Im Blickpunkt
Schätzungen zufolge sollen die Verluste bei Steuereinnahmen in der EU durch Gewinnverlagerung von Konzernen bis zu 100 Mrd. Euro pro Jahr betragen. Mit Maßnahmen gegen schädliche Steuerpraktiken will die EU-Kommission dieser Tatsache entgegenwirken und Schlupflöcher im Steuer-Instrumentarium schließen. Nach Auffassung des Europäischen Rechnungshofs haben die EU-Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Steuerregelungen und vor Steuervermeidung durch Unternehmen Lücken. Erste Maßnahmen habe die EU zwar ergriffen, aber mehr auch nicht, weil die Zuständigkeit für die direkte Besteuerung bei den Mitgliedstaaten liege. Gemeinsame Vorgaben zur Leistungsüberwachung gäbe es nicht. Die Prüfer monieren, dass internationale Konzerne zunehmend komplexe Strategien anwenden, um ihre Steuerlast zu verringern, indem sie Lücken und Unterschiede in den Steuersystemen verschiedener Länder ausnutzen. Durch diese aggressive Steuerplanung umgingen die Unternehmen die Steuerzahlungen. Dies führe ferner zu einem unfairen Wettbewerb zwischen Unternehmen und Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission könne nur tätig werden, wenn vermutet wird, dass der EU-Binnenmarkt verzerrt wird. "Schädliche Steuersysteme und Steuervermeidung durch Konzerne sind problematisch, wenn sichergestellt werden soll, dass Steuern dort gezahlt werden, wo Gewinne erzielt werden", so Ildikó Gáll-Pelcz, zuständig für den Bericht des Europäischen Rechnungshofs. "Die Kommission sollte ihre begrenzten Befugnisse in diesem Bereich ausreizen: Sie sollte die vorhandenen Lücken schließen, ihre Leitlinien für die EU-Länder weiterentwickeln, um schädlichen Steuerpraktiken klar Einhalt zu gebieten, und für die rasche Entwicklung eines gemeinsamen Leistungsüberwachungssystems sorgen." In den letzten Jahren seien drei neue EU-Richtlinien erlassen worden, die unter anderem darauf abzielen, EU-weit gemeinsame Vorschriften zur Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken festzulegen. Allerdings sei völlig offen, wie die Vorschriften in der Praxis angewendet werden sollen. Die EU-Kommission achte zwar darauf, dass die Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden, aber es gäbe keinerlei Bewertung, ob die Ziele durch die Richtlinien tatsächlich erreicht werden. Durch eine derartige Evaluation ließe sich überbordende Bürokratie verhindern. Ein guter Gedanke! |
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht |
Entscheidungen
FG Münster: Zum groben Verschulden bei der versehentlich unterlassenen Erklärung einer Sonderausgabe durch einen Steuerberater in eigener Sache
1. Die versehentliche Ablage eines Zahlungsbelegs – hier im Belegordner für 2021 – stellt eine üblicherweise vorkommende Nachlässigkeit, welche bei Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht als grobes Verschulden qualifiziert werden kann (sog. Alltagsversehen), dar. Ein schwerwiegender Sorgfaltsverstoß ist nicht gegeben, weil ein derartiges Versehen in der Hektik des Alltags jederzeit und jedermann passieren kann.
2. Gegen ein grobes Verschulden spricht zudem die besondere Situation, die gerichtsbekannt ist, dass die Angehörigen der steuerberatenden Berufe aufgrund des allgemeinen Fachkräftemangels und der zahlreichen Zusatzaufgaben – insbesondere in der Corona-Pandemie – einer enormen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind.
FG Münster, Urteil vom 30.10.2024 – 4 K 925/23 E
(Leitsätze der Redaktion)
Volltext: BBL2025-21-1 unter www.betriebs-berater.de
FG Hamburg: Schädliche Mitvermietung einer Betriebsvorrichtung im Rahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
Bei einer Paletten-Förderanlage in einer 2-geschossigen Lagerhalle, in der bereits ein Lastenaufzug vorhanden ist, handelt es sich um eine Betriebsvorrichtung, deren Mitvermietung die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausschließt.
Im Streit stand die Anwendung der sog. erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Fall der Vermietung einer Lagerhalle. Die Klägerin vermietete drei miteinander verbundene Lagerhallen, von denen eine eingeschossig und zwei weitere Lagerhallen zweigeschossig sind. Die zweigeschossigen Lagerhallen verfügen sowohl über einen Lastenaufzug als auch eine Paletten-Förderanlage. Der Beklagte versagte aufgrund der Mitvermietung der Paletten-Förderanlage die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, wogegen die Klägerin Klage erhob.
Der 2. Senat wies die Klage ab, da die Klägerin Betriebsvorrichtungen vermiete und deren Mitvermietung nicht ausnahmsweise kürzungsunschädlich sei. Insbesondere sei die Mitvermietung der Paletten-Förderanlage kein unschädliches Nebengeschäft, da sie kein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung sei. Die Rechtsprechung des BFH setze das Merkmal "zwingend notwendig" mit "unentbehrlich" gleich, wobei die Unentbehrlichkeit anhand der Marktlage für vergleichbare Grundstücke festzustellen und bereits zu verneinen sei, wenn die Grundstücksverwaltung und -nutzung zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne dieses Nebengeschäft hätte durchgeführt w...