Prof. Dr. iur. Rainer Cherkeh
Die dritte Intensitätsstufe umfasst schließlich die (freiwillige) Übernahme sozialer Verantwortung der Organisation, namentlich die Integration ökologischer und sozialer Belange in ihr Handeln (Behringer, a. a. O., Seite 40 mit Verweis auf die Definition für Corporate-Social-Responsibility der Europäischen Kommission; Grünbuch, Brüssel 2001, Seite 7). Ausgegangen wird hier von dem Gedanken, dass nicht alles, was erlaubt oder üblich ist, sich auch ethisch vertreten lässt. Auf dieser Stufe, die das ethische Element besonders betont (Behringer, a. a. O., Seite 45), gehören zum Beispiel die Selbstverpflichtung des Vereins, eine Mindestquote von Behinderten im Hauptamt zu beschäftigen, oder etwa – bezogen auf ökologische Aspekte – nur kontrolliert-biologische Lebensmittel bei Vereinsveranstaltungen zu nutzen. Außerdem fällt jede Form der sich selbst auferlegten Senkung natürlicher Ressourcen darunter (Strom- oder Papierverbrauch; Nutzung der Bahn; Videokonferenzen als Alternative zu Ausschusssitzungen mit Präsenzpflicht). Solche Maßnahmen wirken sich zudem häufig unmittelbar positiv auf die Ausgaben des Vereins aus.
Behringer beschäftigt sich auch mit Untersuchungsergebnissen zu der Frage, inwieweit es sich auf die finanzielle Performance eines Unternehmens auswirkt, wenn es soziale Verantwortung übernimmt. Aus Compliance-Sicht wirke jedenfalls die Auferlegung strengerer Regeln sicherlich risikominimierend und stärke die Reputation. Zudem gelinge dem auch auf dieser (freiwilligen) Stufe vorbildlichen Unternehmen eine bessere Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen und Behörden (Behringer, a. a. O., Seite 46 f.).
Nichts anderes gilt grundsätzlich für Vereine, die – ebenso wie Unternehmen – in verschiedenster Ausprägung ebenfalls im Wettbewerb miteinander stehen. Für ihre Zielgruppe "vorhandene und künftige Vereinsmitglieder" können sie ein wichtiges Identifikationskriterium schaffen, indem sie Wertvorstellungen und Leitbilder formulieren und umsetzen. Ebenso kann der damit einhergehende Glaubwürdigkeits- und Reputationsgewinn eine neue Gruppe von Sponsoren erschließen, denen es nicht nur um die Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens oder seiner Marken geht, sondern auch und gerade um ein positives Image. Denn Sponsoren profitieren davon, wenn sie einen Verein fördern, der sich zum Beispiel besonderen sozialen oder ökologischen Wertvorstellungen verschrieben hat und diese auch glaubwürdig und dokumentiert praktiziert.
Ronald Wadsack und Gaby Wach (Legitimationskapital als Ressource von Sportvereinen. In Sciamus – Sport und Management. 4/2010, Seite 1 ff.) haben soziale, ökologische und andere Aktivitäten eines Vereins, also wesentliche Bestandteile der dritten Stufe der Compliance-Pyramide, treffend als "Legitimationskapital" des Vereins benannt und dieses "als relevante Größe für die Ressourcen und die Führung einer Sportorganisation" beschrieben: "Die Legitimation bzw. das Legitimationskapital drücken die sachlich argumentierte gesellschaftliche Bedeutung des Sportvereins zu einem bestimmten Zeitpunkt aus" (Wadsack/Wach, a. a. O., Seite 5). Dies wiederum beeinflusst unmittelbar die wahrgenommene Reputation desselben.
Legende:
Legitimationskapital und Reputation (Quelle: Wadsack/Wach, a. a. O., Seite 5)
Potenzielle Themenfelder für die gesellschaftliche Legitimation eines Sportvereins sind (nach Wadsack/Wach, a. a. O., Seite 8) neben dem Sportangebot an sich zum Beispiel Fairplay, Prävention von Drogen- und Alkoholmissbrauch oder auch Projekte wie der rauchfreie Sportplatz. Entsprechendes gilt für Vereine mit anderer Zweckrichtung, zum Beispiel Kulturvereine, deren soziale oder ökologische Engagements sich nicht minder auf deren Reputation auswirken können.