1 Leitsatz

Die Einholung und Erörterung von Angeboten ist bei der Vergabe eines Auftrags zur Durchführung von geringfügigen Erhaltungsmaßnahmen nicht erforderlich.

2 Normenkette

§§ 18, 19 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen wie folgt: "Die Gemeinschaft beschließt die Beauftragung der X-GmbH mit den in dem Angebot vom 31.5.2021 aufgeführten Leistungen bezüglich der Erneuerung der Fenster in der Einheit der Wohnungseigentümer K. Die Kosten für diese Maßnahme belaufen sich auf ca. 3.000 EUR. Die Finanzierung erfolgt zunächst über die Erhaltungsrücklage. Im Weiteren werden diese Kosten dann auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nur auf die Wohnungseigentümer K verteilt." K ist der Ansicht, dieser Beschluss widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung, weil es keine weiteren Angebote gebe.

4 Die Entscheidung

Das AG sieht das nicht so! Die Einholung und Erörterung weiterer Angebote sei nur bei der Vergabe eines Auftrags zur Durchführung von nicht nur geringfügigen Instandsetzungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum erforderlich. Der Betrag von 3.000 EUR sei aber geringfügig.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall ist vor allem zu fragen, wann die Verwaltung für eine Erhaltungsmaßnahme mehrere Angebote einholen muss.

Mehrere Angebote und Bagatellgrenze

Das AG meint, mehrere Angebote seien bei "geringfügigen" Instandsetzungsarbeiten unnötig. Dies entspricht einem allgemeinen Denken. Die Einholung (oder der Versuch einer Einholung) von Angeboten ist danach unnötig, wenn der dazu zu betreibende Aufwand im Verhältnis zu dem aus den Vergleichsangeboten zu ziehenden Erkenntnisgewinn nicht gerechtfertigt erscheint (Schultzky, ZWE 2024, 105 (108)). Wo diese "Bagatellgrenze" liegt, ist aber umstritten. Sie pendelt nach manchen Stimmen zwischen 2.000 EUR und 5.000 EUR. Viele meinen auch, die Bagatellgrenze lasse sich aus der Relation der zu erwartenden Kosten, der Größe der Wohnungseigentumsanlage oder der Kostenbelastung des einzelnen Wohnungseigentümers ermitteln.

Beschlussformulierung

Der Beschluss (eigentlich die Beschlüsse) ist im Fall nicht gut formuliert. Besser wäre beispielsweise die folgende Formulierung, wobei das Angebot eine Beschlussanlage sein sollte:

"Beschluss TOP ##"

"Die X-GmbH soll beauftragt werden, die Fenster in der Einheit Nummer ___ (Angabe nach der Teilungserklärung) zu reparieren. Gegenstand des Auftrages sollen die im Angebot der X-GmbH vom 31.5.2021 aufgeführten Leistungen sein. Für die Einzelheiten wird auf dieses Angebot der X-GmbH Bezug genommen (Anlage zu diesem Beschluss)."

"Beschluss TOP ##"

"Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geht davon aus, dass der Werklohn eine Höhe von ca. 3.000 EUR erreicht. Die Kosten für die Vertragserfüllung gemäß TOP ## soll abweichend von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG allein der Eigentümer der Einheit Nummer ___ (Angabe nach der Teilungserklärung) tragen."

"Beschluss TOP ##"

"Die Verwaltung ist berechtigt, die Mittel für die Vertragserfüllung bis zur Verteilung über die Jahresabrechnung der Erhaltungsrücklage zu entnehmen."

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Verwaltung sollte immer den "sichersten Weg" gehen. Wenn möglich, sollten daher auch bei Erhaltungsmaßnahmen, die keine hohen Kosten verursachen, Angebote eingeholt werden. Will man anders verfahren, sollte man sich anweisen lassen, was die Wohnungseigentümer in der konkreten Anlage als "Bagatellgrenze" verstehen wollen.

6 Entscheidung

AG Pinneberg, Urteil v. 28.11.2023, 60 C 37/21

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