1 Der Fall

 

Laut der Satzung eines Vereins in Bayern besteht eine zweiwöchige Ladungsfrist für die Mitgliederversammlung. Am Freitag, den 05.01.2007, wurde die Einladung zur Versammlung am 21. Januar 2007 an die Mitglieder versandt. Diese kam jedoch aufgrund des Feiertages am Samstag (06.01. Heilige Drei Könige in Bayern) bei einigen Vereinen erst am Montag, den 08.01.2007, an.

Daraufhin teilten zwei Mitglieder dem Vorstand schriftlich mit, dass die Mitgliederversammlung nicht satzungsgemäß geladen wurde.

Wie kann der Vorstand vorgehen? Gibt es eine Möglichkeit, die Versammlung trotzdem abzuhalten?

2 Die Lösung

Satzungsverstoß kann nicht geheilt werden

Leider wurde hier ein Satzungsverstoß begangen, da die Ladungsfrist nicht eingehalten wurde. Bei Nichteinhaltung dieser Schutzvorschrift der Satzung liegt nämlich ein sog. Einberufungsmangel vor, der ggf. zur Unwirksamkeit der von der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse führen kann. Dies ist auch zu erwarten, da bereits im Vorfeld zwei Mitglieder den Satzungsverstoß gerügt haben und die Beschlüsse im Zweifel anfechten werden, zumal, wenn bekannt ist, dass es vereinsinterne Probleme gibt.

Bei der Einberufung sollte daher der Vorstand akribisch darauf achten, dass die Formalien der Satzung eingehalten werden. Besonders ist darauf zu achten, dass alle Mitglieder – also auch die nicht stimmberechtigten – form- und fristgerecht geladen werden.

Nicht verschwiegen werden soll, dass die Rechtsprechung bei der Frage der Unwirksamkeitsfolge nicht einheitlich ist. Es besteht daher für den Verein ein erhebliches Prozessrisiko, auf das sich ein Vorstand nicht einlassen sollte.

3 Grundsätze der Rechtsprechung

Bestimmt die Satzung des e.  V. eine Frist für die Einberufung der Mitgliederversammlung, beginnt diese Frist zu dem Zeitpunkt, an dem mit dem Zugang der Einladung an alle (!) Mitglieder gerechnet werden kann. Die Einladung muss also rechtzeitig zur Post gegeben werden, damit der Post nach dem gewöhnlichen Gang der Dinge genügend Zeit bleibt, die Einladungen zuzustellen. Auf den tatsächlichen Zugang bei jedem einzelnen Mitglied kommt es insofern nicht an.

Wird das Einladungsschreiben rechtzeitig eingeworfen, darf der Verein nach Auffassung des OLG München (Urteil v. 11.05.2015, Az.: 31 Wx 123/15) damit rechnen, dass es am nächsten Tag zugestellt wird. Die Beweislast, dass die Einladung zu spät zugestellt wurde – mit der Folge, dass bei der Mitgliederversammlung vorgenommene Beschlüsse deshalb unwirksam sind – liegt beim Mitglied. Der Verein kann die rechtzeitige Einlieferung mit dem Postbeleg und mit Zeugen nachweisen.

Maßgeblich ist die normale Laufzeit für formlos versandte Briefe, die innerhalb Deutschlands einen Tag beträgt. Dies setzt jedoch voraus, dass die Sendungen zu einem bestimmten Zeitpunkt beim Absenderpostamt abgegeben sein müssen. Wann Sendungen einen Empfänger in einem bestimmten Postleitzahlenbereich erreichen, ergibt sich aus www.deutschepost.de.

Bei werktags aufgegebenen Postsendungen darf der Absender deshalb grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese innerhalb des Bundesgebietes am nächsten Werktag den Empfänger erreichen (BGH, Beschluss v. 19.06.2013).

4 Wie muss die Frist berechnet werden?

Die Satzung sieht eine Ladungsfrist von zwei Wochen vor. Für die Berechnung der Ladungsfrist gilt:

Auszugehen ist – wenn die Satzung nichts anderes regelt – nicht von der Absendung der Einladung an die Mitglieder, sondern von dem Tag, an dem die Postsendung bei normalem Postlauf den Empfänger erreicht.

Nach der Rechtsprechung wird die Zustellung im Vereinsrecht – analog dem GmbH-Recht – mit zwei Tagen angenommen. Dies gilt vor allem auch bei Einladungen durch gewöhnlichen Brief. Die satzungsmäßige Frist beginnt – sofern die Satzung nichts anderes bestimmt – erst an dem Tag, an dem die Einberufung und Ladung bei normalem Zustellverlauf dem letzten Mitglied zugeht (Rechtsprechung des BGH).

Die satzungsmäßige Frist berechnet sich dann nach den §§ 186 ff. BGB.

Sie ist vom Tag der Mitgliederversammlung rückwärts zu berechnen, denn nach § 187 Abs. 1 BGB ist der Tag der Mitgliederversammlung nicht mitzurechnen.

Soll also die Mitgliederversammlung am Sonntag, den 21.01.2007, stattfinden, so muss die schriftliche Einladung spätestens am Samstag, den 06.01.2007, den Mitgliedern zugehen (§ 188 Abs. 2 BGB).

Aber: Samstag, der 06.01.2007, war in Bayern ein Feiertag, sodass dieser Tag nach § 193 BGB nicht zählt, und die Zwei-Wochen-Frist nach dieser Vorschrift erst am Montag, den 08.01., zu laufen beginnt, damit ist aber die Zwei-Wochen-Frist nach der Satzung nicht mehr erfüllt.

Fazit: Die Zwei-Wochen-Frist beginnt damit am Freitag, den 05.01.2007, der Verein hätte also die Einladungen für die MV am 21.01. spätestens am Mittwoch, den 03.01.2007, versenden müssen.

5 Alternativ: War der Ladungsfehler relevant?

Kann ein e.  V. nachweisen, dass der Beschluss auch bei Anwesenheit nicht geladener Mitglieder nicht anders ausgefallen wäre, ist der Beschluss trotzdem wirksam. Dafür genügt aber nicht das bloße Zahlenverhältnis bei der Stimmauszählung. Auch die mögliche Einflussnahme eines Mitglieds auf das Abstimmverhalten durch Teil...

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