Dipl.-Des., Dipl.-Kffr. Gabriele Wach
Zusammenfassung
Die meisten Menschen durchlaufen auf ihrem Weg von der Kindheit bis ins Rentenalter eine formale schulische und berufliche Ausbildung. Neben dieser formellen (Aus-)Bildung als kognitivem Lernprozess spielt das informelle/nicht formelle Lernen, zum Beispiel in Form von sozialem und emotionalem Lernen, Perspektivwechseln oder der Suche nach spontanen Lösungsansätzen, eine nicht weniger große Rolle. Damit ist Bildung mehr als das Erwerben wesentlicher Kompetenzen für den Arbeitsmarkt. Bildung ist ein lebenslanger Prozess, durch den sich selbstständige, problemlösungsfähige und lebenstüchtige Persönlichkeiten entwickeln können.
Die 4 häufigsten Fallen
1. Vernachlässigung von Bildungsprozessen bei Kindern und Jugendlichen neben der Schule
Wenn Kinder nur durch den Bildungsort Schule auf das Leben vorbereitet werden würden, wären sie zum kläglichen Scheitern verurteilt. Daher müssen auch andere Bildungsprozesse im Verlauf des Aufwachsens sehr viel stärker berücksichtigt werden. Diese sind bislang eher außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung vorhanden, gewissermaßen als "blinder Passagier der Bildungsbiografie", obwohl sie die individuelle Zukunft stärker mitgestalten, als bislang realisiert wurde.
2. Der Verein bleibt als "Bildungsort" unbekannt
Gerade für Kinder und Jugendliche bietet ein Verein mehr als nur Freizeitbeschäftigung. Hier werden – neben dem eigentlichen Vereinszweck (Vereinsziele und -tätigkeit) – gewollt, aber auch zufällig viele Bildungsmöglichkeiten angeboten. Besonders im Bereich der sozialen Kompetenzen wie Selbstbewusstsein, Toleranz, Kreativität, Umgangsformen und Zuverlässigkeit ergeben sich im Verein weitreichende Lern- und Entwicklungschancen.
3. Die Chance auf lebenslanges Lernen im Verein wird nicht genutzt
Besonders im Hinblick auf bürgerschaftliches Engagement finden Bildungsprozesse und der Erwerb von Kompetenzen im Verein statt. Aktivitäten im Erwachsenen- und Rentenalter (zum Beispiel im Ehrenamt) sind somit ein durchaus relevanter Teil lebenslangen Lernens.
4. Bildungs- und Qualifizierungsangebote werden nicht wahrgenommen
Leider werden in Deutschland die Arten des informellen und nicht formellen Lernens (noch nicht) systematisch entwickelt oder ins Bildungssystem eingebunden. Allerdings ist derzeit unter dem Stichwort "Deutscher Qualifikationsrahmen – DQR" im bildungspolitischen Raum eine Entwicklung zu beobachten, die Änderungen im deutschen Bildungssystem und Bildungsverständnis mit sich bringen wird.
1 Bildung ist mehr als Schule und Beruf
Umgangssprachlich wird unter dem Begriff "Bildung" häufig das verstanden, was jemand weiß und kann. Im Allgemeinen umfasst er den weitreichenden Prozess der Entwicklung und Entfaltung von Fähigkeiten und Kompetenzen. Diese wiederum befähigen Menschen zu lernen, Leistungspotenziale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und Beziehungen zu gestalten. Bildung ist also der Schlüssel für die persönliche Entwicklung des Menschen.
In der Schule und auch in der Berufsausbildung geht es vor allem darum, Wichtiges im Gedächtnis zu behalten und zu reflektieren. Es geht um logisches Denken und die Fähigkeit, Wissen zu ordnen und miteinander zu verknüpfen. Das, was dann allgemein als Bildung anerkannt wird und der Schule obliegt, ist die sogenannte Allgemeinbildung.
Neben der Lern- und Lebenswelt Schule, Hochschule, Ausbildung und Beruf gibt es aber noch andere Bildungsorte, -prozesse und -möglichkeiten. Diese finden sich dort, wo Freizeit, Kultur und bürgerschaftliches Engagement gelebt wird. Als Bildungsorte jenseits der formalen Bildung gelten zum Beispiel:
- Familie
- Clique/Freundeskreis
- Hobbys, Freizeit, Reisen, internationaler Jugendaustausch
- Familienbildungsstätten
- Alle Arten von Vereinen, Initiativen und Projekten (etwa politischer, kultureller, ökologischer, sportlicher, interkultureller oder konfessioneller Art)
- Jugendverbände, offene Jugendarbeit
- Medien wie Computer und Internet
- Museen, Bibliotheken, Theater
- Kunst- und Musikschulen
- Erwachsenenbildung, VHS-Kurse, Sprachkurse, Nachhilfe
- FSJ/FÖJ, Freiwilligendienste
Unbestritten ist, dass wichtige Lern- und Bildungsprozesse außerhalb des formalen Bildungssystems stattfinden. Zwar werden Bildung und Lernen allgemeinhin immer noch vorrangig Schule, Hochschule und Berufsausbildung zugeordnet, dennoch rücken die außerschulischen Bildungs- und Lernprozesse immer stärker in den Blick von Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik. Diese "andere Seite der Bildung" und ihre Potenziale gelten als bedeutende gesellschaftliche Ressource und damit als wichtig und unabdingbar.
Neben der Schule sind "auch die bildungsrelevanten Potenziale und Leistungen anderer Lern- und Bildungsarrangements zu beachten, seien dies etwa die Medien oder die Gleichaltrigen-Gruppen, seien es die Vereine und Verbände oder auch kommerzielle bildungsrelevante Angebote und Lernorte" (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2005).
1.1 Bildungsorte und Bildungsmodalitäten
Formelle/formale Bildung |
Nicht formelle Bildung (nonformal) |
Informelle Bildung |
zielgeric... |