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BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 9 SB 1/10 R

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Feststellung eines GdB von 50. ausländische Staatsangehörige. langjähriger Aufenthalt in Deutschland. Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft

 

Orientierungssatz

1. § 30 Abs 1 SGB 1 regelt, dass die Vorschriften dieses Gesetzbuchs, also aller Bücher des SGB einschließlich der nach § 68 SGB 1 einbezogenen besonderen Gesetze, für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). § 37 S 1 SGB 1 schränkt dieses Prinzip jedoch dadurch ein, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Letzteres ist für das Schwerbehindertenrecht hinsichtlich der für Dritte verbindlichen Statusfeststellung nach § 69 SGB 9 wegen deren dienender Funktion der Fall (vgl BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R = SozR 4-3250 § 69 Nr 5; BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R = BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6).

2. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es für einen Anspruch auf Feststellung einer Behinderung und des GdB aus, dass dem behinderten Menschen aus der Feststellung des GdB in Deutschland konkrete Vergünstigungen erwachsen können, die keinen Inlandswohnsitz voraussetzen (vgl BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R = SozR 4-3250 § 69 Nr 5; BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R = BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6). Für den Anspruch auf Feststellung eines GdB genügt danach ein sog Inlandsbezug in dem Sinne, dass der behinderte Mensch wegen seines GdB Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen kann.

3. In der Feststellung des GdB auf 50 liegt nicht zugleich die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2 Abs 2 SGB 9, denn diese ist an weitere Voraussetzungen geknüpft (zur Unterscheidung s § 2 Abs 1 und Abs 2, § 69 Abs 1 und Abs 5 SGB 9).

4. Da die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch gemäß § 2 Abs 2 SGB 9 das Vorliegen eines GdB von mindestens 50 und zusätzlich das Innehaben eines rechtmäßigen Wohnsitzes, gewöhnlichen Aufenthalts oder Arbeitsplatzes im Geltungsbereich des Gesetzes voraussetzt, schließt der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (als minus) auch den Antrag auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 ein.

 

Normenkette

SGB IX § 2 Abs. 1, § 69; SGB I § 30 Abs. 1, § 37 S. 1, § 68

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen L 10 SB 45/08)

SG Münster (Urteil vom 20.10.2008; Aktenzeichen S 2 SB 244/07)

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 nach dem Schwerbehindertenrecht.

Die 1978 geborene Klägerin ist chinesische Staatsangehörige. Ihr ist in China die linke Hand amputiert worden. Sie reiste im Juli 2004 nach Deutschland ein. Ihr Aufenthalt wurde zunächst zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylantrages hält sich die Klägerin im Rahmen einer Duldung weiter im Bundesgebiet auf.

Im August 2007 beantragte die Klägerin die Feststellung einer Behinderung sowie Ausstellung eines Ausweises nach dem Schwerbehindertenrecht. Dabei legte sie die seinerzeit gültige Duldung vor. Das Land Nordrhein-Westfalen stellte daraufhin mit Bescheid vom 10.9.2007 (Versorgungsamt Münster) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2007 (Bezirksregierung Münster, Landesversorgungsamt) fest, dass die Klägerin kein schwerbehinderter Mensch iS des SGB IX sei, weil sie keinen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland habe. Denn ihre Abschiebung sei nur vorübergehend ausgesetzt. Auch die Feststellung des GdB setze voraus, dass sich die Klägerin rechtmäßig in Deutschland aufhalte.

Das Sozialgericht Münster (SG) hat den inzwischen zuständig gewordenen Kreis C. nach dem zuletzt von der Klägerin gestellten Antrag unter Aufhebung des entgegenstehenden Verwaltungsaktes verurteilt, den für die Klägerin maßgeblichen GdB ab 6.8.2007 mit 50 festzustellen (Urteil vom 20.10.2008). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die dagegen gerichtete Berufung des Kreises zurückgewiesen (Urteil vom 28.10.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen aufgeführt: Richtiger Berufungsbeklagter sei seit dem 1.1.2008 der sachlich und örtlich zuständige Kreis C. Das SG habe zu Recht entschieden, dass bei der Klägerin ein GdB von 50 festzustellen sei. Die Vorschrift des § 2 Abs 2 SGB IX stehe der Feststellung der Schwerbehinderung nicht entgegen, denn die Klägerin, die sich mit ihrer Familie seit mehr als fünf Jahren, wenn auch nur immer wieder geduldet, im Bundesgebiet aufhalte, habe hier unter Berücksichtigung des Zwecks des SGB IX ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Sie erfülle auch die weiteren Voraussetzungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, was von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt werde.

