1 Kernaussage der Entscheidung
Fußballvereine haften für das Fehlverhalten ihrer Fans, wenn diese im Stadion zum Beispiel Pyrotechnik anzünden und dadurch den Spielbetrieb stören.
2 Um was geht es in diesem Fall?
Es ging um ein Spiel der 3. Liga im Jahr 2018, als die Fans von FC Carl Zeiss Jena e.V. bei mehreren Spielen im Fanblock pyrotechnische Gegenstände anzündeten und Gegenstände auf das Spielfeld warfen. Das Sportgericht des DFB belegte den Verein nach der DFB-Rechts- und Verfahrensordnung zunächst mit einer Geldstrafe von 24.900 Euro. Dagegen klagte der Verein ergebnislos über mehrere Instanzen.
3 Wie ist die Rechtslage?
a) Zum Verfahren
Die Entscheidung gegen den Verein war im Rahmen eines Schiedsgerichtsverfahrens nach den Regularien des DFB ergangen. Gegen eine solche Entscheidung eines Schiedsgerichts kann nach § 1059 ZPO nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung gestellt werden. In einem solchen Verfahren können aber nur bestimmte Gründe gegen die Entscheidung eines Schiedsgerichts vorgebracht werden, die in § 1059 Abs. 2 und 3 ZPO geregelt sind.
b) Welche Gründe hat der Verein gegen den Schiedsspruch des DFB vorgebracht?
Im Kern ging es in diesem Verfahren um die Frage, ob der Schiedsspruch des DFB gegen die öffentliche Ordnung (= ordre public) verstößt. Hier handelt es sich um eine spezielle Frage, die nur in einem Verfahren gegen eine Schiedsgerichtsentscheidung zur Anwendung kommt.
Von einem solchen Verstoß spricht man, wenn der Schiedsspruch in einem erheblichen Widerspruch zu grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung steht.
Es findet also im Kern keine umfassende Überprüfung des Schiedsspruchs auf tatsächliche oder rechtliche Richtigkeit statt. Fehlerhafte Schiedssprüche werden von der Rechtsordnung hingenommen, genauso wie rechtskräftige Fehlurteile staatlicher Gerichte. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen das Ergebnis des Schiedsspruchs unerträglich wäre, greift der Grundsatz des ordre public.
c) Wie hat der BGH entschieden?
Der BGH hat entschieden, dass ein solcher Verstoß nicht vorliegt, und dass die Entscheidung des DFB gegen den Verein damit rechtmäßig ist.
Die angegriffene "Geldstrafe" gegen den Verein für das Verhalten seiner Anhänger stellt keine strafrechtliche Sanktion dar. Sie dient nicht der Ahndung und Sühne für begangenes Fehlverhalten des Vereins, sondern soll den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb des Vereins sicherstellen.
Die Sanktion gegen den Verein war also verhängt worden, weil die vom Verein ergriffenen Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um Ausschreitungen seiner Anhänger zu verhindern. Die Sanktion soll also dazu anhalten, dass der Verein künftig alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, um mäßigend auf seine Anhänger einzuwirken und Ausschreitungen zu verhindern.
Die Sanktion des DFB gegen den Verein ist daher nicht als "Strafe", sondern als präventive Maßnahme einzuordnen.
Es handelt sich hier um einen Fall einer verschuldensunabhängigen Haftung des Vereins für seine Mitglieder, vergleichbar der Tierhalterhaftung nach § 833 BGB.
4 Hinweise für die Vorstandsarbeit
Aufgrund der Rechtslage in den Statuten des DFB handelt es sich hier um den Grundsatz: Vereine haften für das Verhalten ihrer Fans.
Die Folge ist, dass ein Verein alles unternehmen muss, dass es durch seine Fans nicht zu einer Beeinträchtigung des Spielbetriebs kommt.
Diese Grundsätze gelten nicht nur im Bereich des Profisports, sondern in sämtlichen Ligen des DFB und betreffen damit alle Vereine, die am Spielbetrieb des DFB teilnehmen.
Grundlage der Entscheidung des DFB war § 90a der Rechts- und Verfahrensordnung:
- Vereine … sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weitere Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich.
- Der gastgebende Verein und der Gastverein ... haften im Stadionbereich vor, während und nach dem Spiel für Zwischenfälle jeglicher Art.
Fundstellen
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Bundesgerichtshof, Beschluss v. 04.11.2021, Az.: I ZB 54/20 |