Dipl.-Des., Dipl.-Kffr. Gabriele Wach
Umgangssprachlich wird unter dem Begriff "Bildung" häufig das verstanden, was jemand weiß und kann. Im Allgemeinen umfasst er den weitreichenden Prozess der Entwicklung und Entfaltung von Fähigkeiten und Kompetenzen. Diese wiederum befähigen Menschen zu lernen, Leistungspotenziale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und Beziehungen zu gestalten. Bildung ist also der Schlüssel für die persönliche Entwicklung des Menschen.
In der Schule und auch in der Berufsausbildung geht es vor allem darum, Wichtiges im Gedächtnis zu behalten und zu reflektieren. Es geht um logisches Denken und die Fähigkeit, Wissen zu ordnen und miteinander zu verknüpfen. Das, was dann allgemein als Bildung anerkannt wird und der Schule obliegt, ist die sogenannte Allgemeinbildung.
Neben der Lern- und Lebenswelt Schule, Hochschule, Ausbildung und Beruf gibt es aber noch andere Bildungsorte, -prozesse und -möglichkeiten. Diese finden sich dort, wo Freizeit, Kultur und bürgerschaftliches Engagement gelebt wird. Als Bildungsorte jenseits der formalen Bildung gelten zum Beispiel:
- Familie
- Clique/Freundeskreis
- Hobbys, Freizeit, Reisen, internationaler Jugendaustausch
- Familienbildungsstätten
- Alle Arten von Vereinen, Initiativen und Projekten (etwa politischer, kultureller, ökologischer, sportlicher, interkultureller oder konfessioneller Art)
- Jugendverbände, offene Jugendarbeit
- Medien wie Computer und Internet
- Museen, Bibliotheken, Theater
- Kunst- und Musikschulen
- Erwachsenenbildung, VHS-Kurse, Sprachkurse, Nachhilfe
- FSJ/FÖJ, Freiwilligendienste
Unbestritten ist, dass wichtige Lern- und Bildungsprozesse außerhalb des formalen Bildungssystems stattfinden. Zwar werden Bildung und Lernen allgemeinhin immer noch vorrangig Schule, Hochschule und Berufsausbildung zugeordnet, dennoch rücken die außerschulischen Bildungs- und Lernprozesse immer stärker in den Blick von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik. Diese "andere Seite der Bildung" und ihre Potenziale gelten als bedeutende gesellschaftliche Ressource und damit als wichtig und unabdingbar.
Neben der Schule sind "auch die bildungsrelevanten Potenziale und Leistungen anderer Lern- und Bildungsarrangements zu beachten, seien dies etwa die Medien oder die Gleichaltrigen-Gruppen, seien es die Vereine und Verbände oder auch kommerzielle bildungsrelevante Angebote und Lernorte" (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2005).
1.1 Bildungsorte und Bildungsmodalitäten
Formelle/formale Bildung |
Nicht formelle Bildung (nonformal) |
Informelle Bildung |
zielgerichtet, strukturiert, verpflichtend |
weitgehend zielgerichtet, organisiert, freiwillig |
ungeplant, unorganisiert, freiwillig |
eher auf den Erwerb systematischen Wissens ausgelegt |
eher auf den Erwerb systematischen Wissens ausgelegt |
eher Erwerb von handlungsbezogenem Wissen |
Erziehung und Unterricht, berufliche Weiterbildung |
Kurse, Übungsstunden, offene Angebote |
innere und äußere Impulse |
institutionalisiert |
organisiert |
nicht institutionalisiert, ungeplant |
hohe Fremdsteuerung, formale Abschlüsse |
keine formalen Abschlüsse, ggf. Zertifikate |
situativ, Lernen in der Lebenspraxis, kreativ |
Curricular eingebunden, intentional |
intentional |
nicht lernzielorientiert |
Kindergarten, Schule, Hochschule, Unternehmen |
Jugendzentrum, Volkshochschule, Verein |
Familie, Peergroup, Medien, Verein |
Aus der Forschung weiß man, dass Menschen rund 70 Prozent ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen informell erwerben. Ebenso kann informelle Bildung die Aneignung konkreter Wissensinhalte bedeuten, wenn dies nicht in üblichen Bildungs- und Ausbildungssituationen stattfindet.
Im Bildungsbericht Ruhr aus dem Jahr 2012 werden die drei Formen der Bildung folgendermaßen beschrieben.
Formale Bildung: Unter formaler Bildung wird das planmäßig organisierte, gesellschaftlich legitimierte und überprüfte Lernen in besonderen, ganz auf Lehren und Lernen spezialisierten öffentlichen Bildungseinrichtungen nach vorgegebenen Lehrplänen bzw. Curriculae und mit klarer Zielsetzung gefasst. Hierzu gehört das gesamte hierarchisch strukturierte und zeitlich aufeinander aufbauende Schul-, Ausbildungs- und Hochschulsystem mit weitgehend verpflichtendem Charakter und Leistungszertifikaten.
Nonformale (nicht formelle) Bildung: Unter nonformaler Bildung wird jede Form organisierten und geplanten Lernens außerhalb formaler schulischer Institutionen verstanden, die generell freiwilliger Natur ist und Angebotscharakter hat wie etwa Angebote und Kurse der außerschulischen Jugendarbeit oder der Volkshochschulen. Nonformale Bildungsorte sind dementsprechend strukturierte und rechtlich geregelte Institutionen außerhalb des formalen Bildungssystems. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob Angebote in der Schule, die nicht den Charakter von Unterricht haben, eventuell auch als nonformale Bildungsangebote bezeichnet werden müssen.
Informelle Bildung: Der Begriff beschreibt das, was vor, neben und nach Schule, Hochschule und Berufsausbildung an Lernen und Bildung geschieht. Informelle Bildung umfasst ungeplante und – te...