Zusammenfassung
Selten stehen die Kandidaten für die Führungsarbeit im Vorstand Schlange. Häufig kann deshalb keine echte Wahl stattfinden. Das Ringen um Kandidaten – noch dazu geeignete – ist eine echte Herausforderung. In der Realität wird im Vorfeld der Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl Druck auf den Amtsinhaber ausgeübt, sich der Wiederwahl zu stellen. Durch Loben ("Einen Besseren als dich werden wir nicht finden!"), Hinweise auf eine Kontinuität ("Du hast doch jetzt so viel aufgebaut, das muss doch in deinem Sinne weitergeführt werden!") oder Nötigung ("Wir finden doch eh keinen Nachfolger, dann können wir den Verein gleich zumachen.") wird Einfluss auf die Entscheidung des Kandidaten genommen. So makaber es sich lesen mag: Krankheit ist das beste Gegenargument, um sich diesem Druck zu entziehen.
Im Extremfall wird es dazu führen, dass eine Vorstandsfunktion nicht besetzt werden kann. Die Führung des Vereins reduziert sich auf eine Verwaltung, wichtige Entscheidungen kommen nicht voran. Oder es stellt sich aus vermeintlicher "Vereins-Raison" ein Kandidat zur Verfügung, von dem eigentlich alle wissen, dass er fachlich und zeitlich keine optimale Besetzung ist. Allen Beteiligten ist so nicht wirklich geholfen. Das kann nicht die Form einer weitsichtigen Vereinsführung sein.
Die 4 häufigsten Fallen
1. Der Vorsitzende geht – alles war auf ihn zugeschnitten
Aus gesundheitlichen Gründen muss der Vorsitzende zurücktreten. Er hat den Verein lange Zeit mit viel persönlichem Einsatz geführt. Das Wissen über das Vereinsgeschehen ist weitgehend in seinem Kopf. Die vielen Kontakte "des Vereins" sind sehr persönlich auf ihn zugeschnitten. Der "ins kalte Wasser" geworfene Nachfolger muss die Lücken füllen und viel Arbeit aufwenden, um den Verein am Leben zu erhalten.
2. Alle verlassen sich darauf: "Der macht’s doch wieder"
22 Jahre hat Wolfgang K. den Verein geführt. Die Mitglieder haben sich daran gewöhnt, dass diese Funktion "schon immer der Wolfgang macht!". Bisher konnte er noch immer vor der Wahl zu einer weiteren Kandidatur gedrängt werden. Nun wird es ernst und es findet sich kein Nachfolger für das Amt des Vereinsvorsitzenden. Der Vorstand ist nicht mehr vollständig.
3. Der neue Vorstand wird zum "Informationsdetektiv" degradiert
Endlich ist ein neuer Vorstand gefunden. Nur hat er keine vernünftigen Unterlagen zu den wichtigen Vereinsprozessen (Protokolle, Urkunden, Kassenführung). Die Führungsarbeit erweist sich als Stochern im Nebel. Fehler in der Arbeit und Frustration der neuen Mandatsträger sind die Folge.
4. Durch seine Arbeit unentbehrlich – und jetzt geht er doch!
Durch das Engagement des Vereinsvorsitzenden hat sich der Verein prächtig entwickelt. Allerdings ist die Aufgabe des Vorsitzenden auch zu einem Vollzeitjob geworden. Einen Nachfolger zu finden, der in diese Fußstapfen treten mag, wird fast unmöglich sein.
1 Die Nachfolgeplanung ist für die Vereinsführung Pflicht
Um einen Verein am Leben zu erhalten, benötigt er heute eine kontinuierlich funktionierende und strategische Vereinsführung ("Wo soll der Verein im Jahr × stehen?"). Diese Betrachtung hat nicht nur einen Wahlzyklus, sondern einen angemessenen Entwicklungszeitraum für den Verein von etwa fünf Jahren im Blick.
Die operative Vereinsarbeit zur Erfüllung der aktuellen Anforderungen an den Verein ist die Basisverpflichtung. Die daran orientierte Besetzung der Vorstandsämter ist für die Wahrnehmung der operativen und strategischen Aufgaben notwendige Voraussetzung. Dazu gehören motivierte und kreative Menschen, die bereit sind, diese Aufgabe zu übernehmen. Das verlangt eine Reihe von Grundsätzen.
1.1 Klarheit in der Ehrenamtskultur
Es muss im Verein klar sein, dass eine Amtsübernahme keine Festlegung für die eigene restliche Lebenszeit ist. Die Vereinskultur muss dahingehend entwickelt werden, dass der Wechsel nach ein oder zwei Amtsperioden der Normalfall ist. Es muss deutlich werden, dass dies nicht Misstrauen oder Geringschätzung der Amtsinhaber bedeutet, sondern dem solidarischen Anspruch des Vereinslebens entspricht, dass auch die Vorstandsfunktionen wechselseitig zu besetzen sind. Es darf sich keine Kultur entwickeln, die ein "der macht das schon" im Zentrum hat. Ein "irgendwann muss ich auch ein Amt übernehmen" ist da viel hilfreicher. Die mit Qualität geregelte Nachfolge muss der abschließende Erfolg der amtierenden Vereinsführung sein.
Der amtierende Vorstand kann viel zu einer gesteigerten Bereitschaft anderer Vereinsmitglieder beitragen, selbst ein Mandat zu übernehmen. Dazu gehört vor allem eine transparente Vereinsführung. Möglichst viele Mitglieder sollten dabei das Gefühl gewinnen, im Zweifelsfall gut genug informiert zu sein, um jederzeit auch im Vorstand "einzuspringen".
1.2 Klarheit in der Aussage zur Amtsdauer
Der Amtsinhaber muss sich darüber im Klaren sein, dass er die Signale aussendet, welche die Ernsthaftigkeit des Wechsels in der ehrenamtlichen Arbeit erkennen lassen. "Ja, haben wir denn einen Nachfolger?" oder: "Das will doch eh keiner machen!" sind die falschen Signale. "Zum nächsten Wahltermin gebe ich das Amt ab!" ist die klare und einzuhaltende Ansage zu d...