1 Der Fall

Ein Verein war 2004 in Insolvenz gegangen und hatte für mehrere Monate keine SV-Beiträge (ca. 31.500 EUR) mehr für seine Arbeitnehmer abgeführt.

Die Einzugsstelle für Sozialversicherungsbeiträge verlangte in der Folge vom Vorstand nach § 26 BGB des insolventen Vereins persönlich Schadensersatz wegen Vorenthaltenes von SV-Beiträgen nach §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 266a StGB.

2 Die Anspruchsgrundlage

§ 266a StGB stellt ein sog. Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Sozialversicherungsträger bei Nichtabführung einbehaltener SV-Beiträge dar. Der Vorstand war mit der Nichtabführung der Beiträge der ihm nach §§ 22, 23, 28d SGB IV obliegenden Verpflichtung, bei Fälligkeit die auf die beim Verein beschäftigten Arbeitnehmer entfallenden Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag abzuführen, schuldhaft nicht nachgekommen.

3 Das Urteil

Der Verein hatte für den betreffenden Zeitraum für seiner Arbeitnehmer keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, obwohl er für diesen Zeitraum die Nettovergütung an die Arbeitnehmer ausgezahlt hatte, der Verein also zahlungsfähig war und es ihm daher möglich und zumutbar gewesen ist, seine ihm obliegenden Zahlungspflichten zu erfüllen.

Die ehemaligen Vorstandsmitglieder des insolventen Vereins haften für die nicht abgeführten SV-Beiträge über die Zurechnungsnorm § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB i. V. m. § 26 Abs. 2 BGB.

Die Vorstandsmitglieder hatten es vorsätzlich unterlassen, die Arbeitnehmeranteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag rechtzeitig abzuführen. Für die Verwirklichung des § 266a StGB genügt bedingter Vorsatz. Was bedeutet das?

Der Vorstand muss die Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit kennen und wollen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass die Pflicht nicht erfüllt wird. Diese Voraussetzung ist schon erfüllt, wenn der Arbeitgeber trotz Vorstellung der Möglichkeit der Beitragsvorenthaltung diese billigt und nicht in dem erforderlichen Maße auf die Erfüllung der Ansprüche hingewirkt hat

Den Einwand des 1. Vorsitzenden, er sei nur Repräsentant gewesen und habe keine Kontobefugnis gehabt und die Abführung der SV-Beiträge sei durch andere Vorstandsmitglieder vorgenommen worden, wertete das Gericht als unbeachtlich. Mitglieder eines mehrköpfigen Vorstands können sich der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten weder durch Zuständigkeitsregelungen noch durch Delegation vollständig entledigen. Es bleiben stets Überwachungspflichten, die Veranlassung zum Eingreifen geben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Füllung der dem Verein obliegenden Aufgaben durch den intern zuständigen Vorstand nicht mehr gewährleistet ist. Dies gilt insbesondere im Krisenfall des Vereins.

Für ein vorsätzliches Vorenthalten im Sinne des § 266a StGB ist nicht das Bewusstsein des Handelnden erforderlich, selbst zum Handeln verpflichtet zu sein. Vielmehr genügt, dass der Täter diejenigen Umstände kennt, die eine Handlungspflicht begründen. Glaubt er, nicht selbst zum Eingreifen verpflichtet zu sein und die Abführung der Beiträge nicht weiter besorgen zu müssen, so unterliegt er einem Verbotsirrtum, der nur bei Unvermeidbarkeit entschuldigt. Dafür gab es aber im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.

Fundstellen

Brandenburgisches OLG, Urteil v. 27.08.2009, Az.: 12 U 1/09

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