Rn 20
Die Grenzziehung zwischen unzulässigen und zulässigen Modifikationen muss sich in erster Linie daran orientieren, ob im Massengeschäft der Zwangsvollstreckung eine zügige Bearbeitung erschwert wird (vgl BGHZ 200, 145 Rz 41). Vor allem der Wiedererkennungswert muss gesichert sein (Sturm JurBüro 14, 507, 509). Bei den in § 3 II 2, III, IV 1 ZVFV bestimmten Fällen wird die Wiedererkennung nicht beeinträchtigt. Obwohl nach § 3 II 1 ZVFV von der formalen Gestaltung der Formulare im Übrigen nicht abgewichen werden darf, handelt es sich doch auch hier nur um eine Auslegungsbestimmung. Auch nicht ausdrücklich aufgeführte, einer raschen Bearbeitung nicht entgegenstehende, aber den Aufwand der Gläubiger erkennbar verringernde Änderungen sind zulässig. Selbst wenn dies eine zügige Bearbeitung beeinträchtigt, ist zudem eine durch höherrangiges Recht legitimierte Abweichung zulässig.
Rn 21
Zulässig ist nach § 3 I 2 ZVFV eine Anpassung an geänderte Rechtsvorschriften. In diesem Fall können die Formulare geändert oder ergänzt werden.
Rn 22
Drucktechnische Änderungen sind nach § 3 II 2 ZVFV bei gleichbleibendem Papierformat DIN A4 sowie bei unveränderter Reihenfolge und Anordnung der Formularfelder der einzelnen Seiten und Seitenumbrüche unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Erfolgen dürfen gem Nr 1 eine unwesentliche Änderung der Größe der Schrift, nach Nr 2 eine unwesentliche Änderung sonstiger Formularelemente und gem Nr 3 die Verwendung nur der Farben Schwarz und Weiß sowie von Grautönen, soweit die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt wird.
Rn 23
Eine von den Vorgaben abweichende Ausfüllung ist nach § 3 III ZVFV zulässig, sofern für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht. Dann sind auch Anlagen zulässig (LG Wuppertal JurBüro 17, 377). Der Gläubiger wird vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Dann ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt (BGH NJW 16, 81 Tz 12). Dies kommt in Betracht, wenn der Gläubiger die Vollstreckung wegen mehrerer Kostenforderungen nebst Zinsen mit gleicher Zinshöhe, aber unterschiedlichen Zinsläufen betreibt, weil das Formular insoweit keine vollständige und zutreffende Eintragungsmöglichkeit bietet (BGH NJW 16, 2810 Tz 15). In diesem Fall kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden. Auch mehrere Freifelder und Anlagen dürfen verwendet werden. Hervorzuheben ist insb die Berechtigung, bei nicht hinreichend im Formular erfassten Gestaltungen, Anlagen verwenden zu dürfen. Dies gilt auch bei missverständlichen Konstellationen. Soweit das Formular geeignete Eintragungsmöglichkeiten bietet, dürfen keine zusätzlichen Anlagen verwendet werden. Erfolgte Ratenzahlungen und die Anrechnungen müssen nicht angegeben werden (BGH NJW 16, 2668 Tz 13f). Da das Formular die Möglichkeit vorsieht, die bisherigen Vollstreckungskosten zusammengefasst in einer Summe anzugeben, bedarf es keiner zusätzlichen gesonderten Forderungsaufstellung (LG Köln JurBüro 20, 500).
Rn 24
Ein unvollständig ausgefülltes Formular ist nach § 3 IV ZVFV zulässig, soweit die Seiten eingereicht werden, auf denen sich Angaben des Antragstellers befinden. Nicht ausgefüllte Seiten müssen nicht eingereicht werden, wodurch der Papiereinsatz begrenzt wird. Um Zweifel auszuschließen, ob der Antrag vollständig ist, sind diese Seiten auf S 1 des Formulars zu bezeichnen. Fehlt diese optionale Angabe (BRDrs 326/12 S 29), bleibt der Antrag wirksam (Sturm JurBüro 14, 507, 509). Die nicht eingereichten Formularseiten gelten auch in diesem Fall als Teil des Antrags.
Rn 25
Eine Kollision mit höherrangigem Recht ist zu dessen Gunsten aufzulösen. Dies gilt insb, soweit das Gebot des effektiven Rechtsschutzes durch widersprüchliche oder missverständliche Regeln unverhältnismäßig eingeschränkt wird (BGHZ 200, 145 Rz 16). Begrenzt wird die Verordnung nicht erst durch die verfassungsrechtlichen Erfordernisse (Stamm LMK 14, 357260). Vor allem die Anforderungen aus § 829 bilden den Maßstab.