1 Vorbemerkung
In vielen Sportvereinen sind innerhalb der Mannschaften, vor allem im Jugendbereich, zu bestimmten Anlässen und Ereignissen Rituale üblich und an der Tagesordnung. Dagegen ist sicher nichts einzuwenden, wenn bestimmte Grenzen eingehalten werden und durch die Übungsleiter und Trainer sowie durch die Vereinsführung überwacht werden. Der Fall eines Realschülers in der 9. Klasse zeigt die Konsequenzen auf.
2 Der Fall
Es ging um einen Fußballverein, in dem es ab der D-Jugend üblich war, zu Geburtstagen sogenannte "Konferenzen" abzuhalten. Dabei musste sich das Geburtstagskind in den Genuss eines Ständchens begeben und nach dem Geburtstagslied durften die Mitspieler auf das Geburtstagskind einschlagen.
Dabei durfte jeder einen Schlag landen. Bereiche unterhalb der Gürtellinie und der Kopf waren tabu. Diese Gelegenheit wurde von den Spielern unterschiedlich intensiv ausgenützt. Wenn sich da Geburtstagskind auf den Boden legte, war das das Zeichen für die anderen, aufzuhören.
Einem Spieler der B-Jugend widerfuhr diese Behandlung in der Dusche. Der angeklagte Realschüler hatte die Gelegenheit, sich an den Geburtstagsschlägen zu beteiligen, verpasst. Als er in die Dusche kam, lag das Geburtstagskind bereits auf dem Boden.
Der Schüler nutzte die Gelegenheit, um auf den Mitspieler zu urinieren. Damit brachte er, den mit dem Geburtstagskind eine herzliche Abneigung verband, auf besondere Art und Weise seine Verachtung zum Ausdruck.
Diese und eine ähnlich respektlose Entgleisung gegenüber Lehrerinnen der Realschule brachten dem Realschüler 20 Tage Jugendarrest ein.
Den Verantwortlichen im Verein waren diese Praktiken bekannt. Die Trainer der Jugendmannschaften hatten aufgrund von gewalttätigen Vorfällen in der Vergangenheit Anweisung, die Mannschaften erst dann allein zu lassen, wenn der letzte Spieler den Kabinentrakt verlassen hatte. Offensichtlich hatten die Anweisungen in diesem Fall nicht gefruchtet, wobei das Aufsichtführen in der Dusche stets ein sensibles Thema ist.
3 Hinweis
Ein Fall wie dieser berührt besonders auch die Fragen der Aufsichtspflicht. Er gibt auch Anlass, auf solche Missstände aufmerksam zu machen und die Übungsleiter und Trainer in diesen Fragen zu schulen und klare Anweisungen zu geben.
Auch die Vorfälle im Ferienlager des Stadtsportbundes Osnabrück auf Ameland im Juli dieses Jahres zeigen, wie schnell Verantwortliche und Aufsichtsführende hier in Schwierigkeiten kommen und welche Konsequenzen aus solchen Vorfällen entstehen können. Dabei geht es nicht zuletzt auch um die Frage des guten Rufs und um das Image des Vereins oder Verbandes oder einer Sportart.
Fundstellen
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AG Solingen, Urteil v. 3.3.2010, Az.: 22 Ls 116/09 |