Im Blickpunkt
Weniger Bürokratie, mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit, mit diesen Zielen will die Bundesregierung die Arbeitsförderung und die Arbeitslosenversicherung modernisieren. Dazu hat sie nun einen umfangreichen Entwurf (BT-Drs. 20/12779) eines Gesetzes zur Modernisierung der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung (SGB-III-Modernisierungsgesetz) vorgelegt (hib Nr. 589/2024 vom 11.9.2024). In dem Entwurf geht es um die Weiterentwicklung des Vermittlungsprozesses, Vereinfachungen und Entlastungen im Versicherungs- und Leistungsrecht, die Anpassung von Förderinstrumenten und den Ausbau der Förderinstrumente der Bundesagentur für Arbeit. Konkret sieht der Entwurf unter anderem vor, die Eingliederungsvereinbarung im SGB III zu einem Kooperationsplan weiterzuentwickeln, "um den kooperativen Ansatz im Integrationsprozess zu stärken und den derzeit bestehenden praktischen Umsetzungsschwierigkeiten bei der Nutzung der Eingliederungsvereinbarung zu begegnen". Um Gründerinnen und Gründer zu unterstützen, soll der Zugang zur Arbeitslosenversicherung leichter werden, indem Gründer mehr Zeit für die Entscheidung erhalten sollen, ob sie sich weiter in der Arbeitslosenversicherung absichern wollen. Ferner soll die Berechnung des Arbeitslosengeldes vereinfacht werden, indem künftig einheitlich die Abzugsbeträge für die Sozialversicherungspauschale, die Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag berücksichtigt werden, die sich zu Beginn des Jahres ergeben, in dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden ist. Aufwändige Nachberechnungen sollen dadurch vermieden werden. Zur Verbreiterung des Förderspektrums sollen Leistungen des SGB II (Bürgergeld), die sich bei der Integration junger Menschen mit einer Vielzahl an Unterstützungsbedarfen bewährt haben, auch im System des SGB III eingeführt und an dieses angepasst werden. Der Entwurf sieht ferner vor, den Eingliederungszuschuss bei Übernahme von Menschen mit Behinderungen und schwerbehinderten Menschen in ein Arbeitsverhältnis durch den ausbildenden Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Aus- oder Weiterbildung auszuweiten. Auch sollen die Kosten der Unterkunft bei Auszubildenden mit Behinderungen in bestimmten Fallkonstellationen besser berücksichtigt sowie in der Weiterbildungsförderung klargestellt werden, dass der isolierte Erwerb von Grundkompetenzen sowie das Nachholen des Hauptschulabschlusses auch für geringqualifizierte Beschäftigte förderfähig sind. |
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht |
Entscheidungen
BAG: Einrichtungsbezogener Impfnachweis – unbezahlte Freistellung – Annahmeverzug
1. Arbeitgeber konnten in der Zeit vom 15. März bis zum 31. Dezember 2022 aufgrund ihres Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO für die (weitere) Beschäftigung der Arbeitnehmer in den in § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG aF genannten Einrichtungen einen der dort in Abs. 2 aufgeführten Nachweise verlangen (Rn. 24 ff.).
2. Eine solche Tätigkeitsanforderung entsprach grundsätzlich billigem Ermessen, weil der Arbeitgeber sich damit im Rahmen des gesetzlich Vorgesehenen bewegte und lediglich den vom Gesetzgeber mit § 20a IfSG aF primär bezweckten Schutz besonders vulnerabler Personen während der Corona-Pandemie verwirklicht hat (Rn. 35 ff.).
BAG, Urteil vom 19.6.2024 – 5 AZR 249/23
(Orientierungssätze)
Volltext: BBL2024-2227-1 unter www.betriebs-berater.de
BAG: Einrichtungsbezogener Impfnachweis – unbezahlte Freistellung – Annahmeverzug – Entgeltfortzahlung – Abmahnung wegen Nichtvorlage eines Impfnachweises
1. Arbeitgeber konnten in der Zeit vom 15. März bis zum 31. Dezember 2022 aufgrund ihres Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO für die (weitere) Beschäftigung der Arbeitnehmer in den in § 20a Abs. 1 Satz 1 IfSG aF genannten Einrichtungen einen der dort in Abs. 2 aufgeführten Nachweise verlangen (Rn. 25 ff.).
2. Arbeitnehmer, die diese Nachweispflicht nicht erfüllten, waren außerstande, die geschuldete Arbeitsleistung iSv. § 297 BGB zu bewirken. Sie durften ohne Fortzahlung der Vergütung freigestellt werden, ohne dass der Arbeitgeber in Annahmeverzug geriet (Rn. 19 ff.).
3. Wegen der Nichtvorlage eines Impfnachweises iSv. § 20a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 22a Abs. 1 IfSG aF durfte Arbeitnehmern grundsätzlich eine Abmahnung nicht erteilt werden (Rn. 46 ff.).
BAG, Urteil vom 19.6.2024 – 5 AZR 192/23
(Orientierungssätze)
Volltext: BBL2024-2227-2 unter www.betriebs-berater.de
BAG: Prozesskostenhilfe – Erwerbstätigenfreibetrag – Krankengeldbezug
Bezieht ein Prozesskostenhilfeantragsteller Krankengeld, kommt es für einen Abzug des Erwerbstätigenfreibetrags nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b ZPO darauf an, ob in dem für die Gewährung von Prozesskostenhilfe maßgebenden Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis – und damit der für den Freibetrag erforderliche Bezug zur Erwerbstätigkeit – besteht. Allein die Berechnung des Krankengeldanspruchs in Anwendung von § 47 SGB V nach dem zuletzt erzielten Arbeitsentgelt ist nicht ausreichend (Rn. 9 ff.).
BAG, Beschluss vom 12.8.2024 – 4 AZB 8/24
(Orientierungssat...