Gegen dieses Urteil hat ein Prozessbevollmächtigter des Kreises Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens hat die Klägerin erklärt, dass sich ihre Klage gegen den Landrat des Kreises C. richte. Zur Begründung seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Abs 2 SGB IX. Die Klägerin habe - bis heute - keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 2 Abs 2 SGB IX begründet. Die Änderung des Ausländerrechts durch Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) zum 1.1.2005 wirke sich entscheidungserheblich auf die Begründung eines rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthaltes aus. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 1.9.1999 (B 9 SB 1/99 R) langjährig geduldeten Ausländern unter besonderer Berücksichtigung der Zielrichtung des Schwerbehindertenrechts einen rechtmäßigen Aufenthalt zugestanden. Mit der Einführung des § 25 Abs 5 AufenthG habe sich die Rechtslage aber geändert. Danach solle die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt sei. Ausländer, die nach den Maßstäben des BSG gleichzustellen seien, hätten nach dieser Vorschrift in der Regel einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Bei Ausländern, die sich längerfristig im Bundesgebiet aufhielten, jedoch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG erhielten, könne daher davon ausgegangen werden, dass sie nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert seien oder dass eine freiwillige Ausreise in das Herkunftsland möglich sei.

Da die Klägerin lediglich über eine Duldung gemäß § 60a Abs 2 AufenthG verfüge, sei von einem unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen, sodass die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht in Betracht komme. Im Übrigen werde die Auffassung des erkennenden Senats geteilt, dass zwischen der Feststellung der Behinderung nach § 69 SGB IX und der Anerkennung als schwerbehinderter Mensch nach § 2 Abs 2 SGB IX zu unterscheiden sei.

Der Beklagte beantragt,

 die Urteile des Sozialgerichts Münster vom 20.10.2008 und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.10.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

 die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

SG und LSG sind zu Recht davon ausgegangen, dass seit dem 1.1.2008 der Kreis C. passiv legitimiert ist. § 2 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes NRW (= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482 - Eingliederungsgesetz - ≪EingliederungsG≫) hat die den Versorgungsämtern nach den §§ 69 und 145 SGB IX übertragenen Aufgaben auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen. Diese Übertragung ist rechtswirksam erfolgt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteile vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - SGb 2009, 95 und - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1; Urteile vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - juris und - B 9 SB 3/08 R - SozialVerw 2009, 59) verstößt weder die Übertragung der Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung und der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW (vgl § 4 Abs 1 EingliederungsG) noch die Übertragung der Aufgaben des Schwerbehindertenrechts (§ 2 Abs 1 EingliederungsG) auf die Kreise und kreisfreien Städte gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des Grundgesetzes.

Durch diesen Wechsel der Trägerzuständigkeit ist im laufenden Gerichtsverfahren, in dem die Klägerin ein zukunftsgerichtetes Begehren auf Feststellungen nach § 69 SGB IX verfolgt, ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 13 f; BSG Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6 RdNr 13), denn allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger kann die beanspruchte Leistung erbringen oder die beanspruchte Feststellungsentscheidung durch Verwaltungsakt vornehmen.

Die Klage richtet sich zutreffend gegen den Landrat des Kreises C., denn dieser ist nach § 70 Nr 3 SGG iVm § 3 AG-SGG NRW (vom 8.12.1953, GVBl NRW 412, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.1989, GVBl NRW 678) fähig, am sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt zu sein. Zwar ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei dieser Ausgangslage die Klage nicht zwingend gegen den Landrat als Behörde des Kreises zu richten. Zulässig wäre auch, die Klage gegen den Kreis vertreten durch den Landrat zu führen (BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - SozialVerw 2009, 59, RdNr 21 mwN; s auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 70 RdNr 4). Die gegenteilige Auffassung des 8. Senats (s Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14) überzeugt mangels einer dem § 78 Abs 1 Nr 2 VwGO entsprechenden Vorschrift im SGG nicht. Einer vertieften Behandlung dieser Meinungsverschiedenheit bedarf es indes hier nicht, weil die Klägerin im Revisionsverfahren ihre Klage - klarstellend - gegen den Landrat gerichtet hat.

Zutreffend hat das LSG die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Münster vom 28.10.2008 zurückgewiesen, denn das SG hat zu Recht den Bescheid des ehemals zuständigen Landes vom 10.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2007 aufgehoben und den Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 ab 6.8.2007 verurteilt.

