Die Gestaltung einer Netzwerkorganisation betrifft insbesondere den Rahmen, in dem gearbeitet werden soll. Tätigkeiten in einer agilen Organisation sollen möglichst vielseitig wahrgenommen werden. Hier sind sowohl individuelle und ggf. auch kollektivrechtliche arbeitsrechtliche Normen tangiert.
2.1 Direktionsrecht und Arbeitsvertrag
Der Arbeitgeber darf kraft seines gesetzlich begründeten Weisungsrechts die Tätigkeit des Arbeitnehmers bestimmen (§ 106 GewO). Danach hat der Arbeitgeber das Recht, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen und ihn entsprechend der wechselnden betrieblichen Erfordernisse im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages einzusetzen. Ferner darf er im Verlauf des Arbeitsverhältnisses die Leistung des Mitarbeiters konkretisieren. Das Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers gibt ihm demnach die Berechtigung, die Arbeitspflicht durch einseitige Weisungen näher auszugestalten. Er kann die einzelnen vom Arbeitnehmer zu erfüllenden Tätigkeiten, ihre Reihenfolge sowie auch die Begleitumstände, unter denen die Arbeit zu verrichten ist, näher bestimmen.
Eine Grenze bildet allerdings der Arbeitsvertrag: Was darin vereinbart wurde, darf der Ausübung des situativen Direktionsrechts nicht entgegenstehen. Ist der Inhalt der vereinbarten Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag beschrieben (z. B. bei einer Einstellung als Personalreferent, Softwareentwickler oder Marketingleiter), so müssen sich die Weisungen des Arbeitgebers bezüglich des Arbeitsinhalts im Rahmen des derart vereinbarten Berufsbildes bzw. der vertraglich umschriebenen Tätigkeit halten. Noch weniger kann der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts den Inhalt der Arbeitsleistung ausgestalten, wenn bereits die Parteien im Arbeitsvertrag selbst durch eine exakte Bestimmung den Leistungsinhalt fixiert haben. Ob eine derart verbindliche Leistungsbestimmung im Arbeitsvertrag getroffen worden ist, ist im Einzelfall durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln. Hierbei sind alle Begleitumstände in der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen.
2.2 Agile Versetzungsklausel
In den meisten Fällen werden Arbeitsverträge schriftlich geschlossen. Das ist aus Beweis- und Darlegungszwecken zum einen ratsam, zum anderen entspricht es den Vorgaben des Nachweisgesetzes. Unter § 2 Abs. 1 Nr. 5 NachwG findet sich die konkrete Bestimmung, dass ›in der Niederschrift eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit‹ vorzunehmen ist. Oftmals wird hier auch auf Stellenbeschreibungen Bezug genommen.
Regelungspunkte gem. § 2 NachwG
- Name, Anschrift Vertragsparteien
- Beginn des Arbeitsverhältnisses
- Bei Befristung: vorhersehbare Dauer
- Arbeitsort/Hinweis über verschiedene Orte
- Beschreibung/Charakterisierung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des Jahresurlaubs
- Kündigungsfristen
- Hinweis auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind
Entscheidend für die Ausübung des Direktionsrechts ist somit, ob und wie genau im Arbeitsvertrag eine bestimmte Tätigkeit oder Aufgabe bezeichnet ist, für die der Mitarbeiter eingestellt wurde. Entsprechend konkrete Tätigkeitsbeschreibungen oder Bezugnahmen auf Stellenbeschreibungen im Arbeitsvertrag schränken insoweit auf den ersten Blick einen ›agilen Einsatz‹ ein. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, direkt beim Abschluss von neuen Verträgen, die agile Tätigkeit weit zu fassen und sich nicht auf einen bestimmten Einsatz zu beschränken. Im Prinzip entspräche dies einer Versetzungsklausel.
Vorschlag für eine Formulierung im Arbeitsvertrag zum agilen Einsatz:
›Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers eine andere, gleichwertige Tätigkeit oder ein anderes Arbeitsgebiet zu übertragen, soweit dies den Fähigkeiten und Kenntnissen des Arbeitnehmers entspricht, oder auch gleichermaßen den Arbeitnehmer an einem anderen Ort einzusetzen.‹
Klauseln, die die Änderung von Arbeitsbedingungen bzw. eine Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers vorsehen, unterliegen einer Inhaltskontrolle nach den Regelungen des AGB-Rechts (§§ 305 ff. BGB). Da sie in der Regel vom Arbeitgeber vorformuliert sind, soll der Arbeitnehmer hier geschützt werden. Eine vorformulierte Versetzungsklausel muss daher angemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB sein und darf keine Benachteiligung von Mitarbeitern zur Folge haben. Das BAG führt hierzu aus:
Zitat
›Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sich der Arbeitgeber vorbehält, ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung einseitig die vertraglich vereinbarte Tätigkeit un...