Rn 1
Die §§ 239 ff finden Anwendung im Erkenntnisverfahren in allen Instanzen, auch bei Beschlussklagen nach WEG (Hügel/Elzer § 44 WEG Rz 121; s.a. BGH NZG 18, 32 [BGH 24.10.2017 - II ZR 16/16] Rz 15) und in der Revisionsinstanz (BGHZ NJW 12, 3725 [BGH 31.10.2012 - III ZR 204/12]), und zwar unabhängig davon, ob eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder im schriftlichen Verfahren nach § 128 II, III entschieden werden soll. Dies gilt auch, wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist, etwa bei Klagerücknahme oder bei beiderseitiger Erledigungserklärung (LSG Berlin-Brandenburg ZIP 09, 2360). Die §§ 239 ff gelten nur für das rechtshängige Erkenntnisverfahren (vgl §§ 253 I, 261 I). Ereignisse nach Klageerhebung, aber vor Zustellung an den Beklagten können nicht zur Unterbrechung oder Aussetzung führen (BGH NJW-RR 09, 566 [BGH 11.12.2008 - IX ZB 232/08]; Hamm MDR 12, 552 [BGH 14.02.2012 - II ZB 18/10]). Auf die Prozessart kommt es nicht an (B/L/H/A/G/Becker Vor § 239 Rz 4). So finden die §§ 239 ff zB bei Vollstreckungsgegenklagen nach § 767 (BGH NJW-RR 09, 60), bei Verfahren nach §§ 722, 723 (BGH FamRZ 08, 1749) und in Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruches nach § 1060 ff (BGH MDR 17, 906; FamRZ 18, 1347) ebenfalls Anwendung, nicht hingegen in Schiedsverfahren vor Erlass des Schiedsspruchs (Köln SchiedsVZ 08, 153; B/L/H/A/G/Anders § 1042 Rz 9, Stichwort ›Aussetzung‹). Sie gelten grds auch bei Arrest und einstweiliger Verfügung (BGH NJW 04, 1388 aE), im Kostenfestsetzungsverfahren (BGH NZI 06, 128; BeckRS 12, 12074; ZIP 13, 1164; Kobl JurBüro 08, 152; Karlsr FamRZ 09, 1702 – auch bei Aussetzung gem § 246 –; Brandbg JurBüro 11, 263; Frankf ZIP 19,1251; SchlH LSG AGS 16, 357), im Mahnverfahren (BGH NJW 74, 493), im Grundbuchverfahren (München FamRZ 18, 865; B/L/H/A/G/Becker § 239 Rz 3) und in energiewirtschaftlichen Verfahren (BGH WM 15, 746). Zu den Besonderheiten iRd § 244 vgl dort Rn 2.
Die §§ 239 ff gelten nicht im PKH-Verfahren (BGH NJW-RR 06, 1208; BAG NJW 16, 424; Ddorf NJW-RR 16, 1531; Kobl NZI 10, 686; KG FamRZ 08, 286; Rostock MDR 15, 297; BayVGH NJW 12, 3739; Frankf NJW-RR 13, 685 [PKH nur für Zeit vor Insolvenzeröffnung]; LSG Nds-Bremen NZS 09, 647; LAG Köln ZInsO 15, 2536; aA Hamm MDR 06, 1309; LG Hannover BeckRS 19, 31047), im selbstständigen Beweisverfahren (BGH NJW 04, 1388 [BGH 11.12.2003 - VII ZB 14/03]; aA NJW 11, 1679 [BGH 23.03.2011 - VII ZB 128/09], soweit die Beweisaufnahme beendet ist), bei der Streitwertfestsetzung (BGH NJW 00, 1199 – aber nicht, wenn es um das Nichterreichen der Berufungssumme geht – MüKoZPO/Stackmann vor §§ 239 ff Rz 10), für die Richterablehnung im ausgesetzten Verfahren (BGH NJW 16, 1022 [BGH 13.01.2016 - VII ZR 36/14]) und für die gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit (§ 36), da sie nur vorbereitenden Charakter hat (BGH NJW-RR 14, 248 [BGH 07.01.2014 - X ARZ 578/13] – zu § 36 I Nr 3; BayObLG BeckRS 20, 23939 zu § 36 I Nr 6). Aus dem Begriff ›Hauptsache‹ in § 249 II kann abgeleitet werden, dass alle Nebenverfahren ausgenommen sind (BAG NJW 16, 424 [BAG 24.06.2015 - 5 AZR 462/14]). Für das Zwangsvollstreckungsverfahren finden besondere Vorschriften Anwendung, wie zB §§ 727, 779, § 88 ff InsO, die jedenfalls für ihren Geltungsbereich die §§ 239 ff verdrängen (BGH NJW 08, 3363 [BGH 29.05.2008 - V ZB 6/08] Rz 5 (§ 779); NJOZ 18, 1923; NJW 20, 1143 [BGH 23.10.2019 - I ZB 60/18] Rz 9; 08, 918 – Klauselerteilung). Vollstreckungsschutz nach §§ 719, 707 kann auch während der Unterbrechung gewährt werden (BGH NJW 01, 375).
Rn 2
Für die Familiensachen, die in § 111 FamFG abschließend aufgeführt sind (Zö/Lorenz § 111 FamFG Rz 1), ist in § 113 I 2 FamFG eine Verweisung auf den allgemeinen Teil der ZPO und damit auf die §§ 239 ff enthalten, soweit es um Ehe- und Familienstreitsachen geht (Köln FamRZ 12, 1669). Allerdings sind im FamFG auch Sonderregelungen für Familiensachen bei Tod eines Beteiligten vor dem (rechtskräftigen) Abschluss des Verfahrens getroffen worden. So bestimmen § 131 FamFG für Ehesachen und § 208 für Ehewohnungs- und Haushaltssachen, dass in einem solchen Fall das Verfahren als in der Hauptsache erledigt gilt; eine Erledigungserklärung bedarf es nicht (Zö/Lorenz § 131 FamFG Rz 4; § 208 FamFG Rz 5). Wegen der Kosten bleibt aber in derartigen Fällen das Verfahren anhängig und insoweit gelten die §§ 239, 246 (Schulte-Bunert/Weinreich § 131 Rz 1). Eine weitere Sonderregelung ist für rechtshängige Abstammungsverfahren iSd § 169 FamFG – ebenfalls eine Familiensache – in § 181 FamFG enthalten; dort ist bestimmt, dass bei Tod eines Beteiligten das Verfahren nur fortgesetzt wird, wenn ein Beteiligter dies innerhalb einer Monatsfrist ggü dem Gericht verlangt; ansonsten gilt das Verfahren jedenfalls in der Hauptsache als erledigt und ist nur noch im Bezug auf die Kosten anhängig. § 181 FamFG enthält aber keine Regelung für die Interimsphase zwischen dem Tod eines Beteiligten und der Erklärung bzw. dem Verstreichen der Frist; diese Lücke ist d...