Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 15.09.2011, 31 Wx 363/11

Der Fall

Ein Verein hatte eine umfangreiche Satzungsänderung beschlossen und zur Eintragung beim Registergericht angemeldet. Dieses lehnte die Eintragung wegen zahlreicher Mängel ab. Dagegen legte der Verein Beschwerde ein, die keinen Erfolg hatte.

Die Entscheidung

a) Einfache Satzungsänderungsmehrheit oder Zweckänderung?

Zunächst war unklar, ob es sich bei der Satzungsänderung lediglich um eine einfache Satzungsänderungsmehrheit oder um eine Zweckänderung handelt, für die die Zustimmung aller stimmberechtigten Mitglieder erforderlich gewesen wäre.

Eine Zweckänderung lag in diesem Fall nicht vor, da die beschlossene Satzungsänderung nicht den "Charakter des Vereins als obersten Leitsatz der Vereinstätigkeit" änderte und daher die normale Satzungsänderungsmehrheit nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichend war. Es handelte sich lediglich um die Aufnahme eines Zusatzes innerhalb des Satzungszwecks, nicht um eine Änderung des Vereinszwecks. Konkret ging es um die geografische Eingrenzung der Vereinstätigkeit, die sich jedoch im Rahmen des aus der Auslegung zu ermittelnden Satzungszwecks ergab.

b) Keine Übereinstimmung des vorgelegten Satzungstextes in den unverändert gebliebenen Teilen mit dem Wortlaut der früheren Satzung

Seit der Neufassung des § 71 BGB im Jahr 2009 ist bei einer Satzungsänderung für die Anmeldung eine Abschrift des die Änderung enthaltenden Beschlusses und der Wortlaut der vollständigen Satzung beizufügen. Dabei müssen in dem Wortlaut der Satzung die geänderten Bestimmungen mit dem Beschluss über die Satzungsänderung, die unveränderte Bestimmung mit dem zuletzt eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung und, wenn die Satzung geändert wurde, ohne dass ein vollständiger Wortlaut der Satzung eingereicht wurde, auch mit den zuvor eingetragenen Änderungen übereinstimmen (§ 71 Abs. 1 Satz 4 BGB). Für das Registergericht muss also aus den vorgelegten Unterlagen die "Satzungshistorie" insgesamt erkennbar sein.

Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der eingereichte Satzungstext zeigte, dass der unverändert gebliebene Teil der Satzung nicht mit dem Wortlaut der früheren Satzung des Vereins übereinstimmte.

c) Auch die Vornahme nicht beschlossener rein redaktioneller Änderungen fallen unter den Begriff der Satzungsänderung

Was in der Praxis häufig übersehen wird, zeigte sich auch in diesem Fall: Selbst rein redaktionelle Änderungen erfüllen den Begriff der Satzungsänderung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Im vorliegenden Fall hatte der Verein nach der Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung die Absatznummerierung bei einzelnen Paragrafen der neuen Satzung geändert, ohne dass dies in der Mitgliederversammlung ordnungsgemäß beschlossen worden war. Dies stellt einen Verstoß gegen § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, sodass diese Änderung unwirksam ist und nicht in das Vereinsregister eingetragen werden kann.

d) Pflicht des Registergerichts zur Überprüfung des eingereichten Wortlauts der Satzung

Das Registergericht hatte zu Recht in seine Überprüfung die Frage mit einbezogen, ob der eingereichte Wortlaut der Satzung tatsächlich der aktuellen Satzung entsprach. Denn die Neufassung des § 71 Abs. 1 Satz 3, 4 BGB begründet insofern eine Prüfpflicht des Registergerichts. Nach Sinn und Zweck der Neufassung des § 71 Abs. 1 BGB soll die einzureichende Satzung bzw. Satzungsänderung eine verlässliche Grundlage sowohl für das Registergericht als auch für den in das Register Einsicht Nehmenden sein. Eine solche Funktion setzt die vollständige Überprüfung einer Satzungsanmeldung voraus.

 
Hinweis
  • Mit dem Protokoll der Mitgliederversammlung, in der eine Satzungsänderung beschlossen wurde, muss zusätzlich der vollständige Wortlaut der vollständig neu gefassten Satzung eingereicht werden.
  • Es ist darauf zu achten, dass die beschlossenen Satzungsänderungen in den Text der einzureichenden Satzung vollständig und im Wortlaut analog dem Protokoll der Versammlung übernommen wurden.
  • Der unverändert gebliebene Satzungsteil muss mit dem Wortlaut der derzeit eingetragenen Satzung übereinstimmen. In der Praxis kommt es also darauf an, mit der richtigen Fassung der Satzung zu arbeiten.

Jegliche auch noch so kleine Änderung im Satzungstext erfüllt den Tatbestand einer Satzungsänderung. Dies gilt auch für rein redaktionelle, formale und gliederungstechnische Veränderungen im Satzungstext. Diese können nicht im Nachhinein ohne Beschluss der Mitgliederversammlung vorgenommen werden.

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