Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Wie-Beschäftigung. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Vereinsmitglied. mitgliedschaftliche Verpflichtung. Begleitung eines Umzugswagens. Ordnerfunktion
Orientierungssatz
Verrichtungen, die aufgrund im Wesentlichen mitgliedschaftlicher Verpflichtungen zu einem Verein geschehen, sind nicht nach § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7 versichert, da es an einem arbeitnehmerähnlichen Abhängigkeitsverhältnis fehlt (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 68/84 = BSGE 59, 284).
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der Ehemann der Klägerin, Herr S. (im Folgenden: Verstorbener), nahm am … 2008 an einem Fackelumzug, den die Narrenzunft G. e.V. veranstaltete, teil und verunglückte dabei tödlich. Er war Mitglied des an dieser Veranstaltung teilnehmenden Tauziehvereins D. e.V.
Die Veranstaltung wurde von der zuständigen Behörde, dem Landratsamt B., mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 mit der Auflage genehmigt, dass der Veranstalter ausreichendes Ordnungspersonal bereitstellen müsse. Zusätzlich seien vom Veranstalter für jede Fahrzeugkombination zwei Zugordner zur Begleitung und Aufsicht einzusetzen. Durch diese Begleitpersonen oder durch eine technische Sicherung müsse gewährleistet sein, dass keine Person zwischen Zugfahrzeug und Anhänger gelangen könne. Auf dem Meldebogen der Narrenzunft G. e.V. war vermerkt, dass pro Großwagen mindestens zwei Begleitpersonen (aus der eigenen Gruppe) vorhanden sein müssten, die neben dem Fahrzeug zu gehen und auf die Sicherheit der Teilnehmer und Zuschauer zu achten hätten. In seinen Umzugsrichtlinien verfügte der Verein zudem, dass jede Narrenzunft, Fußgruppe, Kleinwagen und insbesondere die Großwagen, die an den Umzügen teilnähmen, mindestens zwei Personen der Gruppe bestimmen müssten, die neben der Gruppe bzw. dem Wagen herliefen.
Der Verstorbene begleitete beim Umzug den vom Tauziehverein D. e.V. gestalteten Großwagen. Er lief neben dem Wagen her, welcher im Schritttempo bei der Veranstaltung fahren sollte. Im Bereich einer engen Kurve hielt der Verstorbene einen zu geringen Abstand zum Wagen, wurde von diesem erfasst und tödlich verletzt. Im Rahmen der Obduktion wurde beim Verstorbenen eine Blutalkoholkonzentration von 1,81 Promille festgestellt.
Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 21. Mai 2014 das Unfallereignis des Verstorbenen bei der Beklagten als Arbeitsunfall und begehrte Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Tauziehverein D. e.V. teilte mit Schreiben vom 23. Juli 2014 mit, dass eine Teilnahme an den Umzügen freiwillig gewesen sei. Der Verstorbene habe sich freiwillig dazu entschlossen, am … 2008 als Ordner am Wagen beim Nachtumzug in G. zu laufen.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Ereignisses vom ... 2008 ab. Der Ehemann der Klägerin sei nicht in Folge eines Arbeitsunfalles verstorben. Der Ehemann sei am ... 2008 weder Beschäftigter des Tauziehvereins D. e.V. gewesen noch für diesen wie ein solcher tätig geworden. Die zum Unfall führende Tätigkeit habe sich vielmehr als Ausfluss seiner mitgliedschaftlichen Verbundenheit mit dem Verein dargestellt. Tätigkeiten, die im Rahmen der Vereinsmitgliedschaft ausgeführt würden, stünden nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 6. März 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass der Verstorbene als Streckenposten für den Verein G. e.V. tätig gewesen sei. Die Verpflichtung Streckenposten aufzustellen, habe den Veranstalter getroffen.
Der Tauziehverein D. e.V. teilte auf weitere Nachfrage mit, dass der Verstorbene nicht als Streckenposten eingesetzt gewesen sei, sondern als Ordner für den Tauziehverein. Er sei nur für seinen eigenen Verein verantwortlich gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2015 zurück. Auf Nachfrage beim Tauziehverein D. e.V. habe sich herausgestellt, dass der Verstorbene nicht als Streckenposten eingesetzt gewesen sei, sondern als Ordner die Aufgabe gehabt habe, den Großwagen zu begleiten. Nach Zeugenaussagen habe sich der Ehemann der Klägerin freiwillig entschlossen, als Absicherung neben dem Umzugswagen zu laufen. Ob es sich bei der zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Tätigkeit um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gehandelt habe, sei zudem unwahrscheinlich. Denn nach der Rechtsprechung seien Tätigkeiten im Rahmen vereinsmitgliedschaftlicher Verpflichtungen nicht arbeitnehmerähnlich, da die Erfüllung des Vereinszwecks im Vordergrund stehe. Hierzu gehörten einerseits Tätigkeiten, die ein Verein von seinen Mitgliedern erwarten könne und d...