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der prozessuale Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines GdB von 50. Das durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten bestätigte Urteil des SG hat den Beklagten ausschließlich zur Feststellung des GdB mit 50 verurteilt. In der Feststellung des GdB auf 50 liegt nicht zugleich die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2 Abs 2 SGB IX, denn diese ist an weitere Voraussetzungen geknüpft (zur Unterscheidung s § 2 Abs 1 und Abs 2, § 69 Abs 1 und Abs 5 SGB IX). Während nach § 2 Abs 1 SGB IX Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, bestimmt § 2 Abs 2 SGB IX Menschen als schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einen Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben. Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen in § 69 SGB IX übernehmen diese rechtsbegriffliche Trennung zwischen Behinderung und Schwerbehinderung. Während nach § 69 Abs 1 SGB IX die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und einen GdB von wenigstens 20 (s § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX) feststellen, bestimmt § 69 Abs 5 Satz 1 SGB IX, dass die zuständigen Behörden auf entsprechenden Antrag des behinderten Menschen "aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale" ausstellen.

Mit ihrem auf Feststellung eines GdB von 50 gerichteten Klageantrag hat die anwaltlich vertretene Klägerin ihre Klage inhaltlich beschränkt. Ursprünglich hatte sie vor dem SG schriftsätzlich beantragt, den Beklagten zur Feststellung ihrer Schwerbehinderteneigenschaft zu verurteilen. Da die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch gemäß § 2 Abs 2 SGB IX das Vorliegen eines GdB von mindestens 50 und zusätzlich das Innehaben eines rechtmäßigen Wohnsitzes, gewöhnlichen Aufenthalts oder Arbeitsplatzes im Geltungsbereich des Gesetzes voraussetzt, schließt der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (als minus) auch den Antrag auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 ein. Nur diesen weniger weit gehenden Antrag hat die Klägerin schließlich in der mündlichen Verhandlung des SG gestellt. Da das dem Antrag der Klägerin entsprechende Urteil des SG allein vom Beklagten angefochten worden ist und die Klägerin auch keine Anschlussberufung eingelegt hat, ist dieser Streitgegenstand im Berufungsverfahren unverändert geblieben. Das Gleiche gilt für das Revisionsverfahren. Der Senat ist demzufolge nicht in der Lage, über die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin zu entscheiden.

Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung ihres GdB richtet sich nach § 2 Abs 1, § 69 SGB IX. Zwar regelt § 30 Abs 1 SGB I, dass die Vorschriften dieses Gesetzbuchs, also aller Bücher des SGB einschließlich der nach § 68 SGB I einbezogenen besonderen Gesetze, für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). § 37 Satz 1 SGB I schränkt dieses Prinzip jedoch dadurch ein, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Letzteres ist für das Schwerbehindertenrecht hinsichtlich der für Dritte verbindlichen Statusfeststellung nach § 69 SGB IX wegen deren dienender Funktion der Fall (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6 jeweils RdNr 22). Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es für einen Anspruch auf Feststellung einer Behinderung und des GdB aus, dass dem behinderten Menschen aus der Feststellung des GdB in Deutschland konkrete Vergünstigungen erwachsen können, die keinen Inlandswohnsitz voraussetzen (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27 f; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6 jeweils RdNr 22 f). Demgegenüber ist § 2 Abs 2 SGB IX - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - hier nicht einschlägig, weil er sich nur auf die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bezieht (vgl dazu auch § 69 Abs 5 SGB IX). Für den Anspruch auf Feststellung eines GdB genügt danach ein sog Inlandsbezug in dem Sinne, dass der behinderte Mensch wegen seines GdB Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen kann.

Ein ausreichender Inlandsbezug ist für die Klägerin allein wegen ihres tatsächlichen langjährigen Aufenthalts in Deutschland ohne Weiteres anzunehmen. Weiterer besonderer Tatsachenfeststellungen bedarf es dazu hier nicht. Zudem ist eine Feststellung dazu, welche konkreten Nachteilsausgleiche, Vergünstigungen oder sonstigen Vorteile, die behinderten Menschen zugute kommen sollen, für die Klägerin in Betracht kommen, nicht erforderlich (s dazu BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8 RdNr 18 - 19).

Mit Recht ist das LSG davon ausgegangen, dass der GdB der Klägerin 50 beträgt. Bei ihr liegt eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 SGB IX vor. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Gemäß § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX gelten dabei die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 22). Dass danach bei der Klägerin schon allein wegen des Verlustes ihrer linken Hand ein GdB von 50 besteht, hat das LSG ohne Rechtsverstoß angenommen (vgl dazu B 18.13 Versorgungsmedizinische Grundsätze, Anlage zu § 2 Versorgungsmedizinverordnung vom 10.12.2008, BGBl I 2412). In tatsächlicher Hinsicht hat das LSG insoweit auf die Feststellungen des SG Bezug genommen (vgl § 153 Abs 2 SGG). Diese Beurteilung wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2351553

SGb 2010, 531

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