Nach der Entscheidung des OLG Hamburg v. 5.2.2009 (vgl. Rechtsprechungsübersicht März 2009 – S. 6) liegt nun mit der Entscheidung des OLG Karlsruhe v. 19.6.2009 die zweite Entscheidung zu der Frage vor, welche haftungsrechtliche Verantwortung ein Vorstand nach § 26 BGB trägt, wenn der Verein in die Insolvenz steuert.

Konkret geht es um die Anwendung der Vorschrift des Vereinsrechts zur Antragspflicht der Insolvenzeröffnung (§ 42 Abs. 2 BGB) und die Frage, ob diese Regelung abschließend ist oder darüber hinaus der Vorstand auch persönlich analog § 64 GmbHG haftet.

Die Entscheidung

  • Wie bereits das OLG Hamburg, kam auch das OLG Karlsruhe zu dem Ergebnis, dass die Regelungen des Vereinsrechts zur Vorstandshaftung im Falle der Insolvenz abschließend sind und daher nur eine Anwendung des § 42 Abs. 2 BGB in Betracht kommt.
  • Fazit: Die in § 42 Abs. 2 BGB enthaltene Regelung der Haftung des Vorstands bei verzögerter (!) Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weist keine Regelungslücke auf und eröffnet keine ergänzende Anwendung des § 64 GmbHG, mit der Folge, dass der Vorstand zusätzlich noch haften würde, wenn er nach Eintritt der Insolvenz noch Zahlungen zu Lasten der Masse des Vereinsvermögens vornimmt. § 64 GmbHG kann also danach nicht analog zu Lasten eines Vorstands angewendet werden.
  • Merke: Ein Vorstand eines e.V. kann nur dann persönlich mit seinem Privatvermögen haftungsrechtlich herangezogen werden, wenn er den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vereins zu spät (verzögert) gestellt hat (§ 42 Abs. 2 BGB).
  • Bemerkenswert

Das OLG Karlsruhe hat sich zu einem weiteren bemerkenswerten Problem geäußert:

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG), das zum 1.11.2008 in Kraft getreten ist, wurde der neue § 15a InsO geschaffen. Danach müssen die Mitglieder des Vorstands nach § 26 BGB spätestens drei Wochen nach Eintritt der Insolvenzreife einen Insolvenzantrag gestellt haben – wenn dies nicht erfolgt, macht sich der Vorstand strafbar.

AberFür den Verein – so heißt es ausdrücklich in der Begründung zum Regierungsentwurf – werde die Sonderregelung des § 42 Abs. 2 BGB aber beibehalten, die der allgemeinen Vorschrift des § 15a InsO vorgeht. Dem Gesetzgeber ist damit die Sonderstellung des Vereinsvorstands im Insolvenzverfahren durchaus bewusst gewesen, und der § 64 GmbHG war dabei auch im Blickwinkel.

Es müssen also in der Vereinsarbeit beim Thema Insolvenz und Haftung des Vereinsvorstands verschiedene "Ebenen" auseinandergehalten werden:

  1. Insolvenzverschleppungshaftung des Vorstands (§ 26 BGB) nach § 42 Abs. 2 BGB als vorgreifliche Spezialregelung bei der Insolenz eines e.V.
  2. Masseerhaltungspflicht des Geschäftsführers nach Eintritt der Insolvenz nach § 64 GmbHG, die nach der obigen Rechtsprechung nicht für den Vereinsvorstand nach § 26 BGB zur Anwendung kommt.

Strafbarkeit bei verspäteter Antragspflicht nach § 15a InsO, die jedoch auch für den Vorstand nach § 26 BGB nicht zur Anwendung kommt.

 

Fundstellen

OLG Karlsruhe, Urteil v. 19.6.2009, Az.: 14 U 137/07

(Achtung: Revision beim BGH anhängig: Az.: II ZR 156/09).

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