1 Der Fall
Ein Bundesfachverband hatte seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in eine GmbH ausgelagert. Gesellschafter der GmbH waren der Verband und z. T. die Landesfachverbände. Der Verband hatte der GmbH seine Vermarktungsrechte gegen Gewinnabführungspflichten übertragen. Der Präsident des Verbandes war zugleich Geschäftsführer der GmbH. Es kam zu vermeintlichen Unregelmäßigkeiten hinsichtlich des Arbeitsvertrages des GF und damit zusammenhängender Zahlungen, die ein Landesverband zur Sprache bringen wollte, was ihm jedoch nicht gelang, da seine Anträge regelmäßig nicht auf die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung der GmbH und des Verbandstages genommen wurden. Daraufhin informierte der Landesverband die anderen Mitglieder des Bundesverbandes über die Unregelmäßigkeiten und gab entsprechende Zahlen aus der GmbH weiter.
Die GmbH klagte daraufhin gegen den Landesverband auf Unterlassung, mit der Begründung, dass dieser nicht berechtigt sei, Interna und vertrauliche Informationen als Gesellschafter an Außenstehende weiter zu geben.
2 Das Urteil
Kernfrage in diesem Urteil war das Spannungsfeld zwischen der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Landesverbandes als Gesellschafter der GmbH und dem vereinsrechtlichen Informationsrecht als Mitglied des Bundesfachverbandes.
Ausgangspunkt: Jeder Gesellschafter einer GmbH hat gem. § 51 a GmbH gegenüber der GmbH einen sehr weit gehenden Informationsanspruch und unterliegt dem Gegenüber einer verstärkten Verschwiegenheitspflicht.
Die Weitergabe von Interna der Gesellschaft an außenstehende Dritte ist danach grundsätzlich pflichtwidrig.
Die Besonderheit des Falles liegt nach Auffassung des BGH jedoch darin, dass die anderen Landesfachverbände, die nicht Gesellschafter der GmbH waren, nicht als fremde Dritte anzusehen sind. Denn sämtliche Landesverbände waren Mitglied des Bundesverbandes und damit auch Mitglieder des obersten Organs des Hauptgesellschafters der GmbH, nämlich der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes.
Allen Mitgliedern eines e. V. steht in der Mitgliederversammlung nämlich ein Auskunftsrecht nach §§ 27 Abs.3 i.V.m. 666 BGB gegenüber dem Vorstand des Bundesverbandes über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des e. V. zu. Hierzu gehören im vorliegenden Fall auch und gerade die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH, die eine Tochtergesellschaft des Bundesverbandes ist.
Dieses umfassende Informationsrecht der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes findet seine Grenzen nur in einem im Einzelfall berechtigten Geheimhaltungsinteresse des Verbandes zur Abwehr einer zu besorgenden wenn dadurch nicht unerhebliche Nachteile drohen. Ein solches Geheimhaltungsinteresse lag hier jedoch nicht vor.
3 Hinweise für den Vorstand
- Die Grundsätze dieses BGH-Urteils gelten für jeden e. V.
- Jedem Mitglied eines e. V. steht gegen den Vorstand auf der Mitgliederversammlung ein Auskunftsrecht nach §§ 27 Abs.3, 666 BGB über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des e. V. zu.
- Einem solchen vereinsrechtlichen Informationsrecht der Mitglieder unterliegen grundsätzlich auch die Angelegenheiten der auf andere Rechtspersonen ausgelagerten Teile des Vereins, soweit sie für den e. V. von Bedeutung sind.
- Dieses Informationsrecht findet seine Grenze nur dann, wenn eine Gefahr für den e. V. etc. zu befürchten ist.
In der Praxis ist sehr oft festzustellen, dass Vorstände nicht sehr geneigt sind, im Rahmen der Mitgliederversammlung Auskunft zu geben. Diese Haltung ist verständlich, entspricht aber nicht der Rechtslage.
Die Verweigerung kann soweit gehen, dass der Verein gegen den Vorstand eine Auskunftsklage erheben muss, um wichtige Informationen zu erhalten.
Einschlägige Gesetzesstellen
Fundstellen
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BGH, Urteil v. 11.11.2002, Az.: II ZR 125/02 |