1 Der Fall
Die Beklagte erklärte im Herbst 1998 ihren Austritt aus dem klagenden Verein, der nach den Regelungen der Satzung zum 31.12.1999 wirksam wurde. Im Herbst 1999 offenbarte die Vereinsführung ein erhebliches Defizit in der Kasse. Die Mitgliederversammlung beschloss zur Deckung dieses Defizits Mitte Dezember 1999 die Erhebung einer Sonderumlage, die nach dem Text des Beschlusses "bis spätestens 31.1.2000" zu zahlen war.
Die Beklagte weigerte sich unter Hinweis auf ihren Vereinsaustritt, die Sonderumlage zu bezahlen.
2 Das Urteil
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Sonderumlage hatte.
Der Beschluss der Mitgliederversammlung im Dezember 1999 basierte auf einer ausreichenden Satzungsgrundlage und wurde wirksam gefasst, sodass er insoweit nicht zu beanstanden war.
Knackpunkt war jedoch die Frage der Fälligkeit der beschlossenen Sonderumlage. Nach der o. a. Formulierung war die Umlage zum 31.1.2000 fällig. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte aber nicht mehr Mitglied des Vereins, denn sie hatte bereits im Oktober 1998 wirksam ihren Austritt zum 31.12.1999 erklärt.
Ein Verein kann ein ausgeschiedenes Mitglied zur Leistung von Beiträgen nicht mehr heranziehen, die die Mitgliederversammlung zwar während der Zugehörigkeit des Mitglieds zum Verein festsetzt, die aber erst zu einem Zeitpunkt fällig gestellt werden, in dem das Mitglied bereits ausgeschieden ist.
Mit Wirksamkeit des Austritts des Mitglieds aus dem Verein ist die Mitgliedschaft beendet und die Pflichten des Mitglieds erlöschen damit zu diesem Zeitpunkt.
Satzungsbestimmungen und Beschlüsse der Mitgliederversammlung können deshalb ein Mitglied nach Wirksamwerden des Ausscheidens nicht mehr binden oder verpflichten.
Nach der Rechtsprechung kommt es also allein auf zwei Kriterien an:
- Liegt ein wirksamer Beschluss des zuständigen Organs vor, der das Mitglied vor seinem Austritt aus dem Verein bindet? und
- Liegt die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung noch vor dem Wirksamwerden des Austritts?
3 Hinweise für den Vorstand
Der Fall bestätigt die bisherige Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage der Pflichten des Mitglieds im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Verein. Diese Aspekte werden in der Praxis häufig übersehen, da Vereine sehr nachlässig mit diesem Thema umgehen.
Oft ist gar nicht klar, ob das Mitglied wirksam gekündigt hat und zu welchem Zeitpunkt und in diesem Zusammenhang wird nicht geprüft, welche Forderungen des Vereins gegen das ausscheidende Mitglied noch offen sind.
Besonders häufig treten diese Probleme in Mehrspartenvereinen auf, in denen die Leitung des Vereins naturgemäß häufig gar nicht mitbekommt, dass ein Mitglied den Verein verlassen hat. Dies hat dann zur Folge, dass der Verein oft auf seinen Forderungen sitzen bleibt, vor allem auch dann, wenn diese nicht beigetrieben werden. In soweit verletzt dann aber der Vorstand seine Geschäftsführungspflichten gegenüber dem Verein kann sich schadensersatzpflichtig machen.
Ein anderer Aspekt des Falles ist die Frage der Beschlussfassung von Beitragserhöhungen oder der Erhebung einer Umlage im Verein. Wie der Fall zeigt, kommt es entscheidend darauf an, die Fälligkeit der beschlossenen Beitragsforderung rechtlich eindeutig zu fassen. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- Die Fälligkeit des neuen Beitrages ist durch die Satzung vorgegeben und sollte klarstellend in den Beschluss aufgenommen werden oder
- Die Fälligkeit ist nicht geregelt und muss daher durch Beschluss der Mitgliederversammlung geregelt werden.
Spätestens der Versammlungsleiter muss unbedingt darauf achten, dass die Formulierung des Beschlusses insoweit eine eindeutige Regelung enthält.
Der Verein bzw. der Vorstand kann damit durch die Beschlussfassung steuern, wann die Mitglieder den neuen Beitrag an den Verein zu leisten haben. Um hier den Mitgliedern zuvor zukommen, die sich durch Austritt aus dem Verein ihrer Beitragspflicht entziehen wollen – was nie auszuschließen ist – sollte vor der Beschlussfassung durch einen Blick in die Satzung geprüft werden, wie die Kündigungsfristen und Austrittsmodalitäten des Vereins sind und dann die Fälligkeit entsprechend vor die nächste Austrittsmöglichkeit gelegt werden.
Fundstellen
• |
OLG Schleswig, Urteil v. 6.2.2003, Az.: 11 U 83/01 |