1 Leitsatz

Der Kunde eines Fitnessstudios kann den zugrundeliegenden Vertrag nicht bereits deshalb kündigen, weil er ein Attest vorlegt, in dem ihm pauschal bescheinigt wird, dass er aus "gesundheitlichen Gründen" nicht in der Lage ist, das Studio zu nutzen.

2 Um was geht es in diesem Fall?

Ein Mitglied eines Fitnessstudios – der Beklagte in diesem Verfahren – hatte am 01.09.2017 mit der Betreiberin des Fitnessstudios einen Vertrag mit Beginn ab 01.10.2017 und einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Vertragsende abgeschlossen. Das monatliche Entgelt betrug 69 Euro zuzüglich eines Starterpakets zu 199 Euro und einer Servicepauschale von 69 Euro. Am 09.09.2017 erklärte der Beklagte die Kündigung des Vertrages aus gesundheitlichen Gründen. Die Betreiberin des Fitnessstudios wies die Kündigung zurück.

Der Beklagte berief sich darauf, dass er den Vertrag aus "gesundheitlichen Gründen" fristlos gekündigt habe. Was ihm genau fehlte, blieb im Verfahren offen. Der Beklagte legte lediglich ein Attest vor, dass ihm entsprechende "gesundheitliche Gründe" bescheinigte. Da das Mitglied den Beitrag an das Fitnessstudio nicht mehr zahlte, klagte das Fitnessstudio diesen ein.

3 Wie hat das Gericht entschieden?

Das AG hat der Klage stattgegeben, da der Beklagte das vertraglich vereinbarte Entgelt gemäß dem Fitnessstudio-Vertrag (§ 611 Abs. 1 BGB) schuldet.

 

§ 611 BGB: Dienstvertrag

(1) Durch Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt (= Fitnessstudio) zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil (= Mitglied) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrages können Dienste jeder Art sein.

  1. Kann ein Fitnessstudio-Vertrag fristlos gekündigt werden?

    Die außerordentliche Kündigung des Fitnessstudio-Vertrages durch den Beklagten war nicht wirksam, da er zu einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB nicht berechtigt war.

     

    § 314 BGB: Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund

    (1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

    (2) …

    Er hat nicht bewiesen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, ein Fitnessstudio zu benutzen. Insofern hatte der Beklagte nachzuweisen, dass er tatsächlich aus medizinischen Gründen an der Fitnessstudionutzung gehindert war.

    Hierzu ist klarzustellen, dass die Kündigungserklärung inhaltlich zwar darauf beschränkt werden durfte, auf gesundheitliche Gründe abzustellen, ohne diese konkret benennen zu müssen.

  2. Problem des Tatsachenvortrags und der Beweisführung

    Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die gesundheitlichen Gründe auch tatsächlich vorlagen. Dies kann nur anhand einer konkreten Erkrankung geprüft werden; also ob der Beklagte an einer Krankheit litt, die es ihm verwehrte, sich im Fitnessstudio sportlich zu betätigen. Dazu bedarf es zunächst eines Vortrags, den der Beklagte bereits nicht gehalten hat. Schließlich beschränkte er sich pauschal auf gesundheitliche Gründe.

    Auch das vorgelegte Attest enthielt nur eine pauschale Bescheinigung, dass der Beklagte "aus gesundheitlichen Gründen" nicht am Sport im Fitnessstudio teilnehmen könne. Das ist nichtssagend, weil aus dem Attest nicht konkret hervorgeht, welche gesundheitlichen Gründe ein Fitnesstraining verhindern und die Auswirkungen beziehungsweise Risiken der unbekannten Erkrankung so nicht geprüft werden können.

4 Hinweis für die Vorstandsarbeit

Der Fall betrifft den Vertrag mit einem Fitnessstudio, der nach § 611 Abs. 1 BGB als Dienstvertrag eingeordnet wird. Da der Vertrag auf zwei Jahre angelegt war, handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis.

Ein Dauerschuldverhältnis kann nach § 314 Abs. 1 BGB von jeder Vertragspartei aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Der Kündigende – im Fall das Mitglied – muss diese Voraussetzungen im Prozess nicht nur vortragen, sondern auch beweisen können.

Auch die Mitgliedschaft im Verein ist rechtlich gesehen ein Dauerschuldverhältnis, sodass die Mitgliedschaft im Verein ebenfalls nach § 314 Abs. 1 BGB fristlos gekündigt werden kann, wenn die Voraussetzungen a) vorliegen, die b) vorgetragen und c) gegebenenfalls bewiesen worden sind.

 
Hinweis

Die fristlose Kündigung einer Vereinsmitgliedschaft ist auch dann möglich, wenn dies die Satzung – wie in vielen Fällen – gar nicht vorsieht.

Wenn also im konkreten Fall die fristlose Kündigung eines Mitglieds im Raum steht, muss der Vorstand vor dem Hintergrund des § 314 Abs. 1 BGB die Voraussetzungen aus ...

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