a; zur ursprünglich fehlenden gerichtlichen Ernennung als SV und deren Nachholung § 407a Rn 6; zur Vernehmung des Erstellers der Urkunde § 411 Rn 17–25; allg zur Ersetzung des Sachverständigenbeweises durch sonstige Gutachten, insb im Wege des Urkundenbeweises, § 355 Rn 10, § 286 Rn 10.
b) Privatgutachten.
Rn 8
sind Sachverständigengutachten, die nicht vom Gericht (§ 404 I), sondern idR von einer Partei oder deren Versicherer vor oder während des Prozesses in Auftrag gegeben werden. Sie sind kein Sachverständigenbeweis iSd §§ 402 ff – werden auch nicht durch Einverständnis der Parteien dazu (Zö/Greger vor §§ 402 ff Rz 3; aA BGH NJW 97, 3381, 3382; R/S/G § 122 Rz 14) – und können auch nicht gem § 411a verwertet werden, sondern sind qualifizierter, urkundlich (§§ 415 ff) belegter Teil des Parteivorbringens (vgl BGH NJW 09, 2894, 2895 [BGH 08.07.2009 - VIII ZR 314/07]; 97, 3381, 3382 [BGH 22.04.1997 - VI ZR 198/96]), das nicht übergangen werden darf (BGH VersR 11, 1202: Art 103 I GG). Gleiches gilt für Gutachten von Schlichtungsstellen, etwa der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der (Landes-)Ärztekammern (BGH NJW 19, 2399 = MedR 19, 951 [BGH 12.03.2019 - VI ZR 278/18] m Anm Laumen; näher zum Beweiswert § 415 Rn 6–8). Ein solches Gutachten macht die Erhebung des Sachverständigenbeweises durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens idR nicht entbehrlich. Das kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es für die zuverlässige Beantwortung der Beweisfrage (§ 286) ausreichend ist (wohl aA Kobl MedR 11, 820 [OLG Koblenz 24.07.2009 - 5 U 510/09] m abl Anm Achterfeld). Dies ist nicht der Fall, wenn einzelne Fragen offenbleiben (BGH MedR 09, 342, 343 = VersR 08, 1216, 1217 [BGH 06.05.2008 - VI ZR 250/07]; 93, 749, 750 [BGH 02.03.1993 - VI ZR 104/92]) oder eine Partei substantiierte Einwendungen erhebt (BGH VersR 09, 698, 699 [BGH 02.06.2008 - II ZR 67/07]; NJW 87, 2300 [BGH 19.05.1987 - VI ZR 147/86]: Rüge mangelnder Sachkunde). Eine Vernehmung des Privatgutachters als sachverständiger Zeuge (§ 414) zu seinen Tatsachenfeststellungen ist möglich (Zö/Greger vor §§ 402 ff Rz 3), nicht jedoch gem § 411 III (BGH NJW 93, 2989, 2990 [BGH 15.06.1993 - VI ZR 175/92]). Die dafür erforderliche Ernennung zum SV (§ 404 I) wird häufig wegen – jedenfalls aus subjektiver Sicht – problematischer Neutralität (§ 406) nicht zweckmäßig sein. Die Parteien können die Tatsachen entspr dem Gutachten unstr stellen. Zur Kostenerstattung über § 91s BGH VersR 09, 280 [BGH 14.10.2008 - VI ZB 16/08]; Hattemer/Rensen MDR 12, 1384, 1386 ff.
c)
Rn 9
Die gleichwohl nicht unerhebliche Bedeutung von Privatgutachten in der Praxis ergibt sich aus ihrer Rolle bei der Beweiswürdigung gerade auch in Bezug auf ein gerichtliches Gutachten, etwa wenn Widersprüche bestehen (BVerfG NJW 97, 122, 123: Art 103 I GG; BGH VersR 14, 895, 897; NJW 15, 411, 412 = MedR 15, 420, 421; NJW-RR 19, 841; BGHZ 222, 44, 53 f = NJW 19, 3001, 3003 m Anm Bellinghausen/Krause NJW 19, 2978; s.o. Rn 4, § 411 Rn 17, § 412 Rn 1, 4). Dies gilt auch, wenn dieses gerichtliche Gutachten in einem selbstständigen Beweisverfahren erstattet worden ist (BGH NJW 17, 3661 [BGH 17.05.2017 - VII ZR 36/15]). Die Parteien haben ein Recht auf Anwesenheit ihres Privatgutachters bei der Beweisaufnahme (§ 357, faires Verfahren, ›Waffengleichheit‹). Dieser hat aber kein Fragerecht nach § 397, eine Gestattung ist nach richterlichem Ermessen möglich (MüKoZPO/Zimmermann § 402 Rz 9).