1 Worum geht es?
Eine Lohnbuchhalterin hatte ein Gewerbe angemeldet und Arbeiten in der Lohn- und Finanzbuchhaltung für verschiedene Auftraggeber selbstständig ausgeführt. Das SG hatte dazu entschieden, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt.
2 Der Fall
Die Lohnbuchhalterin war mit 35 Arbeitsstunden pro Monat bei einem monatlichen Pauschalbetrag von 2.000 Euro beschäftigt. Die Lohnbuchhalterin führte die Tätigkeit hauptsächlich persönlich in den Räumen des Unternehmens aus und nutzte dessen Lohnprogramm. Sie zahlte keine Miete und war nicht an Arbeitszeiten gebunden.
3 Die Entscheidung
Nach Auffassung des SG liegt keine selbstständige Tätigkeit der Lohnbuchhalterin vor. Vielmehr habe sie die Tätigkeit als Lohnbuchhalterin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt.
Als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung wertete das Gericht, dass die Lohnbuchhalterin in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert gewesen sei. Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation ergebe sich aus folgenden Umständen:
- die Lohnbuchhalterin nutzte das Computersystem sowie weitere Arbeitsmittel des Unternehmens
- im Rahmen der Aufgabenerledigung arbeitete sie mit Mitarbeitern des Unternehmens zusammen
- die Arbeitsleistung wurde im Wesentlichen in eigener Person erbracht
- sie war abhängig von Weisungen des Auftraggebers
- fehlende Einzelweisungen bei höher qualifizierten Tätigkeiten ist kein Indiz für eine grundsätzliche Weisungsfreiheit des Beschäftigten
- kein Einsatz von eigenem Kapital
- kein Unternehmerrisiko
- Zahlung eines Festgehalts.
Dass die Lohnbuchhalterin die Tätigkeit für das Unternehmen nur in Teilzeit ausgeübt und darüber hinaus noch weitere Teilzeittätigkeiten verrichtet habe, sei für die Beurteilung der vorliegenden Tätigkeit ohne Belang.
4 Praxishinweis
Das Thema Scheinselbstständigkeit taucht immer wieder auch bei Vereinen auf. Nicht nur bei Übungsleitern und Trainern ist dieses Problem anzutreffen, sondern eben auch in der Verwaltung des Vereins (Geschäftsstelle). Maßgebend ist nicht die von den Vertragsseiten gewählte Bezeichnung des Vertrages (= "Überschrift"), sondern die tatsächlichen Verhältnisse, die vom Einzelfall abhängen. Vor allem das Kriterium der "Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Vereins" spielt eine zentrale Rolle.
Bei Zweifeln ist ein Verein gut beraten, eine Statusanfrage bei der Deutschen Rentenversicherung zu stellen, um Haftungsrisiken aus dem Weg zu gehen.
Fundstellen
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SG Dortmund, Urteil v. 11.03.2019, Az.: S 34 BA 68/18 (rechtskräftig) |