Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehrschutz eines Vereins bei ihn betreffenden Veröffentlichungen und Verwertungen seiner Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Die Äußerung, ein Verein sei anerkanntes Sprachrohr für Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, stellt eine Meinungsäußerung dar und überschreitet nicht die Grenze zur Schmähkritik.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004; GG Art. 5
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 20.04.2015; Aktenzeichen 1 O 213/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Limburg - 1. Zivilkammer - vom 20.4.2015, Az. 1 O 213/14, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Dieses Urteil und das Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 12.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten - neben der Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten - Unterlassung und Widerruf einer Passage in der von den Beklagten herausgegebenen Broschüre "A", in der es in Kapitel 3 unter dem Titel "B" heißt:
"... Rassismus, Nationalismus u. Fremdenfeindlichkeit sind tief verwurzelt in unserer Gesellschaft und finden (...) Sprachrohre, sei es der "C" des (...) Abgeordneten D oder Veröffentlichungen des (...) E-Verlags ..."
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 129 bis 131 d.A.). verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagten keinen Unterlassungsanspruch. Zwar könnten grundsätzlich auch juristische Personen zivilrechtlichen Ehrschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt werde. Die in der Broschüre durch die Beklagten gegenüber dem Kläger getätigten Aussagen seien jedoch von der freien Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Der Schwerpunkt der Aussagen der Beklagten liege darin, dass sie dem Kläger unterstellten, Meinungen zu vertreten - oder zumindest unkritisch wiederzugeben -, die rassistische, nationalistische und fremdenfeindliche Inhalte haben. Insoweit handele es sich um ein bloßes Werturteil. Die Worte Rassismus, Nationalismus u. Fremdenfeindlichkeit seien keine feststehenden Begrifflichkeiten, die dem Mittel des Beweises zugänglich seien. Zwar handele es sich um Begrifflichkeiten, die von der weit überwiegenden Mehrheit der Gesellschaft als negativ empfunden würden. Wie die Grenzen rassistischer, nationalistischer und fremdenfeindlicher Gesinnung jedoch konkret gefasst seien, entziehe sich völlig einem gesellschaftlichen Konsens. Hierbei sei es der Bevölkerung auch durchaus bewusst, dass es - je nach politischem Standpunkt - differenzierte Meinungen gebe, welche Ansichten als rassistisch, nationalistisch oder fremdenfeindlich zu werten seien.
In der Aussage liege auch keine unzulässige Schmähkritik. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erlaube auch eine scharfe, auch übersteigerte Kritik. Weder sei erkennbar, dass es den Beklagten vorrangig darum gehe, den Kläger zu beleidigen, noch dass die Kritik aus der Perspektive der Beklagten keinerlei Grundlage habe. Inwieweit diese subjektive Perspektive der Beklagten mit der Perspektive eines durchschnittlichen Bürgers korrespondiere, sei gerade nicht erheblich.
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Gegen dieses ihm am 22.4.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 4.5.2015 eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 17.6.2015 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Entgegen der Auffassung des LG stelle die streitgegenständliche Behauptung, der Kläger fungiere als anerkanntes Sprachrohr des Rechtsextremismus, eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die ihn in seinen Rechten verletze. Die Bezeichnung als Sprachrohr enthalte nicht bloß eine Wertung, sondern vermittle dem unvoreingenommenen Leser den Eindruck, als wäre es Fakt, dass der Kläger als "Sprachrohr" für rechtsextremistische Ideologien fungiere. Ein Sprachrohr stelle nach allgemeinem Verständnis und Sprachgebrauch ein Organ dar, wie z.B. eine Zeitung oder eine Nachrichtenagentur, welches die Meinungen und Wünsche einer Person oder Gruppe nach außen hin vertrete und dementsprechend auch nach dieser Ideologie lebe oder diese zumindest unkritisch und unreflektiert wiedergebe. Die Bezeichnung vermittele dem objektiven Leser demnach den Eindruck, als hätte der Kläger in der Vergangenheit des Öfteren rechtsextremistische Ansichten vertreten bzw. diese verfolgt. Dies sei jedoch nachweislich falsch. Durch die fälschliche Annahme einer unter die freie Meinungsäußerung zu subsumierenden Aussage habe das LG auch unberücksichtigt gelassen, dass derjenige, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstelle, Sorgfaltspflichten zu beachten habe, die sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten richteten, und die für Medien strenger seien als für Privatleute.
Das LG ...