1 Der Fall
Das Urteil war in der Fachwelt mit Spannung erwartet worden, jetzt steht es fest: Die Ausbildungsentschädigung im bezahlten Fußball ist verfassungswidrig und schränkt die Freiheit der Berufswahl junger Fußballspieler unzulässig ein.
Das OLG Oldenburg bestätigte mit seinem Urteil v. 10. Mai 2005 (Az.: 9 U 94/04) das erstinstanzliche Urteil des LG Oldenburg v. 29.10.2004 (Az.: 13 O 1195/04) und folgte in seiner Begründung dem Grundsatzurteil des BGH v. 27.9.1999 (Az.: II ZR 305/98).
Daraufhin schloss die GmbH mit dem Verein (freiwillig und einvernehmlich) einen Aufhebungsvertrag, durch den der Wartungsvertrag aus 1988 vorzeitig beendigt wurde.
Das OLG hat keine Revision zum BGH zugelassen, sodass das Urteil rechtskräftig ist und den DFB und seine Landesfachverbände zum Umdenken und zur Änderung der einschlägigen Verbandsregelungen zwingt.
Gegenstand des Rechtsstreits war die Frage, ob § 7b der Spielordnung (SpO) des Niedersächsischen Fußballverbandes (wortgleich mit § 23a der Spielordnung des DFB) gegen das Grundgesetz verstößt und damit nichtig ist (§ 138 BGB). In § 7b ist geregelt, dass ein Fußballverein, der einen so genannten Nicht-Amateur ohne Lizenz unter Vertrag nimmt, jenen Verein, bei dem der Amateur in den letzten fünf Jahren vor dem Wechsel gespielt hatte, eine Ausbildungsentschädigung zu zahlen hat.
2 Das Urteil
Die Klage des abgebenden Vereins gegen den aufnehmenden Verein wurde abgewiesen, da § 7b SpO gegen Art. 12 Grundgesetz verstößt und die Freiheit der Berufswahl des betreffenden Spielers ungerechtfertigt einschränkt. LG und OLG stützten sich dabei auf die Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 1999, die letztlich auf das Bosman-Urteil des EuGH v. 15.12.1995 zurückzuführen ist.
Die Regelungen der Ausbildungsentschädigungen verletzen das Recht der Fußballspieler, ihren Beruf frei zu wählen. Sie wirken wie eine objektive Schranke, denn die Ausbildungsentschädigung ist geeignet, interessierte Vereine von der Beschäftigung der Spieler abzuhalten. Dabei ist es unbedeutend, dass die Wirksamkeit der Arbeitsverträge mit den Spielern von der Zahlung der Entschädigung rechtlich nicht abhängt. Entscheidend ist die faktische Wirkung der Ausbildungsentschädigung.
Das OLG betonte, dass grundsätzliche Bedenken gegen das System der Ausbildungsentschädigung im Fußballbereich bestehen, die sich auch auf andere Sportarten übertragen lassen.
Welche Bedenken sind das?
- Von den Ausbildungsentschädigungen profitieren nur jene Vereine, denen es zufällig gelingt, Spieler bis in den Profibereich zu führen. Die Jugendarbeit aller anderen Vereine bleibt ungefördert. Das Ziel der Förderung der Jugendarbeit wird damit verfehlt, der "Eventualitäts- und Zufallscharakter" dieses "Fördersystems" ist offensichtlich.
- Die Regelung der Ausbildungsentschädigungen dient in Wirklichkeit gar nicht den ideellen Interessen der Jugendarbeit im Fußballsport, sondern in erster Linie den wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Vereine.
- Die Entschädigung bezieht sich in der Regel nicht auf die dem Fußballer zuteil gewordene konkrete Ausbildung.
- Der BGH hat die Pauschalität der Regelungen im Hinblick auf die Verhältnisse der beteiligten Vereine gerügt.
- Das von den Verbänden vorgetragene Argument, dass die Regelung einen sozialen Ausgleich im Verband erreichen soll, da den ehrenamtlichen Trainern und Betreuern im Amateurbereich eine kleine Anerkennung für ihre Arbeit zuteil werden soll, ließ das Gericht nicht gelten. Denn die Regelung bezwecke gar nicht den Sozialausgleich, so das Gericht.
3 Hinweise für den Vorstand
Trotz der derzeit noch geltenden Verbandsregelungen kann sich jeder aufnehmende Verein durchaus auf die obergerichtliche Rechtsprechung zur Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen berufen und die Zahlung von Ausbildungsentschädigungen verweigern.
Abgebende Vereine werden gezwungen sein, sich sehr schnell auf die aktuelle Rechtslage einzulassen, und werden bereits eingeplante Einnahmen aus den Ausbildungsentschädigungen gedanklich ausbuchen müssen.
Wie die Fußballverbände auf dieses Problem reagieren, bleibt abzuwarten.
Einschlägige Rechtsvorschriften
Fundstellen
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OLG Oldenburg, Urteil v. 10.5.2005, Az.: 9 U 94/04 |