Nach § 58 Nr. 4 BGB muss die Satzung regeln, in welcher Form die Mitgliederversammlung einberufen wird. Diese steht dem Verein frei. Gerade in älteren Satzungen ist dazu geregelt, dass die Mitglieder schriftlich eingeladen werden. Man spricht in diesen Fällen vom "Schriftform"-Gebot. Dies bedeutet nicht zwingend, dass dies per einfachem Brief erfolgen muss. Vielmehr ist auch ein Schreiben per E-Mail grundsätzlich zulässig.
Mit Beschluss vom 24.09.2015 hat zuletzt das OLG Hamm entschieden, dass die Einberufung der Mitgliederversammlung eines e. V., dessen Satzung hierfür die Schriftform vorsieht, per E-Mail erfolgen kann. Dieses Urteil folgt der Linie der neueren Rechtsprechung seit 2013 (z. B. OLG Hamburg, OLG Zweibrücken und OLG Jena).
Gleichwohl werden in der Rechtsprechung und Fachliteratur zu diesem Thema immer wieder einzelne Fragen aufgeworfen, die das Verfahren der Einberufung per E-Mail betreffen.
Ausgangspunkt der Rechtsprechung ist die Regelung zur sog. gewillkürten Schriftform in § 127 Abs. 2 S. 1 BGB, die seit 2001 im BGB enthalten ist. Dies ist die Grundlage für die Zulässigkeit der telekommunikativen Übermittlung einer Einladung an die Mitglieder, sofern der Wille der Mitglieder dem nicht erkennbar entgegensteht.
Rein praktisch kann dadurch aber die Situation entstehen, dass den Mitgliedern die Teilnahme an der Mitgliederversammlung unzulässig erschwert wird, wenn diese z. B. keine E-Mail-Adresse haben, was vor allem bei Vereinen mit älteren Mitgliedern der Fall sein kann.
In der Praxis gibt es bei diesem Verfahren immer wieder Fragen:
- Darf der Verein eine bekannte E-Mail-Adresse der Mitglieder einfach zum Zweck der Einberufung der Mitgliederversammlung verwenden?
- Muss der Aussteller der E-Mail durch eine Unterschrift erkennbar sein?
- Muss eine Ladung per E-Mail zum Mitglied zur Wirksamkeit zugegangen sein oder reicht das bloße Versenden?
- Kann sich ein Mitglied gegen die Ladung per E-Mail wehren?
- Kann die Satzung alternative Formen der Einberufung vorsehen?
In diesen Fällen muss der Verein überlegen, ob er
- die schriftliche Einzelzustimmung der Mitglieder einholt oder
- die Form der Einberufung per E-Mail in der Satzung regelt.
a) Einzelzustimmung
In der Praxis kann man ohne Satzungsgrundlage davon ausgehen, dass Mitglieder, die dem Verein bereits freiwillig oder auf Anforderung ihre E-Mail-Anschrift bekanntgegeben haben – wozu sie rechtlich nicht verpflichtet sind – damit konkludent auch ihre Einwilligung erteilt haben, dass sie Informationen etc. des Vereins per E-Mail erhalten wollen.
Mitglieder, die dies nicht gemacht haben, sollten seitens des Vereins weiterhin per einfachem Brief eingeladen werden.
b) Satzungsgrundlage
Der sicherste – wenn auch aufwendige Weg – ist eine klare und eindeutige Satzungsregelung. Hierzu wird in der Praxis vertreten, dass dann die Mitglieder keinen Anspruch mehr gegen den Verein haben, ersatzweise z. B. weiterhin per Brief geladen zu werden, wenn sie keinen E-Mail-Zugang haben.
Um allen Zweifelsfragen aus dem Weg zu gehen, kann Vereinen nur empfohlen werden, eine individuelle Lösung für den Verein zu erarbeiten und dabei mögliche Streit- oder Zweifelsfragen durch eine umfassende Satzungsregelung zu klären.
Das folgende Beispiel zeigt Lösungsansätze auf:
Satzungsbeispiel:
§... Einberufung der Mitgliederversammlung
(1) |
Die Einberufung der Mitgliederversammlung erfolgt schriftlich durch den Vorstand nach § 26 BGB unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Tagesordnung und der Antragsunterlagen. |
(2) |
Das Schriftformerfordernis wird auch durch die Übersendung einer E-Mail gewahrt. |
(3) |
Durch die Bekanntgabe der E-Mail-Adresse erklärt sich das Mitglied gegenüber dem Verein einverstanden, die Einberufung zu den Mitgliederversammlungen des Vereins an diese Adresse zu erhalten. |
(4) |
Die Einberufung wird per einfachem Brief an diejenigen Mitglieder versandt, die dies gegenüber dem Verein schriftlich beantragt und dem Antrag eine Begründung beigefügt haben, warum ihnen die Einladung per E-Mail unzumutbar ist. Mitglieder, die per einfachem Brief geladen werden, sind verpflichtet, die erhöhten Verwaltungskosten zu tragen, die der Vorstand festlegt. |
(5) |
Die Einberufung hat mindestens [vier Wochen] vor dem Termin der Mitgliederversammlung zu erfolgen. |
(6) |
Die Einberufung gilt als form- und fristgerecht erfolgt und dem Mitglied als zugegangen, wenn diese drei Werktage vor Ende der Bekanntgabefrist an die zuletzt vom Mitglied dem Verein bekanntgegebene postalische Adresse oder E-Mail-Adresse versandt wurde. |
(7) |
Die Mitglieder sind verpflichtet, dem Verein Änderungen der postalischen Adresse oder der E-Mail-Anschrift mitzuteilen. Fehlerhafte und veraltete Adressen gehen zulasten des Mitglieds. |
11.1 Einberufung im Internet
Satzungsbeispiel:
Die Einberufung der Mitgliederversammlung erfolgt auf der Homepage des Vereins unter [www.xy.de] im Mitgliederbereich. Der Zugang zum Mitgliederbereich erfolgt durch die dem Mitglied mitgeteilte Mitgliedsnummer des Vereins. Mitglieder, die über keinen Internetzugang verfügen, beantragen die Zuste...