Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss v. 16.05.2017 (Az.: II ZB 7/16) zu diesem Thema eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen und die Streitfragen der letzten Jahre geklärt.
Es geht im Kern um die für jeden Verein wichtige Frage, ob und inwieweit sich ein e. V. als sog. Idealverein (§ 21 BGB) auch unternehmerisch/wirtschaftlich betätigen darf.
Der BGH hat die Anordnung der Löschung eines Kindertagesstätten betreibenden Vereins im Vereinsregister aufgehoben in diesem konkreten Fall. Die Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig i. S. d. Steuerrechts (§§ 51 ff. AO) indiziert, dass ein Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Hauptzweck ausgerichtet ist.
Voraussetzung einer Löschung eines e. V. aus dem Vereinsregister ist, dass der Zweck des beteiligten Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Das ist bei dem beteiligten Verein trotz des Betriebs mehrerer Kindertagesstätten nicht der Fall. Zwar handelt es sich bei dem Betrieb der Kindertagesstätten um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Dieser Geschäftsbetrieb ist aber dem ideellen Hauptzweck des Vereins zugeordnet und fällt deshalb unter das sog. Nebenzweckprivileg. Dabei kommt der Anerkennung eines Vereins als gemeinnützig i. S. d. Steuerrechts (§§ 51 ff. AO) entscheidende Bedeutung zu. Diese Anerkennung indiziert, dass ein Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Hauptzweck ausgerichtet ist.
Die Gesetzesmaterialien zeigen, dass der Gesetzgeber den gemeinnützigen Verein als einen Regelfall eines Idealvereins angesehen hat. Der als gemeinnützig anerkannte Verein zielt im Gegensatz zu den Gesellschaften (AG, GmbH etc.) nicht auf einen Geschäftsgewinn und den wirtschaftlichen Vorteil des Einzelnen.
Der Umfang der vom beteiligten Verein betriebenen Kindertagesstätten steht dem Nebenzweckprivileg nicht entgegen, da ihm keine Aussagekraft zukommt, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einem ideellen Zweck zu- bzw. untergeordnet ist. Da ein Verein nach dem Willen des historischen Gesetzgebers berechtigt sein sollte, die erforderlichen Mittel zur Verwirklichung des Vereinszwecks zu erwirtschaften, kann ihm nicht verwehrt werden, seinen ideellen Zweck unmittelbar mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten zu verwirklichen.
Gegen die Einordnung als Idealverein i. S. d. § 21 BGB sprechen auch keine wettbewerbsrechtlichen Gründe.
Das Urteil des BGH hat für die vereinsrechtliche Praxis erhebliche Auswirkungen. Denn seit vielen Jahren wird diskutiert, in welchem Rahmen ein e. V. wirtschaftliche Aktivitäten entfalten kann und in welchem Umfang dies im Verhältnis zu den ideellen Maßnahmen des Vereins zulässig ist. Der Gesetzgeber hatte es mit Verweis auf die Nebenzweck-Rechtsprechung des BGH immer abgelehnt, diese Frage gesetzgeberisch zu regeln.
Es gibt eigentlich so gut wie keinen Verein, der sich nicht – in welchem Umfang auch immer – unternehmerisch betätigt, um dadurch die eigentlichen satzungsmäßigen Aufgaben zu finanzieren.
+ Betrieb einer Vereinsgaststätte |
+ Betrieb eines Fitnessstudios |
+ Betrieb eines Sportverein-Zentrums für jedermann |
+ Betrieb einer Kletterhalle (Alpenvereine) |
+ Betrieb von Reitanlagen und Kegelbahnen |
+ Reha- und Gesundheitssport. |
Solche Aktivitäten von gemeinnützigen Vereinen standen seit Jahren in der Kritik der kommerziellen Konkurrenz, die solche Aktivitäten von Vereinen aus rechtlichen Gründen für unzulässig hielten und entsprechend gegen Vereine auch gerichtlich vorgegangen sind.
Diesem Gegenwind hat nun der BGH mit einer überraschenden und erfreulichen Klarheit den Wind aus den Segeln genommen.
Was bisher in der Rechtsprechung und Fachliteratur umstritten war und gar abgelehnt wurde, hat nun der BGH klargestellt. Die vereinsrechtliche Beurteilung eines Vereins als Idealverein nach § 21 BGB steht daher auch in einem gewissen Zusammenhang mit der Anerkennung der Gemeinnützigkeit.
Die Anerkennung als gemeinnütziger Verein indiziert nach Darstellung des BGH, dass ein Verein nach seiner Ausrichtung nicht auf einen wirtschaftlichen Verein, sondern auf einen Idealverein ausgerichtet ist. Das bedeutet freilich nicht, dass dies jetzt immer automatisch bei jedem Verein der Fall ist. Es kommt nach wie vor auf den Einzelfall an.
Aber eines wird deutlich: der Status der Gemeinnützigkeit hat für jeden Verein noch mehr an Gewicht gewonnen. Die Gemeinnützigkeit ist damit zu einer Art "Lebensversicherung" für jeden Verein geworden.